Sie sei einfach aus ihrer Wohnung geflogen, klagt eine 28-Jährige aus Dillingen. Über eine Woche hatte sie kein Dach über dem Kopf, schlief bei Freundinnen und zog sich zudem noch eine heftige Erkältung zu. Jetzt würden stattdessen Flüchtlinge in ihrem ehemaligen Zimmer wohnen, beschwert sie sich. Ihr Anwalt Thomas U. Demel gibt ihr Recht. Er hat die SMS, die sie von ihrem Vermieter bekommen hat, auch. Sie lautet: "Pack Deine Sachen, hau ab, morgen kommen die Asylanten."
Vermieter Ugur Kalkan bestreitet das und sieht den Fall anders: Er habe ihr nie gekündigt, aber die junge Frau, die Hartz IV bekommt, habe auch nicht immer die Miete bezahlt. Fakt ist: Die frei gewordene Dachgeschosswohnung wurde dem Landratsamt inzwischen zur Unterbringung von Asylbewerbern angeboten. „Nachdem uns jedoch die Situation der Vormieterin wegen der Beendigung des Mietverhältnisses bekannt wurde, haben wir davon Abstand genommen“, sagte Pressesprecher Peter Hurler. Die 28-Jährige hat inzwischen in Höchstädt eine neue Bleibe gefunden. Ihr Anwalt Demel könnte gegen den Rauswurf klagen. „Aber das Verhältnis mit dem Vermieter ist so zerrüttet, das macht keinen Sinn.“ Die Kündigung sei dennoch eine „harte Nummer“.
Das Amt will nicht in einen Rechtsstreit geraten
Ein Flüchtling, so erklärt Demel, habe Anspruch auf sieben Quadratmeter Wohnfläche. Die Miete wird bei Asylbewerbern nicht pro Quadratmeter, sondern pro Kopf gezahlt: 250 Euro, sagt Vermieter Kalkan, inklusive Nebenkosten und Strom. „Ich kann davon leben.“ 100 Asylbewerber hat er inzwischen untergebracht. „Manche verdienen sich daran eine goldene Nase“, findet Anwalt Demel. Es gebe gute Beispiele, Vermieter, die sich vorbildlich um die Flüchtlinge kümmerten. Und schwarze Schafe. Das Landratsamt selbst hat oft keine Veranlassung, das vorherige Mietverhältnis zu hinterfragen. „Das müssen Vermieter und Mieter klären“, sagt Peter Alefeld, Leiter der Abteilung Asyl beim Landratsamt. Auf keinen Fall will das Amt in einen Rechtsstreit geraten, sagt er, dann kann er die Wohnung nicht vergeben.
Und der Druck auf Raum für Flüchtlinge ist groß. „Wenn Sie am Donnerstag erfahren, dass am Montag 30 neue Flüchtlinge kommen, dann können Sie kaum übers Wochenende noch Unterkünfte organisieren“, schildert Alefeld. Deswegen habe man sich einen Puffer verschafft. „Sonst wären wir auch schon mal blank gewesen.“
Pressesprecher Peter Hurler fügt an: „Vermieter kommen auf uns zu, wir hinterfragen nicht, was vorher war.“ Laut Alefeld werden mit jedem Vermieter vorher Termine vereinbart, das Objekt wird betrachtet und vom Bauamt geprüft. Auch Brandschutz und eine Nutzungsänderung seien wichtig, wenn statt zwei plötzlich zwölf Leute dort wohnen, sagt Alefeld. Die Verträge mit den Vermietern laufen dann maximal vier bis fünf Jahre. Sieben bis zehn Personen sollten in ein Objekt schon reinpassen, „wenn es zu kleinteilig wird, haben wir verwaltungstechnisch ein Problem.“
Der Zahlungs- und Betreuungsaufwand sei dann zu hoch. Alefeld meint, dass die Vermietung an Asylbewerber sicher „kein schlechtes Geschäft“ für Wohneigentümer sei. „Aber die Nutzung des Raumes verdichtet sich und damit die Abnutzung. Damit ist diese Einnahmequelle sicher keine Goldgrube“, so Alefeld.