Neubiberg. Auch wenn das Baden in einem kühlen Fluss im Sommer verlockend ist: Die Gefahren in natürlichen Gewässern werden häufig unterschätzt und führen jedes Jahr zu tödlichen Unfällen. Bundesweit nimmt der Freistaat bei der Zahl der Ertrunkenen den Spitzenplatz ein.
Wer zum Beispiel in einem Wasserstrudel gefangen ist, muss um sein Leben schwimmen. Paradoxerweise ist dann der Versuch, die Wasseroberfläche zu erreichen, genau die falsche Lösung. Stattdessen ist laut Bundeswehr-Experte Helmut Kulisch die einzige Möglichkeit, der lebensgefährlichen Situation zu entkommen, "mit aller Kraft in Richtung des Flussgrunds zu tauchen, um so dem Strudel zu entgehen".
Das hat laut Kulisch physikalische Gründe. Der Strudel entsteht, wenn sich das fallende Wasser hinter den meist künstlichen Flusswehren in den Flussboden gräbt und dabei in Rotation versetzt wird. Die so entstehenden Strudel ziehen den Schwimmer in die Tiefe. Je größer die Fallgeschwindigkeiten des Wassers hinter den Wehren, desto tiefer sind solche Gräben und desto stärker wird der Strudel. Der gefangene Schwimmer wird von der halbkreisförmigen Strömung deshalb bei dem Versuch, die Wasseroberfläche zu erreichen, immer wieder nach unten gedrückt und ertrinkt. Laut Kulisch ist es deshalb sinnvoller, all seinen verbleibenden Mut, Luft und Kraft zu sammeln und zu versuchen, den Wirbel zu unterschwimmen.
Selbst das Schwimmen in der Nähe von relativ kleinen Flusswehren bleibe aber gefährlich. "Jedes Flusswehr hat einen anderen Gefahrenbereich und die Stärke der Strömung ist auch vom Wasserstand abhängig", warnt der Laborleiter vom Institut für Wasserbau, der an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg bei München forscht. Erst im vergangenen April ertranken zwei Männer nach dem Sprung in den Wasserfall hinter einem Wehr in der Isar, weil sie es nicht mehr schafften, sich aus der Strömung zu befreien.
Neben den Gefahren dieses sogenannten "Waschmaschinentrommel-Effekts" sieht er aber noch ein weiteres großes Risiko für Wassersportler in Flüssen: Baumstämme. Immer wieder komme es zum Beispiel in der Isar vor, dass Kajakfahrer und Schwimmer unter festgesetzte Baumstämme gespült und eingeklemmt würden. Solche Baumstämme fallen von den Flussufern in den Fluss und setzen sich fest, während sie von den Ästen vom Grund abgestützt werden. Ein Unterstrom mit tödlichen Folgen entsteht. "Aufgrund von Naturschutzgründen werden solche Baumstämme außerhalb der ausgewiesenen Badegebiete immer weniger entfernt", erklärt Kulisch und rät deshalb zu besonderer Vorsicht.
Laut Statistiken der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sind im vergangenen Jahr 98 Menschen in Bayern ertrunken. Nach Angaben von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist Ertrinken damit nach Verkehrsunfällen die zweithäufigste Unfallursache mit Todesfolge.