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Kriminalität: Die Akte Ursula Herrmann bleibt wohl für immer geschlossen

Kriminalität

Die Akte Ursula Herrmann bleibt wohl für immer geschlossen

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    Ursula Herrmann wurde 1981 entführt und erstickte in einer Kiste.
    Ursula Herrmann wurde 1981 entführt und erstickte in einer Kiste. Foto: Polizei (Archiv)

    Es ist einer der spektakulärsten Kriminalfälle Deutschlands: die Entführung und der Tod von Ursula Herrmann. Am 15. September 1981 wurde die Zehnjährige auf ihrem Heimweg nach Eching am Ammersee entführt und in eine eigens angefertigte Holzkiste gesperrt. Die Kiste wurde im Waldboden vergraben. Ursula erstickte darin.

    Und obwohl fast 29 Jahre später der bärtige Hüne Werner Mazurek, 69, für die Tat zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist, blieben Zweifel, ob er es tatsächlich war. Besonders ausgeprägt sind diese Zweifel bei Ursulas Bruder Michael Herrmann. Er hat sogar einen Zivilprozess angestrengt, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen. Und er hat eigene Recherchen angestellt, die Erstaunliches zutage gefördert haben. Doch so wie es aussieht, wird

    Ungereimtheiten und abenteuerliche Verhörmethoden im Fall Ursula Herrmann

    Für die Augsburger Staatsanwaltschaft reichen die Hinweise, die Herrmann eingereicht hat, nicht aus, um neue Ermittlungen anzustellen oder gar das Strafverfahren wieder aufzunehmen. Es bleibt auch dabei, dass die Tat nicht als Mord gilt, sondern als erpresserischer Menschenraub mit Todesfolge. Die Tat wäre heute also verjährt.

    Ursulas Bruder hat diese Mitteilung hart getroffen, er braucht noch etwas Zeit, die Nachricht zu verarbeiten. Er und sein Landsberger Anwalt Joachim Feller haben für Mittwoch eine Erklärung angekündigt.

    Als Nebenkläger im Strafprozess hatte Michael Herrmann, 56, Einsicht in rund 25.000 Seiten Akten. Die hat er in den vergangenen Jahren gründlich durchforstet. Aus seiner Sicht fand der Ungereimtheiten, abenteuerliche Verhörmethoden der Polizei und unsaubere Ermittlungen. Die Hauptindizien aus der Strafprozess überzeugten Herrmann nicht: ein Tonbandgerät Grundig TK 248, das bei Mazurek gefunden worden war und mit dem die Erpresseranrufe bei den Eltern angefertigt worden sein sollen. Und die Aussage eines Alkoholikers, er habe in Mazureks Auftrag ein Loch im Wald gegraben.

    Die Spur führt zu Schülern eines privaten Internats

    Das Archivbild zeigt die in einem Waldstück bei Eching am Ammersee vergrabene Holzkiste, in der die zehnjährige Ursula Herrmann tot aufgefunden wurde.
    Das Archivbild zeigt die in einem Waldstück bei Eching am Ammersee vergrabene Holzkiste, in der die zehnjährige Ursula Herrmann tot aufgefunden wurde. Foto: dpa

    Also recherchierte Ursulas Bruder weiter, auf der Suche nach einer plausiblen These für andere Täter. Und er wurde fündig. Erst im März machte Herrmann öffentlich, dass die Täter aus seiner Sicht Jugendliche aus dem ehemaligen Landerziehungsheim Schondorf kamen, einem privaten Internat am Ammersee. Dort waren auch Kinder einflussreicher Eltern untergebracht. Und dort hat die Polizei laut Herrmann kaum ermittelt, obwohl schon zu einem frühen Zeitpunkt eine wichtige Spur in diese Richtung geführt habe. Kurz nach Ursulas Entführung hatten die Ermittler am Tatort einen grünen Klingeldraht gefunden, diesen aber nicht mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht. Der Draht verschwand. Heute wird vermutet, dass der Draht Teil eines Alarmsystems der Entführer gewesen sein könnte. Erst im Januar 1983 tauchte der Draht wieder auf – im Zimmer zweier Schüler des Landheims. Die Kripo gab sich mit der Erklärung der Schüler zufrieden, sie hätten den Draht im Wald gefunden. Zu Unrecht, wie Herrmann findet.

    In seinen Augen weisen weitere Spuren auf junge Leute als Täter hin: Die Tat sei wie ein Abenteuer aus einem Comic oder Romanen geplant. Und dann ist da noch der Erpresserbrief, den Herrmann von einer Expertin aus Großbritannien untersuchen lässt. Die Forscherin entdeckt auf der Rückseite des Briefes die Durchdruckspur eines sogenannten Wahrscheinlichkeitsbaums – eine Skizze aus der Stochastik und damit klassischer Lehrstoff in Mathematik in der gymnasialen Oberstufe.

    Doch all diese Indizien reichen der Staatsanwaltschaft nicht aus. Die Akten im Fall Ursula Herrmann bleiben geschlossen. Dieses Mal wahrscheinlich für immer.

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