Augsburg wird künftig in Richtung Ulm/Stuttgart und in Richtung München deutlich besser im Fernverkehr angebunden sein als aktuell. Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Bahn in Bayern, skizzierte am Freitag die Pläne für die Zeit ab Ende 2022, wenn die Strecke Ulm-Stuttgart fertiggestellt ist. Dann werde es eine Ausweitung der Fernverkehrszüge zwischen München und Stuttgart um 20 Prozent geben, ab 2025 mit der Fertigstellung des Bahnhofs in Stuttgart um 40 Prozent gegenüber heute.
„Das wird eine deutliche Verbesserung sein“, so Josel. Durch Augsburg würden pro Tag um die 125 Fernverkehrszüge gegenüber den heute 90 fahren. „Angestrebt ist ein Halb-Stunden-Takt Richtung Stuttgart – das ist wie eine deutschlandweite S-Bahn“, so Josel.
Dabei hatte in der Region Augsburg vor einigen Wochen die Nachricht, dass die Bahn überlegt, ausgewählte ICE ab 2030 nicht mehr in Augsburg halten zu lassen, für große Aufregung gesorgt. Dabei handelt es sich um geplante Sprinter-Verbindungen zwischen München und Düsseldorf. Noch sei keine Entscheidung gefallen, so Josel. Er betonte aber, dass diese Züge nicht Bestandteil des Halb-Stunden-Taktes seien. Insofern gebe es – selbst wenn diese Sprinter ohne Halt durch Augsburg durchfahren – in jedem Fall deutliche Verbesserungen.
Verbesserungen für Augsburg nach "Trauma von Ingolstadt"
Dass Stuttgart 21 mehr Fernverkehrszüge bringen wird, war schon lange klar, doch nun gibt es konkrete Zahlen. Augsburgs Bürgermeisterin Eva Weber (CSU) begrüßte die Entscheidung der Bahn. Als größte Stadt in Schwaben sei man auf eine gute Fernanbindung angewiesen. Nach dem „Trauma von Ingolstadt“ – gemeint war die Entscheidung des Freistaats in den 90ern, die ICE-Neubaustrecke über Ingolstadt und nicht über Augsburg zu führen – sehe es für Augsburg besser aus. Zuletzt hatte die Bahn zum Fahrplanwechsel im Dezember die Zahl der ICE-Direktverbindungen nach Berlin von vier auf sechs erhöht.
Der bayerische Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) kündigte auch Verbesserungen im Nahverkehr in den Großraum Augsburg an. Dort gibt es ein S-Bahn-ähnliches Regionalzugsystem. Wie berichtet soll mit der Fertigstellung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München eine Express-S-Bahn bis Mering beziehungsweise Augsburg fahren. Diese Züge erweitern die Kapazitäten Richtung München deutlich, so Reichhart.
Ansonsten wird es mit Verbesserungen im Nahverkehr zunächst eher schwierig sein. Denn wenn das Fernverkehrsangebot in Richtung Stuttgart ausgebaut wird, sind die Gleise westlich von Augsburg an der Kapazitätsgrenze angelangt. Aus Kapazitätsgründen ist schon heute weder ein exakter Takt noch eine Taktverdichtung auf 15 Minuten möglich. Immerhin sei klar, dass trotz der Ausweitung des Fernverkehrsangebots nicht weniger Nahverkehrszüge fahren werden, betont Reichhart. Das stehe fest. Allerdings werde die Taktung wohl leiden. Auch dass Nahverkehrszüge häufiger in Bahnhöfen warten müssen, um sich von Fernverkehrszügen überholen zu lassen, ist ein Szenario. Freistaat und DB seien in engen Gesprächen, um die Auswirkungen zu begrenzen.
Wo läuft künftig die ICE-Trasse zwischen Ulm und Augsburg?
Mittelfristig ist ein Ausbau der Bahnstrecke Ulm-Augsburg geplant, die als Nadelöhr im europäischen Eisenbahnverkehr gilt. Auch Fernverkehrszüge können dort nur mit 120 Kilometern pro Stunde fahren. Die Bahn hat mit den Planungen begonnen. Noch ist unklar, ob die bestehende Trasse ertüchtigt und stellenweise mit einem oder zwei Nahverkehrsgleisen erweitert wird, oder ob der Fernverkehr separat, zum Beispiel entlang der A8, geführt wird. Die alte Trasse wäre dann für den Nah- und Güterverkehr frei. Sobald es die nötigen Gleiskapazitäten gibt, werde der Freistaat mehr Nahverkehrszüge fahren lassen, sagte Reichhart an.
Bevor die Zukunftspläne wahr werden, gibt es für Fahrgäste aber erst einmal eine weniger gute Nachricht. Zwischen April und Oktober 2020 fallen wegen Gleisarbeiten zwischen Mannheim und Stuttgart auch in Augsburg einige Fernverkehrszüge weg. Die DB kündigt an, 85 Prozent der Sitzplatzkapazitäten zu halten. Dies werde wohl ausreichen, weil ein Teil der Reisenden auf andere Relationen ausweicht. Josel sagte, dass Bauarbeiten unumgänglich seien, um die Infrastruktur der heutigen Anforderungen anzupassen. „Bauen ist Teil der Lösung“, so Josel.
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