Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Details in Missbrauchs-Fällen: Ehemaliger Schüler: "Für mich war Ettal die Hölle"

Details in Missbrauchs-Fällen

Ehemaliger Schüler: "Für mich war Ettal die Hölle"

    • |
    Kloster Ettal.
    Kloster Ettal.

    Kinder in Schule und Internat des bayerischen Klosters Ettal sind jahrelang körperlicher Züchtigung und sexuellem Missbrauch ausgesetzt gewesen.

    Das hat der von der Benediktiner-Abtei eingesetzte Sonderermittler Thomas Pfister am Freitag in Ettal in einem erschütternden Bericht geschildert. Die Vorwürfe richteten sich gegen mindestens 10 Patres, man müsse von rund 100 Opfern ausgehen.

    Im oberbayerischen Kloster Ettal ist möglicherweise auch ein Pater sexuell missbraucht worden. Er sei mit einem früheren Ettaler Pater im Gespräch, der sich an ihn gewandt habe, berichtete der vom Kloster eingesetzte Sonderermittler Thomas Pfister am Freitag in Ettal. Angaben zum Täter machte Pfister nicht.

    Unabhängig von Pfisters internen Ermittlungen laufen strafrechtliche Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft. Im aktuellen Fall geht es um einen inzwischen suspendierten Ettaler Pater, der Fotos von halbnackten Klosterschülern auf Homosexuellen- Seiten im Internet veröffentlicht hat. Der beschuldigte Pater habe die Fotos der Buben mit freiem Oberkörper bei Bergwanderungen gemacht, berichtete Pfister. Zudem berichtete Pfister von einem aktuellen Fall, in dem ein Klostermitglied gestand, Kinderpornos aus dem Internet heruntergeladen zu haben. Die zuständige

    Ein Ettaler Ex-Schüler bezeichnete die früheren Verhältnisse in der Schule als "absoluten Terror". Im Schlafsaal habe es Ohrfeigen für alle Schüler gegeben als Strafe dafür, dass zuvor einer von ihnen etwas gesagt habe. Weitere Betroffene berichteten von Stockschlägen auf den Rücken, Kopfnüssen und massiven Schlägen mit der flachen Hand. Ein anderer früherer Schüler schilderte dem Anwalt, er habe in den frühen 80er Jahren wiederholt "furchtbare Schläge" von einem heute noch lebenden Pater erhalten. "Für mich war Ettal die Hölle."

    Der Vatikan nimmt den Skandal um die Missbrauchsfälle in deutschen katholischen Einrichtungen "sehr ernst". Das hat der stellvertretende

    Kultur des Wegschauens und Verschweigens

    Die Ettaler Vorgänge in vergangenen Jahrzehnten seien verjährt, sagte Sonderermittler Pfister. Wenn sie aber von weltlichen Gerichten verhandelt worden wären, hätten sie wahrscheinlich zu jahrelangen Haftstrafen geführt. Eine systematische Kultur des Wegschauens und Verschweigens im Kloster sowie eine falsch verstandene Solidarität habe den Tätern ihr Treiben erleichtert. Es habe sich bei den Vorfällen um Verfehlungen Einzelner gehandelt, man dürfe sich die Benediktiner-Abtei deshalb nicht als Gemeinschaft prügelnder und missbrauchender Klosterbrüder vorstellen, sagte der Sonderermittler. Vor allem müsse man scharf zwischen dem Kloster von gestern und dem von heute unterscheiden.

    Pfister machte deutlich, dass die katholische Kirche in Bayern die Vorwürfe zu Missbrauchsfällen schonungslos aufklären will. Er selbst sei bei seinen Untersuchungen keinerlei Beschränkungen unterworfen. Auch im Bistum Regensburg rief die Beauftragte zur Aufklärung sexuellen Missbrauchs, Birgit Böhm, alle Betroffenen auf, sich zu melden.

    Pfister ist Strafverteidiger in München und wurde von der Ettaler Abtei mit der Prüfung der Vorwürfe gegen mehrere Mönche beauftragt. Er zitierte aus mehreren Schreiben, in denen frühere Schüler von ihren traumatisierenden Erfahrungen berichteten. Möglicherweise wurde auch ein Pater missbraucht. Er sei mit einem früheren Ettaler Pater im Gespräch, der sich an ihn gewandt habe, berichtete Pfister.

    Im Skandal um sexuellen Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen gibt es einen konkreten Verdacht gegen zwei frühere leitende Geistliche des Knabenchors Regensburg. Der eine Verdächtige, ein ehemaliger Religionslehrer und stellvertretender Institutsleiter, wurde 1958 aus dem Dienst am Domspatzen-Gymnasium entfernt. Der andere Geistliche war wenige Monate auch Internatsleiter, er soll 1971 verurteilt worden sein.

    Aktuelle Fälle lägen der Diözese Regensburg nicht vor, hieß es. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass es weitere Täter gebe und diese noch im Dienst seien.

    Der frühere Leiter der Regensburger Domspatzen, Georg Ratzinger (86), hat nach eigenen Angaben keine Kenntnis über Missbrauchsfälle bei dem weltberühmten Knabenchor. Das sagte der Bruder von Papst Benedikt XVI. dem Bayerischen Rundfunk in Regensburg. dpa/ afp

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden