Malzig und kernig, aber auch süß und sogar ein wenig nach Honig schmeckt die dunkelbraune, dicke Flüssigkeit. Und die hat es in sich: 16 Prozent Alkohol verbirgt sich im Schorschbock. Doch das Bockbier ist längst nicht das stärkste, das die Brauerei Schorschbräu herstellt. 57 Prozent hat das stärkste Gebräu in Gunzenhausen - und auf der ganzen Welt. Denn Schorschbräu-Braumeister Georg "Schorsch" Tscheuschner hält den Weltrekord: Er produziert das stärkste Bier der Welt.
Tscheuschner musste sich gegen harte Konkurrenten durchsetzen
Diesen Titel hat sich der 44 Jahre alte Gunzenhausener hart erkämpft. Über Jahre musste er testen, ausprobieren und sich gegen ehrgeizige Konkurrenten durchsetzen, bis das Bier so stark war. Dem Bayerische Brauerbund gefällt es. Für seinen Geschäftsführer Walter König ist es das beste Marketing: "Es wichtig, wenn Bier im Gespräch bleibt." Denn auch wenn es 57 Prozent Alkohol aufweist und für den Verbraucher eher wie Likör wirkt, bleibt es nach lebensmittelrechtlich und zollrechtlich Bier.
Alles begann mit einer Anfrage des Privatfernsehsenders Vox im Jahre 2009. Weil Tscheuschner sich mit seinen starken Bockbieren damals schon einen Namen gemacht hatte, kam der Sender auf ihn zu und forderte ihn zu einem Biervergleich mit dem Berliner Brauhaus Südstern auf. Die Berliner hatten kurz zuvor "das Weltrekord-Bier" mit 27,6 Prozent auf den Markt gebracht. Um so viel Alkoholgehalt zu bekommen, hatte Südstern das Eisbockverfahren angewendet.
Aus dem Bockbier wird ein Eisbock
Der Gunzenhausener nahm die Herausforderung an und verfeinerte seine ohnehin schon starken Bockbiere ebenfalls mit dem Eisbockverfahren.
Dieses Verfahren wurde der Legende nach zufällig entdeckt, erzählt der Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes, Walter König. Ende des 19. Jahrhunderts soll ein Brauergeselle seinem Lehrling aufgetragen haben, die Fässer mit dem Bockbier in das Haus zu rollen, da es Frost geben könnte. Der aber vergaß seinen Arbeitsauftrag. Am nächsten Morgen waren die Holzfässer gesprungen, weil sich das gefrorene Bier ausgedehnt hatte. Im Eis aber fanden sie eine Restflüssigkeit, die der Lehrling zur Strafe trinken musste. "Da hat man gemerkt, dass es sehr konzentriert ist und gut schmeckt." Geboren war der Eisbock.
So stellt es auch Tscheuschner her: Er friert das Bier und entfernt die Eiskristalle. Sie enthalten nämlich hauptsächlich Wasser. Er wiederholt den Vorgang, solange bis das Getränk hoch konzentriert ist. In Tscheuschners erster Runde kam der 31-prozentige Eisbock heraus: Das bis dahin stärkste Bier der Welt.
Der fränkisch-schottisch Bierkrieg
Darauf wurde die schottische Brauerei Brewdog aufmerksam und es kam zu einem fast drei Jahre währenden, fränkisch-schottischen Bierwettbewerb. Denn die Brauer James Watt und Martin Dickie wollten den Titel für die britischen Inseln erobern. Sie brauten ein Bier mit 32 Prozent mit dem Namen: "Tactical Nuclear Penguin".
Tscheuschner legte im Dezember 2009 nach mit 40 Prozent. Doch die Schotten wollten sich nicht geschlagen geben und brachten wiederum ein noch stärkeres Bier heraus mit 41 Prozent. Mit dem Namen "Sink the Bismarck" (Versenk die Bismark) - eine Anspielung auf das deutsche Kriegsschiff "Bismarck", das die britische Marine im Zweiten Weltkrieg versenkte - und Videos auf ihrer Homepage heizten sie den Wettkampf an. Dem fränkischen Brauer macht das nichts aus: "Da ich steh' ich drüber. Teilweise fand ich es auch witzig." Außerdem konterte er mit 43 Prozent.
Das Ende der Geschichte
Wie der Name "The End of History" (das Ende der Geschichte) schon andeutet, wollte Brewdog den schottisch-fränkischen Bierkrieg im Juli 2010 mit dem 55-Prozentigen beenden. Doch auch das konnte der Gunzenhausener nicht auf sich sitzen lassen. Er analysierte, fror ein, taute auf und analysierte fast zwei Jahre lang bis Ende 2011. Dann war es fertig: das Bier mit 57 Prozent. "Im ersten Moment war der Wettkampf die Triebfeder, um weiter zu machen. Aber irgendwann war es nur noch die Neugierde. Ich wollte sehen, wo nach dem Reinheitsgebot die Grenzen für die Alkoholwerte liegen.
Und dieser Punkt ist nach Ansicht Tscheuschners jetzt erreicht - zumindest im Rahmen des deutschen Reinheitsgebotes. Zudem ist das Eisbockverfahren sehr aufwendig und verlustreich. Für einen Liter des stärksten Biers benötigt der Braumeister 50 Liter seines 16-prozentigen Bocks. Da verwundert es nicht, dass nur wenige Brauereien damit arbeiten und Tscheuschner nur mit einer begrenzten Anzahl Bier herauskommt. In der ersten Charge waren es 36 Flaschen. Demnächst kommt die nächste mit 43. Auch klar, dass das seinen Preis hat. 200 Euro kostet eine Flasche. Doch Sorgen um die Nachfrage muss sich Tscheuschner nicht machen. Inzwischen bekommt der 44-Jährige sogar Anfragen aus Kanada und den USA. Vor allem Sammler interessieren sich für das besondere Bier. Im Gegensatz zum 16-Prozent-Bock schmeckt es "feuriger". Deshalb sollte man den Weltmeister auch nur so trinken: "in kleinen Schlucken". "Wenn man ein Stamperl trinkt, hat man eine ganze Maß gesoffen."