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Dasing: Westernstadt-Gründer Rai: Wie Pferde gewaltlos erzogen werden

Dasing

Westernstadt-Gründer Rai: Wie Pferde gewaltlos erzogen werden

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    Der Besitzer der Westernstadt in Dasing, Fred Rai, hat eine Methode entwickelt, wie er Pferde ohne Gewalt ausgebildet werden können.
    Der Besitzer der Westernstadt in Dasing, Fred Rai, hat eine Methode entwickelt, wie er Pferde ohne Gewalt ausgebildet werden können. Foto: Renate Gill Und Dietmar Boyks

    Das mag fürchterlich kitschig klingen: mit der Natur eins sein unterm Sternenzelt. Nur my guitar, my pony and me, wie Dean Martin in dem Western-Klassiker Rio Bravo singt. Fred Rai, der als Manfred Raible vor fast 73 Jahren in Ellwangen im Ostalbkreis als jüngster von fünf Buben geboren wurde, hat sich oft aufgemacht mit seinem Pferd und seiner Gitarre. Mal spielte und sang er vor großem Publikum. Und ungezählte Male war er ganz für sich allein, stellte sein Zelt auf und entzündete ein Lagerfeuer.

    Vor 35 Jahren hat sich Rai seinen Wilden Westen erschaffen

    Den Wilden Westen hat sich Rai vor 35 Jahren selbst geschaffen – mit einer Westernstadt bei Dasing, die ein bisschen vorgaukelt, auch in Schwaben in die Welt der Cowboys und Indianer eintauchen zu können – und das jenseits der Faschingszeit.

    Hinter der Fassade des ewigen Cowboys steckt ein Mensch, der sich seit Jahrzehnten intensiv mit Pferden, deren Psyche und Verhalten beschäftigt. Rai kann nur den Kopf schütteln, wie weit verbreitet der in seinen Augen verantwortungslose Umgang mit Pferden ist. „Mädchen sind vernarrt in Pferde. Und was bekommen sie als Teil der Grundausstattung mit? Eine Gerte. Sie fügen dem Lebewesen Schmerzen zu, das sie doch eigentlich lieben“, beschreibt der 72-Jährige eine für ihn absurde Situation.

    Nur allzu gerne werde bei der „Erziehung“ der Pferde noch Angst erzeugt und mit Schmerz gedroht. Die allermeisten dieser Herdentiere ließen sich damit knechten. Aber nicht alle. Manchmal bedürfe es nur noch eines winzigen Auslösers, damit die Furcht in Panik umschlage. „Das Hirn ist dann blockiert und es gibt nur noch einen Impuls: Flucht.“ Die Pferde seien dann durch nichts mehr zu halten.

    Methode zur Pferdeausbildung wissenschaftlich belegt

    Rai will eine Ausbildungsmethode vermitteln, die ohne Gewalt und deren Hilfsmittel auskommt. Die Peitsche wird ebenso wenig eingesetzt wie es die Sporen werden. Statt einer Kandare – einem Gebissstück mit Hebelwirkung – führt Rai das Tier an einem einfachen Strick. Wenn er daran zieht, ist das unangenehm. Aber es bedeute nicht Qual. Die müsse ein Pferd oft erleiden, wenn sich durch einen festen Zug an einem am hinteren Teil der Kandare angebrachten Löffel in den weichen Gaumen des Pferderachens bohre.

    Wer kein genauer Beobachter seines Pferdes ist, könne nicht ermessen, was er einem Lebewesen in diesen Augenblicken antue. „Pferde stoßen keinen Schmerzschrei aus. Das hat die Natur so eingerichtet, damit sie Raubtieren keine Hinweise auf sich und auf die ganze Herde geben.“ Der Vorteil in freier Wildbahn werde bei einer falschen Ausbildung zum großen Nachteil. Bevor er zu dieser Erkenntnis gelangte, hat Rai als Turnierreiter dieselben Fehler begangen und körperliche Gewalt ausgeübt. Im Rückblick versteht er sich selbst nicht mehr.

    Die Wirksamkeit von Rais Methoden sind im Gegensatz zu vielen anderen Lehrmeinungen wissenschaftlich belegt. Zwei Masterarbeiten des Wissenschaftszentrums Weihenstephan, das zur TU München gehört, haben untersucht, wie sich Rai zum „Leittier des Pferdes“ macht. 15 Minuten genügen ihm, um in diese Position zu kommen. „Das Pferd fühlt sich geborgen und gehorcht freiwillig“, sagt der 72-Jährige. Margit Zeitler-Feicht, eine renommierte Pferdeverhaltensforscherin, ist angetan von dem, wie Rai ausbildet. Er selbst spricht, nachdem die Forschungsarbeiten veröffentlicht sind, von der „Krönung meines Lebenswerkes“. Breite Anerkennung in der Szene hat er aber im Gegensatz etwa zu „Pferdeflüsterer“ Monty Roberts noch nicht gefunden. Vielleicht tun sich viele schwer mit der Vorstellung, dass ein singender Cowboy auch der Wissenschaft etwas zu sagen hat, lautet Zeitler-Feichts Erklärung.

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