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Das Ei des Kolumbus für kleinen Bauernhof

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Das Ei des Kolumbus für kleinen Bauernhof

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    Andreas Kratzer in seinem Hühnerstall mit Bodenhaltung in Gablingen
    Andreas Kratzer in seinem Hühnerstall mit Bodenhaltung in Gablingen Foto: Manuela Mayr

    - In der Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbandes in Herrsching werden heute fünf Landwirte mit einem Innovationspreis geehrt. Zwei der Ausgezeichneten, die für ihre Projektideen mit Vorbildcharakter jeweils einen Hauptpreis bekommen (dotiert mit 2000 Euro), sind im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung zu Hause: Andreas Kratzer aus Gablingen (Kreis Augsburg) in der Kategorie Haupterwerb und Anton Lutz aus Schnerzhofen (Kreis Unterallgäu) in der Kategorie Nebenerwerb. In unserer Landwirtschafsserie stellen wir die beiden vor.

    Ein Küken, mit feinem Federstrich gezeichnet, schwirrt durch Andreas Kratzers preisgekröntes Eier-Marketingkonzept. Der 33-jährige Landwirtschaftsmeister nutzt alle modernen Werbe-Medien, um Kunden zu gewinnen ­ und vielleicht auch Gleichgesinnte, die sich mit ihm zusammentun: , Powerpoint-Präsentation, Plakat- und Fahrzeugwerbung und auch eine regelmäßig erscheinende, vierseitige Kundenzeitung tragen unverkennbar den Stempel "Qualität vom Kratzer-Bauernhof" in Form eines Logos samt Küken als Sympathieträger.

    Aber auch altbewährte Methoden der Kommunikation stehen bei Familie Kratzer hoch im Kurs: Das persönliche Gespräch im freundlich gestalteten Hofladen, im Lieferservice oder bei Tagen der offenen Tür ist eine Selbstverständlichkeit. Und wer den Hühnerstall sehen will, kann auch das.

    "Wir haben nichts zu verbergen", sagt Andreas Kratzer selbstbewusst, während er die Tür zum Stall öffnet. Auf dem Boden und in vier Etagen laufen, flattern, scharren, picken und gackern braune und weiße Hennen. Ihre Eier sollen sie in spezielle Nester legen, unter denen zum rationellen Abtransport der Eier ein Fließband läuft. Die meisten tun es, doch nicht alle. Der Landwirt muss deshalb bei seinen Kontrollgängen im Stall auch immer einige kreuz und quer im Stall "verlegte" Eier aufsammeln. Trotzdem habe sich diese Form der Bodenhaltung bewährt. Vor fünf Jahren hatten seine Eltern Benedikt und Elisabeth Kratzer die vorher üblichen Käfige aufgegeben und sich auf den Tierschutz-Trend eingestellt. "Käfige haben allerdings auch Vorteile", betont Andreas Kratzer. "Die Hackordnung muss dort unter vier Tieren nur einmal am Anfang geregelt werden. Hier ist das anders", sagt er mit Blick auf die ständige Bewegung in seinem Stall mit etwa 1200 Hühnern.

    Freilandhaltung sei auf dem Kratzer-Hof nie erwogen worden: Aus Platzgründen und wegen des Krankheitsdrucks, der unter freiem Himmel größer sei. Wurmbefall zum Beispiel ­ ausgelöst durch Vögel ­ könne zu großem Produktionsausfall führen. Im geschlossenen Bodenhaltungs-Stall besteht diese Gefahr nicht. Auch herrschen dort immer die gleichen Licht- und Temperaturverhältnisse ­ eineinhalb Jahre lang bis zum Schlachten.

    Familie Kratzer hat mit ihrer Form der Haltung einen Kompromiss gefunden, den rund 800 Stammkunden mit tragen. "Die Kunden bestimmen mit ihrer Einkaufsentscheidung, wie Nutztiere leben", ist Andreas Kratzers Überzeugung. Eier aus "Fabriken" mit Millionen Hühnern in Käfigen werden in Supermärkten zu Preisen verkauft, die bei ihm, so Kratzer, nicht einmal die Entstehungskosten decken würden.

    Tierschutz, kurze Transportwege und persönliche Nähe ist vielen Verbrauchern jedoch einige Cent wert. Sonst könnte ein so kleiner Hof nicht überleben ­ schon gar nicht als Vollerwerbsbetrieb, der neben den Familienmitgliedern noch eine Angestellte und einen Praktikanten beschäftigt. Mit einer Fläche von nur 15 Hektar liegt der Kratzer-Bauernhof weit unter dem Durchschnitt der bayerischen Vollerwerbsbetriebe von 35 Hektar. Doch es reicht, um das Getreide für die Hühner anzubauen. Rohstoff-Produktion ist ja hier auch nur ein Betriebszweig. Wichtiger ist die so genannte "Veredelung" ­ vom Korn zum Ei und vom Ei zu Nudeln und Eierlikör.

    Als Schlüssel zu seinem Erfolg sieht Andreas Kratzer jedoch die ausgeklügelte Vermarktung im 20-Kilometer-Umkreis. Im Franchise-System würde er gerne noch viele andere, kleine Bauernhöfe in sein Boot holen. Ein regionales Netzwerk schwebt ihm vor, in dem viele zusammenwirken und doch jeder selbstständig bleibt. "Das ist die einzige Chance, die wir Kleinen haben", meint er.

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