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Dachau: Angeklagter erschießt Staatsanwalt im Gerichtssaal

Dachau

Angeklagter erschießt Staatsanwalt im Gerichtssaal

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    In Dachau ist ein Staatsanwalt im Gericht erschossen worden.
    In Dachau ist ein Staatsanwalt im Gericht erschossen worden. Foto: Marc Müller/dpa

    Während eines Prozesses am Amtsgericht Dachau hat ein Angeklagter am Mittwochnachmittag einen Staatsanwalt erschossen. Zuvor hatte der 54-Jährige auch auf den Richter der mündlichen Verhandlung geschossen, sein Ziel aber nach Polizeiangaben verfehlt. Der mutmaßliche Täter konnte noch im Sitzungssaal entwaffnet und überwältigt werden. Der schwer verletzte 31 Jahre alte Staatsanwalt starb auf dem Weg ins Krankenhaus.

    Nach den bisherigen Ermittlungen des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt musste sich der 54-Jährige wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in Höhe von 44 000 Euro vor dem Amtsgericht Dachau verantworten. Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks (BR) kam es während der Urteilsverkündung zu einem heftigen Wortwechsel des Angeklagten mit einer Anwältin, womöglich die Verteidigerin des 54-Jährigen.

    Plötzlich zog der Mann nach Angaben der Polizei gegen 16 Uhr eine Pistole aus der Hosentasche. Er schoss damit zunächst auf den Richter, der sich aber laut BR noch wegducken und dadurch aus der Schusslinie bringen konnte.

    Der Staatsanwalt kommt aus München

    Danach streckte der 54-Jährige mit drei gezielten Schüssen in den Oberkörper den jungen Staatsanwalt nieder. Das Opfer stammt nach Polizeiangaben aus München. Tatsächlich liegt das Amtsgericht Dachau im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft

    Der Todesschütze konnte noch im Gerichtssaal von Justizbeamten entwaffnet und überwältigt werden. Der Bayerische Rundfunk (BR) berichtete, dass sich ein Notarzt sofort um das Leben des Anklagevertreters bemühte. Der Jurist soll schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht worden, jedoch bereits auf dem Weg dorthin seinen Schussverletzungen erlegen sein. Den Tod des 31-Jährigen bestätigte das Justizministerium in München.

    Tödliche Anschläge bei Gericht

    Die Sicherheitsvorkehrungen in Gerichten können blutige Angriffe nicht immer verhindern. Eine Auswahl spektakulärer Fälle:

    Juli 2009: Während einer Verhandlung am Dresdner Landgericht ersticht der Angeklagte eine als Zeugin geladene Ägypterin. Der Russland-Deutsche tötet die Frau aus Fremdenhass und muss lebenslang in Haft.

    April 2009: Im Landshuter Landgericht erschießt ein Mann seine Schwägerin und nimmt sich danach das Leben. Zwei weitere Menschen werden bei der Schießerei vor einem Sitzungssaal verletzt.

    Mai 1998: Ein 69-Jähriger erschießt aus Rache und Hass auf die Justiz einen 52 Jahre alten Amtsrichter in dessen Dienstzimmer in Essen. Dann tötet er sich selbst.

    Februar 1998: Ein Angeklagter schießt im Gerichtssaal in Aurich (Niedersachsen) einen Staatsanwalt an und erschießt sich selbst.

    März 1997: Ein 39-jähriger Polizist erschießt in einem Amtsgericht in Frankfurt/Main seine Ex-Lebensgefährtin und verletzt deren Anwältin schwer.

    Januar 1995: Ein 54-Jähriger schneidet einer Richterin im Kieler Amtsgericht die Kehle durch. Er hatte irrtümlich angenommen, sie sei für seine Sorgerechtsangelegenheit zuständig.

    März 1994: Im Gericht in Euskirchen (Nordrhein-Westfalen) zündet ein 39-Jähriger einen Sprengsatz, da seine Ex-Freundin ihn wegen Körperverletzung verklagt hatte. Bilanz: sieben Tote, darunter die Frau, der Richter und der Täter selbst.

    März 1981: In Lübeck tötet eine 30 Jahre alte Gastwirtin während einer Verhandlung im Landgericht den mutmaßlichen Mörder ihrer siebenjährigen Tochter.

    Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU), die sich in ihrem Dienstwagen auf dem Weg zu einem Termin befunden haben soll, eilte sofort an den Tatort. Sie machte sich am frühen Abend ein Bild vom schrecklichen Geschehen. Für 19 Uhr ist in Dachau eine Pressekonferenz vorgesehen, an der neben Merk auch Generalstaatsanwalt Christoph Strötz und der Leiter der Staatsanwaltschaft München II, Eduard Mayer, teilnehmen wollten.

    Dachau: Gericht war großräumig abgesperrt

    Das Justizgebäude war am Abend großräumig abgesperrt. Polizeibeamte sicherten die Eingänge. Beamte hatten rot-weiße Bänder mit der Aufschrift "Polizeiabsperrung" um das Gebäude gezogen. Zunächst war völlig unklar, wie der Angeklagte unbemerkt die Waffe in den Gerichtssaal mitbringen konnte. Offensichtlich gab es in dem Gebäude keine Personenkontrollen, obwohl die Sicherheitsvorkehrungen nach mehreren Anschlägen auf Richter und Staatsanwälte in den vergangenen Jahren verschärft wurden. Auch die Verteidigung des Angeklagten konnte die Tat offensichtlich nicht verhindern. dpa-lby

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