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Coronavirus: Wie viele steckt ein Infizierter an? So hat sich die Reproduktionszahl in Bayern entwickelt

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Wie viele steckt ein Infizierter an? So hat sich die Reproduktionszahl in Bayern entwickelt

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    RKI-Präsident Lothar H. Wieler warnt davor, die Reproduktionszahl des Coronavirus isoliert zu betrachten.
    RKI-Präsident Lothar H. Wieler warnt davor, die Reproduktionszahl des Coronavirus isoliert zu betrachten. Foto: Annegret Hilse, dpa

    Über die Reproduktionszahl wird gerade diskutiert, als sei sie eine Glaskugel, durch die wir in die Zukunft sehen können. Liegt sie über eins, steckt jeder Infizierte mehr als eine weitere Person an, die Neuinfektionen werden steigen. Liegt sie unter eins, werden sie sinken. Für Bayern sagt sie eine positive Entwicklung voraus. Auf „unter eins“ hatte Markus Söder sie am Dienstag beziffert, sogar niedriger als der deutschlandweite Durchschnitt. Trotz hoher Infektionszahlen hat sich die Reproduktionszahl in Bayern ähnlich entwickelt wie in anderen Bundesländern. Das ist eine gute Nachricht, bildet aber nur einen Teil der Wirklichkeit ab.

    Dynamik der Epidemie in Bayern ähnlich wie im Rest von Deutschland

    „Wir haben nach wie vor viele Neuinfektionen in Bayern, aber die Dynamik der Epidemie ist die gleiche wie in anderen Bundesländern“, sagt Dr. Helmut Küchenhoff. Er leitet das statistische Beratungslabor der Ludwig-Maximilians-Universität in München, das die Reproduktionszahl für Bayern bestimmt. Dessen Berechnungen nach ist die Zahl fast konstant gesunken. Von einem Wert von etwa fünf zum Beginn der Epidemie auf knapp über zwei am 7. März, bis sie um den 18. März herum unter eins gesunken ist. Dort hält sie sich seither mehr oder weniger konstant. Zuletzt wurde die Reproduktionszahl auf 0,79 geschätzt.

    Bei der Interpretation müsse man aber vorsichtig sein, sagt Küchenhoff. Das gelte vor allem für den Rückgang von fünf auf zwei am Anfang der Kurve. „Der Beginn der Epidemie ließ sich schwer abbilden. Da war die Reproduktionszahl noch kaum bestimmbar.“

    Die Entwicklung der Reproduktionszahl in ganz Deutschland, die das Robert Koch-Institut herausgibt, zeigt ein ähnliches Bild. Kurzzeitig ist die gesamtdeutsche Reproduktionszahl sogar höher als in Bayern. Dass die Entwicklung trotz hoher Infektionszahlen im Freistaat ähnlich verlaufen ist wie im Rest Deutschlands, ist insofern logisch, als dass die Maßnahmen ähnliche waren: Schulschließungen, Homeoffice, Ausgangsbeschränkungen. Wenig Kontakt führt zu weniger Ansteckungen, die Reproduktionszahl sinkt. Dass die absolute Anzahl der Infektionen in Bayern höher ist, macht dabei kaum einen Unterschied. Nur zum Beginn der Epidemie war die Reproduktionszahl in Bayern höher.

    RKI-Präsident: Alleinige Betrachtung der Reproduktionszahl ist nicht hilfreich

    Auffallend ist der gemeinsame Rückgang spätestens ab dem 11. März. Welche Maßnahmen konkret für den Rückgang verantwortlich waren, lasse sich nur schwer ablesen, sagt Küchenhoff. „Zu dieser Zeit sah man in den Medien häufig die Horror-Zustände in Bergamo, außerdem hat die Bundeskanzlerin erstmals zum Abstandhalten aufgerufen. Das könnte eine Rolle beim Rückgang der Zahl gespielt haben.“ Wichtig sei dabei immer, auch die Zahl der Neuinfektionen im Blick zu haben. Die Reproduktionszahl bilde nur einen Teil der Wirklichkeit ab. Sie zeigt uns das, was Küchenhoff die „Dynamik der Epidemie“ nennt.

    Ähnlich sieht das auch Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts. „Es ist nicht hilfreich, wenn man sich immer nur auf einen Faktor bezieht“, sagte er am Dienstag. Es sei zwar wichtig, die Zahl unter eins zu halten, man dürfe sie aber nicht aus dem Kontext nehmen.

    Ist die Zahl der Neuinfektionen zu hoch, nützt auch eine Reproduktionszahl von knapp unter eins wenig. Das Gesundheitssystem würde die Last der Fälle nicht stemmen können. Gerade diese Zahl ist in Bayern aber weiterhin hoch, etwa 300 bis 400 Neuinfizierte verzeichnet der Freistaat jeden Tag. Mehr als jedes andere Bundesland, aber bislang verkraftbar für Gesundheitsämter und Krankenhäuser. 

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