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Coronavirus: Wie das Virus unser Leben verändert: Eine Ärztin erzählt

Coronavirus

Wie das Virus unser Leben verändert: Eine Ärztin erzählt

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    Zwei Schutzkittel und 20 Atemschutzmasken hat Ärztin Carmen Schwarz noch in ihrer Praxis, auch Mundschutz, Handschuhe und Desinfektionsmittel sind knapp.
    Zwei Schutzkittel und 20 Atemschutzmasken hat Ärztin Carmen Schwarz noch in ihrer Praxis, auch Mundschutz, Handschuhe und Desinfektionsmittel sind knapp. Foto: Sonja Dürr

    Carmen Schwarz schließt die Tür des Behandlungszimmers hinter sich und atmet einmal tief durch – so gut, wie das mit der Atemschutzmaske im Gesicht eben geht. Dutzende Patienten haben sie und ihr Kollege Dr. Stefan Doesel an diesem Tag in ihrer Augsburger Hausarztpraxis behandelt. Jetzt sind die an der Reihe, die nicht mit den chronischen Kranken in Kontakt kommen dürfen. Menschen mit Grippesymptomen, mit Husten, Schnupfen oder Fieber, mit Gliederschmerzen oder Durchfall. Die, die an Influenza erkrankt sein könnten. Oder sich mit dem Coronavirus angesteckt haben könnten.

    So etwas hat Ärztin Schwarz noch nie erlebt

    So eine Situation in so einem Ausmaß hat Schwarz in den 18 Jahren, in denen sie die Arztpraxis im Augsburger Stadtteil Haunstetten führt, noch nicht erlebt. Das geht schon los mit den Patienten, die trotz Grippesymptomen in der Praxis stehen. Und das, obwohl seit Wochen betont wird, wie wichtig es ist, erst telefonisch Kontakt aufzunehmen. Obwohl die Mitteilung an der Praxistür extra mit einem großen „STOP“ überschrieben ist. Patienten, die hier auftauchen, weil sie das Telefon die ganze Zeit besetzt ist. „Dieses Telefon ist ohnehin eine Psychoterrorzentrale.“ Weil es klingelt und klingelt. Und wieder klingelt, sobald man aufgelegt hat. Es ist ja kein Wunder, sagt die Ärztin. Viele Patienten sind verunsichert, haben Fragen. Oder einfach Angst.

    Im schlimmsten Fall muss sie ihre Praxis schließen

    Zwei Schutzkittel und 20 Atemschutzmasken hat Schwarz noch in ihrer Praxis, auch Mundschutz, Handschuhe und Desinfektionsmittel sind knapp. Schwarz, die helle Turnschuhe zum grauen Sweatshirt trägt, faltet die Hände, sagt: „Und das, was wir haben, haben wir ausschließlich aus guten Kontakten.“ Das Problem ist nur: Ohne diese speziellen Atemschutzmasken können die neun Mitarbeiter der Praxis keine Infektsprechstunde durchführen. Vieles findet die 51-Jährige nur zum Kopfschütteln. Dass die Vorgaben des Hausärzteverbands, wie Patienten zu separieren sind, viel zu spät kamen, genauso wie Beschlüsse über die Ausstattung der Ärzte mit Schutzausrüstung. Dass es auch von der Kassenärztlichen Vereinigung keine Auskunft gibt. „Wir fühlen uns von den offiziellen Stellen in eine Situation gezwungen, die für uns nicht tragbar ist“, erklärt die Ärztin und man spürt, dass sie jedes Wort ernst meint. „Wenn wir keine Schutzkleidung bekommen, dann ist spätestens Mittwoch oder Donnerstag Schicht im Schacht. Dann werden wir gezwungen sein, unsere Praxis zuzumachen.“

    Die Ärztin vermutet mehr Coronakranke

    Bricht die Grundversorgung weg, treffe das letztlich die Kliniken, die ohnehin schon überlastet sind. Seit Montag ist klar: Viele andere Einrichtungen, die das öffentliche Leben in Bayern ausmachen, müssen schließen. Ab Dienstag bleiben Kinos, Bars und Schwimmbäder, Fitnessstudios, Theater und Veranstaltungsräume, sogar Spiel- und Sportplätze zu. Ab Mittwoch dürfen Restaurants und Kantinen nur noch eingeschränkt öffnen. Auch die meisten Geschäfte müssen zubleiben – ausgenommen Supermärkte, Bäcker und Metzger, Apotheken und Banken, Postfilialen, Drogerien und einige mehr. Dafür wird es höchste Zeit, sagt Carmen Schwarz, die Augsburger Hausärztin. Ein Teil der Bevölkerung habe den Ernst der Lage immer noch nicht verstanden. „Die Maßnahmen bringen nur etwas, wenn man sie ganz am Anfang einer Pandemie anordnet und man sich konsequent daran hält“, sagt die Ärztin. Sie geht davon aus, dass es deutlich mehr Corona-Erkrankte gibt – schon, weil im Moment nur Personen, die mit Infizierten in Kontakt waren und Rückkehrer aus Risikogebieten getestet werden, die Symptome aufweisen.

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