Von wo aus gilt denn nun die 15-Kilometer-Regel? Ab der Haustüre? Ab dem Ortsschild? Ab der Landkreisgrenze? Und wo liegt die eigentlich? Die Unsicherheit war groß, als Ministerpräsident Markus Söder am 11. Januar die neueste der Corona-Verordnungen vorstellte, nach der sich die Bewohner von Brennpunkt-Gemeinden und -Landkreisen mit einem Inzidenzwert über 200 nur noch in einem Umkreis von 15 Kilometern bewegen dürfen. Viele der Fragen wurden in den Tagen darauf beantwortet, Ärger und Unverständnis aber blieben. Am Dienstag hat nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof der umstrittenen Regel ein Ende bereitet und sie vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das Gericht gab einem Antrag aus Passau statt.
Richter: 15-Kilometer-Radius nicht deutlich und anschaulich genug
Die Richter argumentierten in ihrer Eilentscheidung, dass das Ausflugsverbot gegen den sogenannten Grundsatz der Normenklarheit verstoße. Für die Betroffenen sei der räumliche Geltungsbereich des Verbots touristischer Tagesausflüge über einen Umkreis von 15 Kilometern um die Wohnortgemeinde hinaus nicht hinreichend erkennbar. Die textliche Festlegung eines 15-Kilometer-Umkreises sei nicht deutlich und anschaulich genug.
Denn tatsächlich handelte es sich eben nicht um einen einfachen (Um-)Kreis, der den Bewegungsspielraum der Hotspot-Bewohner eingrenzte, sondern um eine mitunter komplizierte Verschiebung der Gemeinde-, Stadt- oder Landkreisgrenzen um 15 Kilometer. Zuletzt galt die Regel bayernweit laut Robert-Koch-Institut noch in insgesamt sieben Städten und Landkreisen, darunter der Landreis Unterallgäu.
Wie hätte die Polizei die 15-Kilometer-Regel kontrollieren sollen?
Im Landkreis Augsburg war die Ausflugssperre unlängst erlassen und wenige Tage später wieder aufgehoben worden. Grund war eine falsche Berechnung des Inzidenzwerts. In zahlreichen anderen Kommunen in unserer Region hatte die Regel Kritik ausgelöst, da diese insbesondere dafür gedacht war, touristische Ausflüge einzuschränken. Gerade in Gegenden, in denen kaum Touristen zu finden sind, hielt sich das Verständnis daher in Grenzen. Zudem meldete die Polizei mancherorts Bedenken an, wie sie ein solches Ausflugsverbot denn kontrollieren solle.
Nun hat sich das Problem vorerst erledigt – auch wenn die Staatsregierung noch am Dienstag ankündigte, zu überprüfen, welche Konsequenzen aus der Gerichtsentscheidung zu ziehen seien. Er habe die Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis genommen, nun würde der weitere Handlungsbedarf geprüft, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU).
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof bestätigt FFP2-Maskenpflicht in Bayern
Zugleich entschieden Bayerns oberste Richter am Dienstag, dass auch die bayernweite FFP2-Maskenpflicht in Bussen und Bahnen sowie in Geschäften weiterhin rechtens ist. Dagegen hatte eine Privatperson aus Schwaben einen Eilantrag eingereicht. Diese Masken böten voraussichtlich gegenüber medizinischen oder sogenannten Community-Masken einen erhöhten Selbst- und Fremdschutz, argumentierten die Richter. Deshalb bestünden gegen ihre Eignung und Erforderlichkeit zur Bekämpfung der Corona-Pandemie keine Bedenken. Gesundheitsgefährdungen seien vor allem wegen der begrenzten Tragedauer nicht zu erwarten. Grundsätzlich seien die Aufwendungen für die Anschaffung der Masken zumutbar.
Grundsätzlich hat in der Vergangenheit die Mehrzahl der von der Staatsregierung beschlossenen Corona-Maßnahmen der Überprüfung vor Gericht standgehalten. In einigen, durchaus aufsehenerregenden Fällen aber kassierte der Freistaat gerichtliche Niederlagen. Erst vergangene Woche haben die Richter das bayernweite Alkoholverbot außer Vollzug gesetzt. Eilentscheidungen gab es darüber hinaus gegen die wöchentliche Testpflicht für Grenzgänger, gegen die vollständige Schließung von Fitnessstudios (beide November 2020), gegen das Grillverbot auf öffentlichen Plätzen (September 2020), gegen das Beherbergungsverbot für Gäste aus inländischen Risikogebieten (Juli 2020) und gegen die Beschränkung der Bewirtungszeiten in Gastronomiebetrieben (Juni 2020), gegen die ein Augsburger Wirt geklagt hatte.
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