Die Reise ins Ungewisse steht erst nach den Ferien an. Als Familien in Bayern vergangene Woche in den Sommerurlaub starteten, hatten sie kaum eine Ahnung, wie es im Herbst an Schulen weitergehen würde. Seit Freitag können sie sich nun zumindest auf vier konkrete Szenarien einstellen. Eines davon wird nach den Ferien Realität.
Allen gemeinsam ist eines: Für Schüler wird es eine Maskenpflicht geben. Der Mund-Nasen-Schutz ist sowohl auf den Gängen als auch im Klassenzimmer auf dem Weg zum Sitzplatz vorgeschrieben, wie Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) am Freitag in München sagte. Das gilt auch für Grundschüler, selbst wenn weiter umstritten ist, wie groß die Ansteckungsgefahr unter Kindern in diesem Alter ist.
Piazolo geht nach aktuellem Stand davon aus, dass die Schüler „nach den Ferien in den Regelbetrieb gehen“, also wieder ganz normalen Unterricht im Klassenzimmer haben. Diese Option bezeichnet er als „Szenario A“. Zwischen Ende August und Anfang September wird entschieden, ob die Infektionszahlen Szenario A wirklich zulassen. Weil das jetzt noch nicht abzusehen ist, sollen die Schulen sich über die Ferien auch auf andere Entwicklungen vorbereiten – und diese orientieren sich ganz genau an der jeweiligen Infektionsrate pro 100.000 Einwohner. Die wöchentliche Durchschnittszahl soll künftig für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt extra begutachtet werden. Je nach Höhe der Infektionsrate gibt es dann noch drei weitere Szenarien, wie der Minister es nennt. Man könnte auch sagen: Alarmstufen.
Coronavirus: Situation je nach Landkreis unterschiedlich
Stufe 1 gilt bei geringem Infektionsgeschehen und bedeutet Regelbetrieb an den Schulen – zwar mit Mundschutz auf dem Weg zum Platz, aber ohne den zuletzt gültigen Mindestabstand von 1,5 Metern. Stufe 2 greift ab mehr als 20 Infektionen pro 100.000 Einwohner. In diesem Fall soll nicht nur auf den Gängen, sondern auch im Unterricht eine Maskenpflicht eingeführt werden. Stufe 3 tritt ein, wenn sich mehr als 35 Menschen pro 100.000 Bewohner einer Region mit Covid-19 angesteckt haben. Dann müsste der Mindestabstand wieder eingeführt werden, was vielerorts zu Platznot führt. Oftmals würden die Schüler dann wie vor den Ferien gruppenweise abwechselnd zu Hause und in der Schule lernen. Alarmstufe Rot, also Stufe 4, gilt bei mehr als 50 Infektionen pro 100.000 Einwohnern. „Dann wird es wieder Distanzunterricht geben“, kündigt Piazolo an.
Dass man nicht nur blind den Zahlen folgen kann, zeigt aktuell der Landkreis Dingolfing-Landau: Dort gab es zuletzt rund 190 Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner. Allerdings war der Ausbruch auf einen einzelnen Gurkenhof beschränkt. In solchen Einzelfällen müsse man „mit dem Gesundheitsministerium und den Gesundheitsämtern vor Ort klären“, ob Schulschließungen nötig sind. In allen anderen Regionen Bayerns lag die Durchschnittsrate pro 100.000 Einwohner zuletzt deutlich unter dem kritischen Wert von 50 Fällen. Würde die Schule am Montag wieder losgehen, müssten Schüler und Eltern also keinen Lockdown befürchten.
Schüler und Lehrer werden auf Corona getestet
Im Laufe des Schuljahres will Piazolo Schüler und Lehrer testen lassen – allerdings nicht verpflichtend, sondern wenn sie Corona-Symptome an sich spüren. Für Familien, die in Risikogebieten Ferien oder Heimaturlaub machen, gelten spezielle Regeln. Sie müssen nach ihrer Rückkehr zwei Wochen in Quarantäne – auch dann, wenn sich diese Zeit mit dem Schulbeginn überschneidet. Besteht also die Gefahr, dass manche die Chance nutzen und ihre Ferien etwas verlängern? „Ich glaube nicht, dass wir das in großer Anzahl haben werden“, so Piazolo. Die Schüler würden sich schließlich selbst damit schaden.
Für Lehrer sind zum Schulbeginn freiwillige Reihentestungen vorgesehen. Die können zum Beispiel Pädagogen in Anspruch nehmen, die frisch aus dem Urlaub kommen oder zur Risikogruppe zählen. Etwa zehn Prozent werden ab Herbst gar nicht für den Präsenzunterricht zur Verfügung stehen, weil das ihre Gesundheit gefährden würde. Die betroffenen Lehrer erledigen ihre Arbeit von zu Hause. Zur Unterstützung will das Ministerium wie berichtet 800 sogenannte Teamlehrer einstellen. Auch Quereinsteiger ohne Lehramtsstudium können sich bewerben und sollen gemeinsam mit erfahrenen Pädagogen arbeiten.
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