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Coronavirus-Pandemie: Wird zu wenig auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet?

Coronavirus-Pandemie

Wird zu wenig auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet?

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    Pro Tag gibt es im Freistaat Bayern Kapazitäten für rund 2500 Corona-Schnelltests pro Tag. Das teilte das Gesundheitsministerium mit.
    Pro Tag gibt es im Freistaat Bayern Kapazitäten für rund 2500 Corona-Schnelltests pro Tag. Das teilte das Gesundheitsministerium mit. Foto: Jean-Christophe Bott, dpa

    Elisabeth Schreiber aus dem Landkreis Augsburg ist stinksauer: Sie war im Februar zum Skifahren in Südtirol, wurde anschließend richtig krank (mit Symptomen einer starken Bronchitis), wollte deshalb auf das Coronavirus getestet werden – und erhielt eine Absage. „Ich dachte, es wäre meine Pflicht, das meinem Arzt beziehungsweise dem Gesundheitsamt zu melden“, berichtet die 57-Jährige unserer Redaktion. „Ich hatte Kontakt mit meiner Familie, von denen alle in großen Konzernen in Augsburg arbeiten.“ Elisabeth Schreiber rief bei ihrem Arzt an.

    „Die Arzthelferin meinte, sie hätten gar keine Tests in der Praxis und ich sollte mich an das Gesundheitsamt Augsburg-Land wenden.“ Das tat Elisabeth Schreiber denn auch. „Nachdem ich der Dame im Gesundheitsamt meinen Fall geschildert hatte und ihr erklärte, dass es mir gar nicht um mich geht, sondern um Menschen, mit denen ich Kontakt hatte, erklärte sie mir, ich solle zu Hause bleiben, denn sie hätten keine Kapazitäten mehr.“

    Coronavirus: Beim Gesundheitsamt sagte man ihr, dass sie auf keiner Risikoliste stehe

    Die 57-Jährige ist fassungslos: „Das heißt für mich, niemand fühlt sich zuständig. Einer schiebt dem anderen die Verantwortung zu. Ich bin erschüttert und außer mir über das Vorgehen der Behörden in unserem Staat.“ Ähnliches berichtet eine 52-Jährige, die sich am Mittwochnachmittag bei unserer Redaktion meldete: „Ich bin seit Sonntag krank, habe Symptome wie bei einem grippalen Infekt.“ Auch sie rief beim Gesundheitsamt Augsburg-Land an – am Mittwochmittag. „Dort sagte man mir: Wenn Sie auf keiner Risikoliste stehen, dann können Sie auch nicht getestet werden.“ Das könne es doch nicht sein, sagt die Frau.

    Für den Test von SARS-CoV-2 gibt konkrete Regelungen

    Das Landratsamt Augsburg-Land verweist aber auf konkrete Regelungen, nach denen sich die Behörde richten muss. Demnach sei Elisabeth Schreiber zu einem Zeitpunkt in Südtirol gewesen, als es noch nicht Risikogebiet gewesen ist. Es gebe klare Regeln, die in ganz Bayern gelten. So teilte das bayerische Gesundheitsministerium unserer Redaktion mit: „Das Robert Koch-Institut hat Kriterien festgelegt, nach denen bei einem begründeteren Verdachtsfall eine diagnostische Abklärung erfolgen soll.“

    Und dieser Verdacht liege vor, wenn mindestens eine der beiden folgenden Konstellationen vorliegt: Menschen mit akuten Atemproblemen jeder Schwere oder unspezifischen Allgemeinsymptomen und Kontakt mit einem bestätigten Corona-Fall. Oder: Personen mit akuten Atemproblemen jeder Schwere und Aufenthalt in einem Risikogebiet. In Bayern werden laut Ministerium zudem alle Kontaktpersonen häuslich isoliert und getestet, die der sogenannten Kategorie 1 entsprechen. Das betrifft – verkürzt gesagt – alle, die länger als 15 Minuten von Angesicht zu Angesicht mit einem Infizierten gesprochen haben, mit ihm körperlichen Kontakt hatten, ihn medizinisch versorgt haben oder mit ihm in nächster Nähe in einem Flugzeug saßen.

    Was wir über das neue Coronavirus wissen

    Was bedeutet die Epidemie für unser Gesundheitssystem?

    Das hängt maßgeblich von einem Faktor ab: der Geschwindigkeit der Ausbreitung. Je besser es gelingt, die Rate der Ansteckungen kleinzuhalten, desto geringer dürfte der Druck auf das Gesundheitssystem sein. Problematisch wird das Infektionsgeschehen vor allem dann, wenn es komprimiert in kurzer Zeit auftritt. Dann drohen volle Wartebereiche und Arztpraxen, knapp werdende Intensivbetten und vollkommen überlastete Gesundheitsämter.

    Wie ansteckend ist das Virus?

    Ein Wert, wie viele andere Menschen ein Infizierter im Mittel ansteckt, lässt sich nach wie vor nicht gesichert angeben. Das Virus vermehrt sich im Rachen und verbreitet sich vor allem durch Tröpfchen etwa beim Husten und Sprechen. „Die fliegen vielleicht so eineinhalb Meter weit und fallen relativ schnell zu Boden“, erklärt der Berliner Virologe Christian Drosten. „Es ist das Einatmen einer solchen Wolke, die einen infiziert in den meisten Fällen.“ Nur in Kontaktsituationen gibt es demnach ein reales Risiko – etwa, wenn man mit einem Infizierten ungefähr eine Viertelstunde oder länger gesprochen habe. Die Inkubationszeit – das ist der Zeitraum zwischen Infektion und Beginn von Symptomen – beträgt in der Regel bis zu 14 Tage.

    Wie gefährlich ist das Virus?

    Die meisten Menschen haben nur eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen oder gar keine Symptome. Hinzukommen können Fieber und Husten, wie sie auch bei einer Grippe auftreten. Auch Kopfschmerzen oder Durchfall sind möglich. Laut dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, kommt es in etwa einem von fünf Fällen zu einem schwereren Verlauf – inklusive Atemproblemen oder Lungenentzündung. Betroffen sind zumeist Menschen aus Risikogruppen wie Krebskranke in Chemotherapie, alte Menschen und solche mit Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auf Diabetes zurückgehende Organschäden.

    Ist die Grippe nicht auch gefährlich?

    Die vom Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 und die Grippe sind beide Atemwegserkrankungen. Schwere bis lebensbedrohliche Verläufe gibt es nach bisherigen Auswertungen bei Covid-19 allerdings häufiger als bei der Grippe. Anders als bei der Grippe gibt es gegen das Coronavirus auch noch keine Impfung oder zielgerichtete Medikamente.

    Wie lässt sich Covid-19 behandeln?

    Eine spezielle Therapie gibt es nicht. Patienten werden symptomatisch behandelt – etwa mit fiebersenkenden Mitteln.

    Das Ministerium betont, dass in Bayern jeden Tag 2500 Menschen auf Corona getestet werden könnten. In der Regel dauere es rund 24 Stunden, bis ein Ergebnis vorliegt. Unterdessen richten immer mehr Kommunen in Süddeutschland sogenannte „Corona-Drive-Ins“ ein. Dabei fahren Menschen, die ausdrücklich von Behörden wegen der bereits skizzierten Kriterien dazu aufgefordert wurden, sich testen zu lassen, mit ihrem Wagen in eigens dafür eingerichtete Untersuchungsstellen. Sie dürfen dafür – trotz häuslicher Quarantäne – kurzzeitig ihre Wohnung verlassen.

    Wer sich weigert, kann zur Quarantäne gezwungen werden

    Große zentral angeordnete Untersuchungen gab es jüngst erst in Füssen und Marktoberdorf – mit 80 und 64 zu untersuchenden Fällen. Der Einladung der Behörden seien die Angeschriebenen auch nachgekommen, sagt Thomas Brandl, Sprecher des Landratsamtes Ostallgäu. „Die Leute wollen ja wissen, ob sie betroffen sind.“ Wenn sich jemand weigert, sich untersuchen zu lassen oder die häusliche Quarantäne einzuhalten, greift übrigens das Infektionsschutzgesetz: Demnach kann man Verweigerer gegen ihren Willen in Quarantäne nehmen. „Das Grundrecht der Freiheit der Person kann eingeschränkt werden“, heißt es im Gesetz.

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