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Coronakrise: Jens Spahn kündigt Pflicht-Tests für Urlaubsrückkehrer an

Coronakrise

Jens Spahn kündigt Pflicht-Tests für Urlaubsrückkehrer an

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    Gesundheitsminister Jens Spahn will eine Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten anordnen.
    Gesundheitsminister Jens Spahn will eine Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten anordnen. Foto: Tobias Schwarz/AFP Pool, dpa

    Bayern hat einen neuen Corona-Hotspot: Auf einem Gemüsehof im niederbayerischen Mamming haben sich 174 Erntehelfer mit dem Coronavirus infiziert. Wie reagieren nun die Bayerische Staatsregierung und die Bundesregierung auf die Corona-Neuinfektionen - gerade auch mit Blick auf die Reisezeit? Nachdem sich am Montagvormittag bereits Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsministerin Melanie Huml in einer Pressekonferenz zu möglichen Maßnahmen geäußert und am Nachmittag auch Bundeskanzleramtschef Helge Braun Stellung bezogen hatte, steht nun fest: Für Rückkehrer aus Risikogebieten soll bundesweit eine Corona-Test-Pflicht kommen. Das kündigte Gesundheitsminister Jens Spahn am frühen Abend an. Die wichtigsten Informationen zur Lage in Mamming und zur Test-Pflicht im Überblick.

    Nach Corona-Ausbruch in Niederbayern: Wie ist die Lage in Mamming?

    Am Freitag waren den Behörden im niederbayerischen Mamming erstmals sieben Corona-Fälle aufgefallen. Daraufhin wurde der Betrieb abgeriegelt und es wurden alle auf dem Hof beschäftigten Mitarbeiter getestet. Dabei kam heraus, dass sich bislang 174 Erntehelfer mit dem Coronavirus infiziert haben. Aber auch andere Kontaktpersonen wurden getestet, die sich kurzzeitig auf dem Hof aufgehalten haben, wie etwa Lastwagenfahrer.

    Im Laufe des Nachmittags soll am Montag ein Testzelt für die 3300-Einwohner-Gemeinde Mamming in Niederbayern aufgebaut werden. Auch ein mobiler Einsatztrupp soll von Haus zu Haus ziehen und Bürger auf das Coronavirus testen, sofern diese einverstanden sind. Ministerpräsident Söder sagt: "Priorität hat eindeutig der Schutz der Bevölkerung, wir wollen keine Ausbreitung über den Betrieb hinaus." Getestet werden in Kürze alle vergleichbaren landwirtschaftlichen Betriebe im Kreis Dingolfing.

    Worin liegt die Ursache des Corona-Ausbruchs in Niederbayern?

    Zu einer konkreten Ursache des Corona-Ausbruchs auf dem Gemüsehof in Mamming hat sich die bayerische Staatsregierung noch nicht konkret geäußert. Gesundheitsministerin Melanie Huml deutete an, dass Erntehelfer bei der Gurkenernte wohl sehr eng nebeneinander arbeiteten. Auf sogenannten Gurkenfliegern sollten die Arbeiter liegen und pflücken. Immer dieselben Leute, immer in derselben Reihenfolge. Doch wer sich abends mit wem trifft, sei für die Behörden nur schwer zu kontrollieren, sagt Gesundheitsministerin Huml. Allerdings müsse die Infektionsursache im Einzelfall noch genau geprüft werden.

    Nach Corona-Ausbruch in Niederbayern: Fast 500 Menschen wurden von den Behörden unter Quarantäne gestellt und dürfen das Betriebsgelände nicht mehr verlassen.
    Nach Corona-Ausbruch in Niederbayern: Fast 500 Menschen wurden von den Behörden unter Quarantäne gestellt und dürfen das Betriebsgelände nicht mehr verlassen. Foto: Armin Weigel, dpa

    Welche Folgen hat der Ausbruch auf dem Gemüsehof für Bürger im Landkreis Dingolfing?

    Bleibt die Ausbreitung des Coronavirus auf den landwirtschaftlichen Betrieb begrenzt, bleibt es beim Lockdown für den Betrieb. Ausreisesperren, wie sie im Fall des Corona-Ausbruchs bei Tönnies im Kreis Gütersloh diskutiert wurden, seien für den Kreis Dingolfing bislang kein Thema, sagt Ministerpräsident Markus Söder. Allerdings will die Bayerische Staatsregierung die Lage im Blick behalten und mit weiteren Maßnahmen reagieren, sofern sich das Virus über den Gemüsehof hinaus im Landkreis Dingolfing ausbreitet.

    Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung nach dem Corona-Ausbruch für die Landwirtschaft?

    Schon jetzt gelten für alle landwirtschaftlichen Betriebe Hygienekonzepte. Auch in Mamming auf dem Gemüsehof gab es eines, das von den Behörden kontrolliert wurde. Offenbar gab es aber trotzdem Verstöße, sodass es zu einem Infektionsausbruch kam. Um in der Erntezeit weitere Corona-Ausbrüche in der Landwirtschaft zu unterbinden, will die Staatsregierung in Bayern noch stärker kontrollieren. Die Maßnahmen sehen so aus:

    • Kontrollen in höherer Frequenz: Betriebe sollen unangemeldet auf Unterbringung und Arbeitsweise getestet werden
    • Alle Saisonarbeiter in der Landwirtschaft sollen auf das Coronavirus getestet werden
    • Bei Verstößen gegen Hygiene-Konzepte drohen Bußgelder von bis zu 25.000 Euro für Betriebe

    Wie schätzen die Staats- und die Bundesregierung das Corona-Risiko durch Tourismus ein?

    Ministerpräsident Markus Söder warnt vor unübersichtlichen Verhältnissen nach der Urlaubssaison: "Ich habe Sorge, dass wir nach der Reisezeit im Sommer jede Menge Mini-Ischgls haben." Er wolle sich mit den Gesundheitsministern anderer Bundesländer abstimmen und sich für ein bundesweit einheitliches Vorgehen einsetzen, sagt er. "Wir müssen Risikogebiete regionaler als bisher eingrenzen und gerade auch innerhalb Europas noch einmal über Risikogebiete sprechen."

    Auch nach den Worten von Bundeskanzleramtschef Helge Braun geben die steigenden Fallzahlen in den vergangenen Tagen Anlass zur Sorge. Braun appelliert deshalb an die Menschen, sich auch im Urlaub an die Beschränkungen zu halten. Dazu zählen Abstand halten, regelmäßigen Händewaschen und Lüften sowie einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

    Welche Maßnahmen planen Markus Söder und die Staats- und die Bundesregierung für die Reisezeit?

    Schon jetzt werden an Bayerns Flughäfen Corona-Testzentren für alle Rückkehrer aus dem Urlaub eingerichtet. Die Tests sind bislang freiwillig und kostenlos. Seit Montagabend steht nun fest: Wer in Corona-Risikogebieten Urlaub macht, muss sich künftig bei der Rückkehr nach Deutschland auf das Virus testen lassen. Die Regelung soll voraussichtlich kommende Woche in Kraft treten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte, er werde "eine Testpflicht für Einreisende aus Risikogebieten anordnen". Dies diene dem Schutz aller Bürgerinnen und Bürger. "Wir müssen verhindern, dass Reiserückkehrer unbemerkt andere anstecken und so neue Infektionsketten auslösen", sagte der CDU-Politiker. Die Tests sollen für die Reisenden kostenfrei sein.

    Spahn teilte die Pläne seinen Amtskollegen aus den Bundesländern in einer Schaltkonferenz mit. Grundlage der Testpflicht ist demnach eine Regelung des Infektionsschutzgesetzes. Sie bezieht sich auf eine epidemische Lage von nationaler Tragweite, die der Bundestag für Corona festgestellt hatte. Damit kann das Bundesministerium Personen, die nach Deutschland einreisen und die wahrscheinlich einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt waren, verpflichten, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Die entsprechende Verordnung soll voraussichtlich in der nächsten Woche in Kraft treten. 

    Bereits seit dem Wochenende sind freiwillige Tests für Rückkehrer aus Risikogebieten auf mehreren deutschen Flughäfen möglich. Wer keinen negativen Test-Befund hat, muss sich wie bisher für zwei Wochen in häusliche Quarantäne begeben. Spahn hatte bereits angekündigt, verpflichtende Tests rechtlich zu prüfen.

    Welche Staaten als Risikogebiete mit einer erhöhten Infektionsgefahr gelten, legt die Bundesregierung mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) in einer Liste fest. Zentrales Kriterium ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gegeben hat. 

    Auch Reisende aus Nicht-Risikoländern können sich freiwillig kostenlos innerhalb von 72 Stunden testen lassen - dann nicht am Flughafen, sondern etwa in Arztpraxen oder Gesundheitsämtern.

    Hintergrund ist, die Ausbreitung des Virus auch in der Hauptreisezeit einzudämmen, in der Millionen Bundesbürger wieder im In- und Ausland unterwegs sind. Es soll verhindert werden, dass sich infizierte Urlauber aus Regionen mit größeren Corona-Ausbrüchen in Deutschland verteilen.

    Zudem plant die bayerische Staatsregierung Corona-Testzentren auch für den Auto- und Bahnverkehr. So sollen an den stark frequentierten bayerischen Grenzübergängen Walserberg, Pocking und Kiefersfelden große Testzentren direkt an der Autobahn entstehen. Auch an großen Bahnhöfen wie dem Münchner Hauptbahnhof sollen sich Reisende künftig testen lassen können. Und zwar nicht nur solche aus Bayern, wie Söder betont. Das sei "Amtshilfe" für andere Länder.

    Noch am Nachmittag hatte Bundeskanzleramtschef Helge Braun darüber informiert, dass die Gesundheitsminister über verpflichtende Corona-Tests beraten. Einen zeitlichen Rahmen hatte er nicht genannt, jedoch um etwas Geduld gebeten. Auch ob eine Gesetzesänderung für eine entsprechende Umsetzung von verpflichtenden Tests für Urlaubsrückkehrer nötig sei, könne er aktuell noch nicht beurteilen. Nur so viel: "Wir wollen und brauchen ein schnelle Lösung. Mit dem aktuellen Infektionsschutzgesetz haben wir aber auch schon Möglichkeiten", etwa die Quarantäne für Rückkehrer aus Risikogebieten sowie die freiwilligen Tests.

    Wie ist die Corona-Lage in Bayern unabhängig von Tourismus?

    Ministerpräsident Söder lobt die Maßnahmen in Geschäften und öffentlichem Nahverkehr: Die Hygienemaßnahmen funktionierten sehr gut, dabei drohe kein Lockdown. Bei Freizeitaktivitäten und Feiern im privaten Raum allerdings werde häufig jede Vorsicht vergessen, warnt er. "Sollten weitere Gefahren daraus erwachsen, werden wir wieder handeln und neue Einschränkungen schaffen müssen. Wir beobachten die Lage genau."

    Auch Bundeskanzleramtschef Helge Braun ist zuversichtlich, was die aktuelle Corona-Lage betrifft. Braun betont jedoch, dass der weitere Verlauf der Infektionszahlen im Sommer entscheidend sei: "Wir brauchen Ende des Sommers einen Tiefstand an Infektionen deutlich unter 500 täglich, um gut durch den Herbst und Winter zu kommen." (mit dpa)

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