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Corona-Winter: Experten warnen vor großer Lawinengefahr in den Allgäuer Bergen

Corona-Winter

Experten warnen vor großer Lawinengefahr in den Allgäuer Bergen

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    Derzeit tummeln sich viele Wintersport-Anfänger in den bayerischen Bergen. Doch die Gefahren von Lawinen sind vielen nicht bewusst.
    Derzeit tummeln sich viele Wintersport-Anfänger in den bayerischen Bergen. Doch die Gefahren von Lawinen sind vielen nicht bewusst. Foto: Bernhard Weizenegger

    Alle Lifte und Bergbahnen stehen still, die meisten Pisten sind offiziell geschlossen. Und doch tummeln sich in diesen Tagen auf den Abfahrten Tourengeher und Schneeschuhläufer. Denn seit Mittwoch liegt auch abseits der gesicherten Pisten genug Schnee für Wintersportler. Doch mit den Niederschlägen hat auch die Lawinengefahr im Allgäu drastisch zugenommen: von der Stufe 1 („gering“) am Dienstagmorgen auf 3 („erheblich“) am Mittwoch. Und es soll noch viel mehr Neuschnee geben. Der bayerische und der Vorarlberger Lawinenwarndienst gehen davon aus, dass die zweithöchste Warnstufe 4 („groß“) erreicht werden könnte. Denn zusätzlich zum Niederschlag hat das nächste Schneetief viel Wind im Gepäck, der die Lawinengefahr verschärft.

    „Die Pisten sind in diesem Winter genauso gefährlich wie der alpine Raum“

    Thomas Hafenmair, Bergführer aus dem Ostallgäuer Roßhaupten, kennt sich als langjähriger ehrenamtlicher Mitarbeiter des Lawinenwarndienstes in den winterlichen Bergen aus. Er sagt, heuer sei natürlich alles anders: „Die Pisten sind in diesem Winter genauso gefährlich wie der alpine Raum“, sagt er. Denn es gebe dort keine Lawinensprengungen, keine Sicherungen und Absperrungen durch die Betreiber. Entsprechend müsse man auch auf Pisten die gängige Notfallausrüstung bei sich haben: Lawinen-Verschütteten-Such-(LVS)-Gerät, Schaufel und Sonde. Anders als bei geregeltem Skibetrieb sei jetzt jeder Schneesportler eigenverantwortlich unterwegs. „Auf Schneedepots aufgehäufter Kunstschnee, Gräben oder Leitungen zu den Schneekanonen können beispielsweise das Skifahren gefährlich machen“, heißt es vom Deutschen Alpenverein.

    Lawinengefahr: Die fünf Warnstufen

    Die europäische Lawinengefahrenskala unterscheidet fünf Gefahrenstufen - von gering bis sehr groß. Das haben sie zu bedeuten.

    Stufe 1 - gering: Die Schneedecke ist allgemein stabil, mit wenigen Ausnahmen an extrem steilen Hängen herrschen sichere Verhältnisse.

    Stufe 2 - mäßig: Eine Auslösung von Lawinen ist vor allem bei großer Zusatzbelastung etwa durch Skifahrergruppen an Steilhängen mit einer Neigung von mehr als rund 30 Grad möglich.

    Stufe 3 - erheblich: Eine Auslösung ist bereits bei geringer Zusatzbelastung (einzelner Skifahrer, Snowboarder oder Schneeschuhgeher) vor allem an gefährdeten Steilhängen mit nur mäßig verfestigter Schneedecke möglich. Spontan (ohne menschliches Zutun) sind bereits einige auch große Lawinen zu erwarten.

    Stufe 4 - groß: Eine Auslösung ist bereits bei geringer Zusatzbelastung an zahlreichen Steilhängen wahrscheinlich. Spontan können viele große, mehrfach auch sehr große Lawinen abgehen.

    Stufe 5 - sehr groß: Spontan sind viele sehr große, mehrfach auch extrem große Lawinen selbst in mäßig steilem Gelände unter 30 Grad zu erwarten. (dpa)

    Angesichts der geschlossenen Skigebiete hatten sich viele Wintersportler Schneeschuhe oder eine Tourenski-Ausrüstung zugelegt. „Es nutzt aber nichts, ein LVS-Gerät und die Sicherheitsausrüstung dabeizuhaben, wenn man damit nicht umgehen kann“, sagt Bergführer und Lawinenexperte Bernd Zehetleitner aus dem Oberallgäuer Burgberg. Seit 24 Jahren organisiert seine Bergschule den Allgäuer Lawinentag, an dem Interessierte einen Einblick in die Lawinenkunde erhalten und die Anwendung der Sicherheitsausrüstung praktisch geübt wird. Doch wegen Corona fällt der Allgäuer Lawinentag genauso aus wie Kurse bei Alpenvereins-Sektionen oder Bergschulen. Können Online-Angebote solche Lawinenkurse ersetzen?

    Wenn nach einem Lawinenabgang ein Mensch verschüttet ist, zählt jede Sekunde

    „Nein“, sagt Bergführer Hafenmair. Digital-Schulungen könnten eine interessante Ergänzung sein, der Face-to-Face-Unterricht sei dadurch aber nicht zu ersetzen. Das sieht sein Kollege Bernd Zehetleitner genauso: „Das A und O ist die Praxis“, sagt der Bergführer. Beispielsweise müsse der Umgang mit dem LVS-Gerät, mit Schaufel und Sonde auch von erfahrenen Alpinisten regelmäßig geübt werden. Denn wenn nach einem Lawinenabgang ein Mensch verschüttet ist, zählt jede Sekunde.

    Lesen Sie dazu auch: Oberstaufener Tourismuschefin fordert Betretungsverbot für Tagesausflügler

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