Geht es nach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), ist die Corona-Testpanne inzwischen Geschichte: Ärgerlich seien die tagelang liegen gebliebenen Testergebnisse zwar gewesen. Aber: Fehler passieren. Also Mund abwischen und künftig besser machen – mit der politisch angeschlagenen Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Glaubt man einer aktuellen Meinungsumfrage von Sat.1 Bayern, trifft Söder mit diesem Kurs bei seinen Wählern auf Verständnis: 56 Prozent der CSU-Wähler halten das Festhalten an Huml für richtig.
Ist Huml etwa nur eine Rückfalloption im Notfall?
Eine Stimmung, die sich auch in der CSU-Führungsriege widerspiegelt. Allerdings sind es dort weniger persönliche als eher politiktaktische Überlegungen, die als Argumente für Söders Entscheidung bemüht werden: „Wen hätte er denn sonst als Gesundheitsminister nehmen können?“, fragt etwa ein führendes Mitglied der Landtags-CSU, der wie alle Gesprächspartner aus der Partei lieber anonym bleiben will. Auch die von Söder stolz verkündete Frauenquote im Kabinett wäre bei einem Huml-Abschied dahin gewesen. Ein alt gedienter CSUler hat eine egoistischere Erklärung für Söders Festhalten an Huml: Da man im Corona-Krisenmanagement mit weiteren Problemen rechnen müsse, halte sich der Ministerpräsident einen Notausgang offen: „Eine Entlassung Humls bleibt seine Rückfalloption, wenn noch mal was schiefläuft.“
Dabei liege der Kern der Probleme nicht bei Huml, sondern bereits in der Konstruktion des 2013 neu geschaffenen Gesundheitsministeriums, glaubt ein CSU-Fachexperte: „Diesem Haus fehlt es seit seiner Gründung an Fachlichkeit.“ Das Ministerium sei von Söders Amtsvorgänger Horst Seehofer (CSU) aus dem Boden gestampft worden, ohne für die notwendigen Strukturen zu sorgen. Die Aufteilung des Hauses auf zwei Amtssitze in München und Nürnberg habe diese Probleme noch verschärft. Söder, von 2008 bis 2011 als Umweltminister selbst für Gesundheit zuständig, habe daran nichts geändert. „Das ist ihm jetzt in der Krise schwer auf die Füße gefallen“, kritisiert der CSUler.
Auch die Aufteilung der Corona-Kompetenzen wird kritisch gesehen
Kritisch gesehen wird in der Partei jedoch vor allem die weitreichende Entmachtung Humls und die Aufteilung von Corona-Kompetenzen etwa auf das Innenministerium und die Staatskanzlei: Bei wichtigen Entscheidungen werde die fachlich zuständige Gesundheitsministerin gar nicht mehr gefragt, berichtet ein Insider: „Ihr wird gesagt, was sie tun soll, und wenn es nicht funktioniert, ist sie im Zweifel schuld.“ So bestehe die Gefahr, dass die Verantwortung zwischen den Ministerien künftig hin und her geschoben werde: „Im Krisenfall kann so etwas ernste Folgen haben.“
Ein anderes Ex-Regierungsmitglied ist hier weniger pessimistisch: Schon heute liefen alle Corona-Fäden in Söders Staatskanzlei zusammen. Dort liege es an Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) als „Corona-Koordinator“, den Überblick zu behalten: „Wenn der Florian weiter so gut funktioniert wie bisher, sehe ich da für Söder keine allzu großen Gefahren.“
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