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Foto: Sven Hoppe, dpa
Foto: Sven Hoppe, dpa

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sind nicht immer einer Meinung. Das führt immer wieder zu Spannungen innerhalb der Regierungskoalition – so auch diese Woche wieder.

Corona-Regeln in Bayern
24.01.2021

Gefrotzel zwischen Söder und Aiwanger: Das Rumoren in der Koalition wird lauter

Von Michael Böhm

Zum wiederholten Mal legt sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger wegen der Corona-Regeln mit Ministerpräsident Markus Söder an. Kann das auf Dauer gut gehen?

Glaubt man der Redewendung, dass sich neckt, was sich liebt – man könnte das jüngste Gefrotzel zwischen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und seinem Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) als politische Liebesbekundung abtun. Da sagt der eine, Aiwanger, dass die strengen Corona-Regeln doch zeitnah aufgelockert werden könnten und sollten. Da stichelt der andere, Söder, dass er da deutlich weniger euphorisch und das Hin und Her zwischen ihm und „dem Hubert“ ein Ritual der Regierungskoalition sei. Am Ende treffe man die Entscheidungen dann aber doch gemeinsam. So wie man es in einer guten Beziehung eben tut.

Das Problem dabei: Mit einer Liebesbeziehung hat das Verhältnis der beiden schon seit Beginn der gemeinsamen Regierungszeit im Freistaat nicht viel zu tun. Zu groß war 2018 die Enttäuschung der CSU, die Alleinherrschaft in Bayern bei der Landtagswahl verloren zu haben. Zu groß war der Missmut, ausgerechnet den Freien Wählern, dem Fleisch aus dem Fleisch der CSU, einen Teil der Macht abgeben zu müssen.

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Dazu noch die Skepsis davor, mit Hubert Aiwanger, mit dem man in der Vergangenheit schon des Öfteren aneinandergeraten war, gemeinsame Sache zu machen. Doch aus der Not wurde eine Tugend, aus CSU und Freien Wählern eine Koalition und aus dem Hubert und dem Markus ein Duett an der Spitze des Freistaats. Es muss ja nicht immer die große Liebe sein.

Corona-Rollenverteilung: Söder entscheidet, Aiwanger stimmt zu

Dann kam Corona. Ein Virus, das Menschen tötet, Gesellschaften spaltet, das öffentliche Leben in Ausnahmezustände versetzt – und Regierungen auf der ganzen Welt auf die Probe stellt. Auch in Bayern. Ganz speziell in Bayern. Denn hier machte sich fortan Markus Söder daran, dem Virus ganz persönlich die Stirn zu bieten, sich zum durchgreifenden und strengen Corona-Bekämpfer zu stilisieren – und dabei seinen Koalitionspartner immer kleiner aussehen zu lassen. Die Rollen waren, zumindest nach außen hin, klar verteilt: Söder entscheidet, Aiwanger stimmt zu. Söder gefiel’s, Aiwanger grummelte. Meistens leise. Mittlerweile aber immer lauter. Und öfter.

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So wie diese Woche, als Aiwanger, seinem Amt als Wirtschaftsminister entsprechend, eine baldige Öffnung von Hotels und Skiliften forderte und dabei seine Amtskollegen aus den Ländern in die Pflicht nahm, nicht „wieder wie Kaninchen vor der Schlange warten, was von Frau Merkel und der Ministerpräsidentenkonferenz aus Berlin kommt“. Am Freitagabend erhielt er dafür zwar einen Rüffel von Söder, der auf dem Neujahrsempfang der CSU die forschen Töne Aiwangers, ohne dessen Namen zu nennen, geißelte.

Aiwanger legt nach und kassiert Söder-Rüffel

Doch Aiwanger legte am Samstag beim Neujahrsempfang der Freien Wähler gleich nach und erklärte, mit seinen Forderungen, Hotels und Schulen nicht monatelang geschlossen zu halten, „an der medizinischen, an der wissenschaftlichen Debatte sehr nah dran“ zu sein. „Was 14 Tage richtig ist, muss nicht vier Monate richtig sein“, sagte er und sprach sich dafür aus, Einrichtungen und Betriebe wieder zu schließen, wenn denn die Infiziertenzahlen plötzlich „völlig davon“ liefen. Ein Hin und Her, vor dem Söder in der Vergangenheit regelmäßig gewarnt hatte.

 

Wäre Aiwanger in der CSU – er wäre seinen Posten als Wirtschaftsminister vermutlich schneller los, als ihm lieb sein könnte. Ist er aber nicht. Und so profitiert der Freie-Wähler-Chef davon, dass Söder in diesen Zeiten – in denen eine Pandemie zu bewältigen ist und zugleich eine Bundestagswahl samt Kanzlerentscheidung bevorsteht – nicht daran gelegen ist, im eigenen Land einen Koalitionszoff oder gar -bruch zu riskieren. Gleichzeitig arbeitet Parteistratege Aiwanger daran, dem Bedeutungsverlust der Freien Wähler in Bayern (zuletzt lagen sie in Umfragen bei acht Prozent) entgegenzuwirken.

Dass manch einer ihn mittlerweile schon als „Oppositionsminister“ bezeichnet, dürfte ihm eher schmeicheln als ihn stören. Schwierig wird es allerdings dann, wenn die nächste Kabinettssitzung ansteht. Poltern, fordern und dem Ministerpräsidenten widersprechen ist das eine. Entscheidungen treffen ist das andere. Zuletzt hat Aiwanger die Verlängerung des Lockdowns in Bayern im Kabinett mitbeschlossen. Ohne zu murren, wie es hieß. (mit dpa)

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