Erst am Donnerstagabend einigten sich Bund und Länder auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie – und schon am Freitag schärfte die bayerische Staatsregierung noch einmal nach. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte eindringlich: „Die vierte Welle ist noch schlimmer und heimtückischer“, sagte er nach einem Treffen des Koalitionsausschusses. „Diese Entscheidungen fallen nicht leicht und machen keinen Spaß. Aber sie sind notwendig. Denn die Inzidenz läuft hoch und die Betten voll.“
Neue Corona-Regeln: In Bayern ist die Lage besonders ernst
Grundsätzlich gilt in Bayern zunächst einmal das, auf was sich Bund und Länder bei ihrem Treffen geeinigt haben: eine Testpflicht für Besucherinnen und Besucher sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen sowie 3G am Arbeitsplatz und im öffentlichen Nahverkehr. Darüber hinaus wird der Zugang zu Freizeiteinrichtungen, Kultur- und Sportveranstaltungen, zur Gastronomie und körpernahen Dienstleistungen auf 2G beschränkt, wenn die Hospitalisierungsrate den Wert 3,0 überschreitet. Diese Zahl gibt an, wie viele Corona-Infizierte pro 100.000 Menschen in den vergangenen sieben Tagen ins Krankenhaus kamen. Ab einer Hospitalisierungsrate von 6,0 gilt dann sogar 2G plus, auch Geimpfte und Genesene müssen dann einen Test vorweisen.
Weil in Bayern die Lage besonders ernst ist – die Inzidenz kletterte am Freitag auf 625, die Hospitalisierungsrate auf 9,2 – verständigten sich CSU und Freie Wähler am Freitag auf verschärfte Maßnahmen. Söder: „Wir setzen auf ein Stufenmodell: blocken, bremsen und boostern.“ Vor allem Ungeimpfte werden von Mittwoch an von den Einschränkungen betroffen sein. Es dürfen sich dann nur noch maximal fünf Personen aus zwei Haushalten treffen, Kinder unter zwölf und Geimpfte zählen nicht dazu.
Discos, Clubs und Bordelle müssen für die nächsten drei Wochen schließen
Auch die 2G-Regelungen für Geimpfte und Genesene werden in Bayern verschärft. Sie gelten ergänzend zu den Beschlüssen von Bund und Ländern auch für körpernahe Dienstleistungen, zum Beispiel Friseure oder Kosmetikstudios, sowie für Hochschulen und vergleichbare Bildungseinrichtungen wie Musik- und Fahrschulen. Ausgenommen sind davon medizinische, therapeutische und pflegerische Dienstleistungen sowie der Handel. Dort gilt allerdings die Auflage, dass auf zehn Quadratmeter Verkaufsfläche nur noch ein Kunde oder eine Kundin kommen darf.
Für Kultur- und Sportveranstaltungen wird zum Mittwoch 2G plus eingeführt – mit einer zusätzlichen Obergrenze für Zuschauer von 25 Prozent der Auslastung sowie Abstands- und Maskenpflicht. Auch für Freizeiteinrichtungen und Messen benötigen Genesene und Geimpfte einen negativen Corona-Test. Darüber hinaus wird für die Gastronomie eine Sperrstunde ab 22 Uhr eingeführt, Schankwirtschaften, Discos, Clubs und Bordelle müssen für die nächsten drei Wochen ganz schließen. „Und auch alle Jahrmärkte und Weihnachtsmärkte müssen wir absagen“, sagte Söder. „Dort kommt es einfach zu unzähligen Kontakten und Kontrollen sind dort kaum möglich.“ All diese Regelungen gelten landesweit und vorerst bis zum 15. Dezember.
Ausnahmen von den Verschärfungen gibt es für Kinder und Jugendliche
Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) kündigte für Kinder und Jugendliche einige Ausnahmen an. Schulen und Kitas bleiben offen und Schulen im normalen Präsenz-unterricht, sagte er. „Sie sind soziale Orte, die Struktur geben.“ In Kindertagesstätten sollen flächendeckend Pooltests aufgebaut werden. Für den Schulsport drinnen gilt eine Maskenpflicht, draußen an der frischen Luft dürfen die Kinder ohne Maske Sport machen. Zudem sollen auch an Mittelschulen, insbesondere in der 5. und 6. Klasse, Pooltests aufgebaut werden.
Doch weil sich die Lage in einigen Landkreisen in Bayern von Tag zu Tag derart verschlimmert, führt die Staatsregierung außerdem eine neue Hotspot-Regelung ein. „Bei Inzidenzen von über 1000 reichen die Maßnahmen nicht mehr aus“, so Söder. „Hier braucht es eine harte Notbremse, die dann für alle gilt, auch für Geimpfte und Genesene.“ Am Freitag lagen bereits acht Landkreise in Bayern darüber. In Schwaben waren die Kreise Unterallgäu, Oberallgäu und Ostallgäu mit jeweils einer Inzidenz von um die 800 mit am nächsten an dieser Schwelle. Ab Mittwoch wird es überall dort, wo die Sieben-Tage-Inzidenz den Wert 1000 übersteigt, keine Freizeit-, Sport- und Kulturveranstaltungen mehr geben. Die Gastronomie wird schließen ebenso wie Hotels, körpernahe Dienstleistungen und Sport- und Kulturstätten. Studenten und Studentinnen können dann auch nicht mehr zu ihrem Vorlesungen in Präsenz gehen, es sind nur noch digitale Formate gestattet. Der Handel bleibt auch in Hotspots weiter geöffnet – allerdings verschärft sich die Regel, sodass auf 20 Quadratmeter nur noch ein Kunde oder eine Kundin kommen dürfen. CSU und Freie Wähler haben sich auch auf ein Ende der Hotspot-Regelung verständigt: Eben dann, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf Tagen in Folge unter 1000 liegt mit weiterer Tendenz nach unten.
Dass Operationen verschoben werden müssten, sei ein unglaublicher Zustand
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) stellte sich am Freitag entschieden hinter die Maßnahmen. „Wer nicht glaubt, dass die Situation ernst ist, dramatisch und besorgniserregend, der muss nur mit Pflegekräften und Ärzten sprechen“, sagte der Minister in München. Dass Operationen verschoben werden müssten, nannte Holetschek einen Zustand, der eigentlich unglaublich sei. Und Neuinfektionen von heute kämen erst in zwei Wochen in den Krankenhäusern an.