Die Welt ist im Ausnahmezustand, unser Alltag durch eine Vielzahl an Regeln beschränkt. Vorschriften wie die Maskenpflicht sollen eine weitere Eskalation der Pandemie bremsen. Regeln werden aber bekanntlich durch Ausnahmen bestätigt. Und deshalb existieren solche auch bei der Maskenpflicht. Ausnahmen vom Ausnahmezustand quasi.
Kinder unter sechs Jahren müssen keine Maske tragen, ebenso wenig wie Menschen mit bestimmten Krankheiten. Herzschwäche beispielsweise, Asthma oder anderen chronischen Lungenerkrankungen. Außerdem kann die Maske abgenommen werden, um mit Menschen zu kommunizieren, die unter Hörschwäche leiden.
Ausnahme von der Maskenpflicht: Ein Attest kann ein Beweise sein, Pflicht ist es nicht
Das erleichtert diesen Menschen den Alltag. Schafft aber auch Probleme. Die Betroffenen müssen ständig und überall beweisen, dass sie unter einer Krankheit leiden. Ein Attest kann als Beweis dienen. Eine gesetzliche Attestpflicht gilt aber nicht. Der Grund: Medizinische Informationen sind sensible Informationen. Sie unterliegen strengen Datenschutzrichtlinien.
Nicht ohne Grund besteht in Deutschland eine ärztliche Schweigepflicht. Eine Attestpflicht würde dieses Recht auf Datenschutz aushöhlen. Betroffene müssten immerzu herumzeigen, welche Krankheit bei ihnen diagnostiziert wurde. Im Zug, im Café, im Taxi. Dazu darf niemand gezwungen werden. Gleichzeitig sollen Maskenverweigerer diese Regel nicht für ihre egoistischen Zwecke ausnutzen dürfen.
Attest bei Maskenpflicht: Das gilt in Bayern
Die Bundesländer haben dafür Regeln ausgearbeitet. In Bayern finden sich diese Vorschriften in der siebten bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Die lässt jedoch einiges an Interpretationsspielraum zu. Im Zentrum der Vorschrift steht die Formulierung „glaubhaft machen“. Wörtlich heißt es da in § 1 Abs. 2 Nr. 2: „Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, sind von der Trageverpflichtung befreit.“
Was unter „glaubhaft machen“ zu verstehen ist, wird nicht konkretisiert. Das Gesundheitsministerium sagt dazu auf Anfrage unserer Redaktion: „Glaubhaftmachung bedeutet, dass mit den zur Verfügung stehenden Mitteln das Gegenüber überzeugt wird, dass eine Befreiung von der Trageverpflichtung vorliegt.“
Das kann in verschiedenen Formen erfolgen. Zum Beispiel können Betroffene ein ärztliches Attest oder einen Schwerbehindertenausweises vorlegen. Unter Umständen kann aber auch der Augenschein ausreichen, beispielsweise wenn jemand ein Sauerstoffgerät trägt. „Die Beurteilung, ob eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit glaubhaft gemacht wurde, richtet sich nach den konkreten Einzelfallumständen“, heißt es vom Ministerium.
Wer kein Attest vorlegt, wird es schwer haben, die Krankheit zu beweisen
Wer im Alltag ohne Maske herumläuft, muss zunächst von staatlicher Seite kein Attest vorlegen. Das heißt aber noch lange nicht, dass man ohne Maske und Attest in jedes Café spazieren kann. Denn es gilt das Hausrecht. Sprich: Die Café-Besitzerin, der Taxi-Fahrer, die Schaffnerin im Zug entscheiden selbst, wem sie die Krankheit glauben und wem nicht. Gleiches gilt für die Polizei. Die Beamten entscheiden, wem sie ein Bußgeld aufbrummen.
Eine weitere Möglichkeit, eine Krankheit nachzuweisen, wäre ein pauschales Attest. Eine formlose ärztliche Befreiung also, auf der die Diagnose nicht genannt wird. Das Verwaltungsgericht Würzburg wollte diese in einem Urteil vom September jedoch nicht anerkennen. Hier bestehe die Gefahr, dass Ärzte Atteste aus Gefälligkeit austellen. „Für eine Glaubhaftmachung bedarf es somit - wie auch in anderen Rechtsgebieten - ärztlicher Bescheinigungen, die konkrete und nachvollziehbare Angaben enthalten“, hieß es damals in der Entscheidung des Gerichts.
Auch die Bundespolizei warnte im August, dass ein solches Attest nicht von der Pflicht befreit, an Bahnhöfen und in Bussen und Bahnen eine Maske zu tragen. In der Vergangenheit hatten Ärzte Blanko-Atteste im Internet angeboten. Nutzer mussten nur Namen und Adresse eintragen und erhielten eine vermeintliche Befreiung von der Maskenpflicht. Für Kontrolleure oder die Polizei ist es jedoch schwierig, diese selbst ausgefüllten Atteste aus dem Netz von zulässigen zu unterscheiden. Deshalb werden sie häufig nicht akzeptiert. Die Polizei warnte außerdem, mit dem Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse mache man sich strafbar.
Wer also kein Attest vorlegt, wird es schwer haben, die Krankheit zu beweisen. Das Attest ist keine Pflicht. Aber eben doch ein wichtiges Mittel, um die Krankheit zu beweisen. Wer es vorzeigt, ist auf der sicheren Seite.
Wie trifft die Corona-Krise die Gastronomie? Hören Sie sich dazu unseren Podcast von Juni 2020 aus der Reihe "Augsburg, meine Stadt" an:
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