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Corona: Pflegeplatz verzweifelt gesucht: Corona verschärft das Problem

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Pflegeplatz verzweifelt gesucht: Corona verschärft das Problem

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    Auch wenn der allgemeine Aufnahmestopp für Pflegeheime am 25. Mai ausgelaufen ist, gibt es in Zeiten von Corona trotzdem Schwierigkeiten, einen Platz in einem Pflegeheim zu bekommen.
    Auch wenn der allgemeine Aufnahmestopp für Pflegeheime am 25. Mai ausgelaufen ist, gibt es in Zeiten von Corona trotzdem Schwierigkeiten, einen Platz in einem Pflegeheim zu bekommen. Foto: Christoph Schmidt, dpa

    Peter Köhler macht sich große Sorgen. Der Augsburger ist rechtlicher Betreuer einer 86-jährigen Frau, die an Demenz und Diabetes erkrankt ist. Sie lebt alleine, doch mittlerweile kommt es immer häufiger vor, dass sie orientierungslos ist und zum Beispiel ohne Schuhe das Haus verlässt, berichtet Köhler in einem Gespräch mit unserer Redaktion. „Diese Situation kann ich nicht mehr zulassen“, sagt er. „Als rechtlicher Betreuer bin ich ja verantwortlich für ihre Gesundheit.“

    Peter Köhler sucht dringend einen Platz in einem Pflegeheim für die Seniorin. „Aber bisher war es unmöglich, einen zu bekommen“, erzählt Köhler. Der Grund: Alle Heime, bei denen er angefragt hatte, verlangen für die Aufnahme einen negativen Coronatest. Doch weder der Hausarzt noch der kassenärztliche Bereitschaftsdienst noch das örtliche Gesundheitsamt in Augsburg würden einen Test bei der Frau durchführen, berichtet Köhler. „Ich bekomme immer dieselbe Information: Die Vorgabe ist wohl, dass nur die Menschen getestet werden, bei denen ein begründeter Verdacht auf das Coronavirus besteht oder die Kontakt zu Infizierten hatten. Aber das ist bei der Dame nicht der Fall.“

    VdK-Expertin spricht von "Flickenteppich"

    Wie die 86-jährige Frau sind momentan viele Senioren auf einen Pflegeplatz im Heim angewiesen. Doch einen zu bekommen, ist in Zeiten von Corona schwierig. Das bestätigt Yvonne Knobloch, Leiterin des Bereichs Leben im Alter beim Sozialverband VdK, die im Bereich Pflege ganz unterschiedliche Probleme beobachtet. „Jedes Heim erstellt, basierend auf Handlungsempfehlungen des bayerischen Gesundheitsministeriums, ein individuelles Schutzkonzept für das eigene Haus. Dadurch entsteht ein bayernweiter Flickenteppich, weil jede Einrichtung es ein bisschen anders macht“, sagt sie.

    In dieser Empfehlung heißt es beispielsweise: Spätestens 48 Stunden vor Einzug sollte ein ausführliches Screening durch den behandelnden Arzt durchgeführt werden. Besonderer Wert sollte auf eine Sars-CoV-2-Testung gelegt werden. Doch die Heime in Bayern legen diese Empfehlung ganz unterschiedlich aus, erklärt Knobloch. „Die einen verlangen einen Zweifachabstrich, andere wiederum nehmen überhaupt keine Personen aus dem häuslichen Umfeld mehr auf, sondern nur, wenn sie direkt aus dem Krankenhaus kommen.“

    Das Gleiche beobachtet die VdK-Expertin auch bei den Besuchsregelungen in den Pflegeheimen. „Die einen gestatten Besuche nur im Beisein der Pflegekraft für eine halbe Stunde in Woche, andere nur außerhalb der Einrichtung ohne zeitliche Begrenzung. Und viele Heime im ländlichen Raum sind noch gar nicht so weit zu öffnen, weil sie noch dabei sind, das Hygienekonzept zu erstellen.“ Dort könnten momentan noch überhaupt keine Plätze vermittelt werden.

    Gleiches beobachtet Knobloch auch im Bereich der Tagespflege, die ja auch für die Angehörigen wichtig ist, die ja in diesen Tagen oft wieder aus dem Homeoffice zurück ins Büro müssen und dann auf Hilfe bei der Betreuung angewiesen sind. „Sie haben kaum Entlastungsmöglichkeiten und sie sind aus meiner Sicht in der Corona-Krise total vergessen worden.“

    Augsburger will sich damit nicht abfinden

    Mit der Situation seiner Betreuten will sich Peter Köhler nicht abfinden. „Ich will alles für ihre Sicherheit tun, damit sie ein gefahrenfreies Leben führen kann.“ Er fordert, dass es für die Menschen, die dringend einen Pflegeplatz brauchen, Ausnahmen gelten und sie trotzdem getestet werden sollten.

    Eine Forderung, die Heinz Münzenrieder, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schwaben, nachvollziehen kann. Er hält es für sinnvoll, dass Pflegeheime vor der Aufnahme Tests verlangen, um die Senioren – eine Risikogruppe – vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Und er kann auch die Haltung der Behörden nachvollziehen. „Irgendwo muss es Regeln geben. Sonst könnte ja jeder, wann er will, kommen und sich testen lassen.“ Doch

    Wer bezahlt den Corona-Test?

    Aber was bedeutet das eigentlich? Das Gesundheitsamt Augsburg teilt auf Nachfrage mit: Bei Vorliegen einer „medizinischen Indikation, sprich Infektionszeichen“ ist die „ambulante vertragsärztliche Versorgung für die Durchführung von Tests“ zuständig – zum Beispiel der Hausarzt oder der kassenärztliche Bereitschaftsdienst. Die „Durchführung nach epidemiologischen Kriterien zur Eindämmung oder Prävention eines Ausbruchsgeschehens (Testung von Kontaktpersonen, Reihentestungen im Rahmen eines Ausbruchs) nachdem Infektionsschutzgesetz liegt in der Zuständigkeit der öffentlichen Gesundheitsbehörden (Gesundheitsamt)“. Das bedeutet: Bisher gibt es Tests auf Kassenkosten in der Regel nur bei Infektionsverdacht – also wenn man Symptome wie Fieber, Husten und Halsschmerzen zeigt. Tests bei Patienten ohne Symptome werden nach der aktuellen Rechtslage nicht von der Krankenkasse übernommen, erklärt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums.

    Dass für die 86-Jährige vielleicht doch Hoffnung auf einen Heimplatz besteht, darauf lässt sich aus einer kürzlich verkündeten Verordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schließen. Daraus ergeht, dass im Kampf gegen das Coronavirus auch Tests ohne akute Krankheitsanzeichen auf breiter Front möglich sein sollen – besonders in sensiblen Bereichen wie Kliniken, Pflegeheimen, Schulen und Kitas. Das bestätigt auch ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums: Demnach könnten die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet werden, bestimmte Tests auch bei Personen ohne Symptome zu bezahlen. (mit dpa)

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