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Corona-Pandemie: Wir klären Sorgen und Mythen rund um die Corona-Impfung

Corona-Pandemie

Wir klären Sorgen und Mythen rund um die Corona-Impfung

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    Impfen lassen oder nicht? Viele Deutsche sind sich noch unsicher. Die Impfkampagne gerät ins Stocken.
    Impfen lassen oder nicht? Viele Deutsche sind sich noch unsicher. Die Impfkampagne gerät ins Stocken. Foto: Christian Charisius, dpa (Symbolbild)

    Immer weniger Menschen lassen sich aktuell impfen. Viele Menschen sorgen sich, sind skeptisch oder sind durch falsche Informationen verwirrt. Wir haben Sorgen und Mythen rund um die Corona-Impfung unter die Lupe genommen.

    Wie wirksam sind die verschiedenen, aktuell zugelassenen Impfstoffe gegen Corona-Varianten?

    Alle derzeit in Deutschland zugelassenen Covid-Impfstoffe wirken auch bei den bisher bekannten Covid-19-Mutationen, heißt es vom Bundesministerium für Gesundheit. Wenn ein Impfstoff nicht mehr ausreichend gegen eine Mutation schützen sollte, könnten die Impfstoffe innerhalb relativ kurzer Zeit weiterentwickelt werden. „Die Delta-Variante ist in Deutschland absolut dominierend. Seit Wochen sind bei uns in der Klinik nur Patienten und Patientinnen, die sich mit der Delta-Variante infiziert haben“, sagt Prof. André Fuchs, Infektiologe und Oberarzt der Infektionsstation am Universitätsklinikum Augsburg. Es gebe auch Impfdurchbrüche, also Fälle, in denen Personen trotz Impfung an Covid-19 erkranken. Aber die Verläufe seien deutlich schwächer als bei vielen nicht geimpften Person.

    Sind alle Impfstoffe gleich vertrauensvoll oder soll ich lieber auf einen Totimpfstoff warten?

    Alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe sind vertrauensvoll, wie Prof. Clemens Wendtner, Immunologe und Chefarzt der München Klinik Schwabing berichtet. Totimpfstoffe, die nur abgetötete Krankheitserreger, die sich nicht mehr vermehren können, enthalten, sollen voraussichtlich erst im ersten Quartal 2022 auf den Markt kommen. "Die vierte Welle wird voraussichtlich so richtig ab November oder Dezember anrollen. Eine Impfung Anfang 2022 ist dann zu spät", sagt Wendtner. Es sei wünschenswert, dass es immer weitere Impfstoffe gebe, die den klassischen Impfstoffen wie der Grippeschutzimpfung entsprechen, aber die aktuell verfügbaren Impfstoffe seien genauso gut.

    Wie sieht es mit Auffrischungsimpfung aus?

    Bereits seit dem 1. September können Ärzte in Deutschland Auffrischungsimpfungen verabreichen. Nach der Coronavirus-Impfverordnung ist dies theoretisch bei allen Menschen möglich, deren vollständige Impfung sechs Monate zurückliegt und für die überhaupt Impfstoffe zugelassen sind. Nachdem sich die Ständige Impfkommission (Stiko) länger nicht dazu geäußert hatte, kündigte sie nun an, eine offizielle Empfehlung für die bereits angelaufenen Corona-Auffrischungsimpfungen aussprechen.

    "Die Stiko empfiehlt abgestufte Auffrischungsempfehlungen für Menschen mit Immundefekten oder Erkrankungen, bei denen das Immunsystem medikamentös reguliert wird, etwa bei Rheuma oder nach einer Transplantation", sagte Stiko-Vorsitzender Thomas Mertens den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Gültig wird die Empfehlung in ein paar Tagen, sobald diese offiziell veröffentlicht ist. Eine generelle Empfehlung für bestimmte Altersgruppen gibt es derzeit nicht. Wendtner gibt die Einschätzung, dass eine Auffrischungsimpfung aktuell ältere und immungeschwächte Menschen erhalten sollten. Hier komme zum Tragen, dass bei älteren Menschen das Immunsystem nicht mehr so aktiv sei. Auch für Krankenhaus- und Pflegepersonal sei laut Wendtner aufgrund des Kontaktes zu den Patienten eine dritte Impfung empfehlenswert.

    Welcher Impfstoff ist für die "Booster-Impfung" sinnvoll?

    Ein mRNA-Impfstoff ist für eine dritte Impfung die beste Wahl. Die mRNA-Impfstoffe, wie etwa Biontech und Moderna, seien für die dritte Impfung geeigneter als Vektorimpfstoffe von AstraZeneca oder Johnson & Johnson, erklärt Wendtner. Vektorimpfstoffe könnten bei der Drittimpfung Nebenwirkungen hervorrufen.

    Professor Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing, behandelte dort mit seinem Team die ersten Covid-Patienten Deutschlands.
    Professor Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing, behandelte dort mit seinem Team die ersten Covid-Patienten Deutschlands. Foto: München Klinik Schwabing, dpa

    Stimmt es, dass ein Impfstoff, der so schnell entwickelt und getestet wurde, nicht sicher sein kann?

    Die in Deutschland zugelassenen Covid-19-Impfstoffe haben alle Studienphasen mit einer hohen Zahl von Studienteilnehmern durchlaufen. Aus diversen Gründen kamen die Studien so schnell voran: Coronaviren werden bereits seit 2003 erforscht und mRNA-Impfstoffe waren weit entwickelt. Zusätzlich beschleunigten der München Klinik zufolge staatliche Gelder und behördliche Priorisierungen den Produktionsaufbau und die Zulassung. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) sowie die Ständige Impfkommission (Stiko) bestätigten die Impfstoffe unabhängig voneinander. "Die Impfstoffe sind in Deutschland strikten Zulassungen unterworfen worden“, erklärt Covid-19-Experte Wendtner.

    Führt die Impfung zu Unfruchtbarkeit bei Frauen?

    „Das ist ein Mythos, der sich durch viele Impfkampagnen zieht“, sagt Prof. Christoph Scholz, Chefarzt für Frauenheilkunde an der München Klinik Harlaching. Es gebe weder einen Beleg für diese These noch eine wissenschaftlich nachvollziehbare Kausalkette in diese Richtung. Es gibt keine vermehrte Unfruchtbarkeit und keine erhöhte Zahl an Fehlgeburten oder an Fehlbildungen.

    Die Frage nach der Unfruchtbarkeit begleitet Scholz seit dem Start der Corona-Impfungen. Er macht sich Sorgen, dass es, wenn sich weiterhin eine größere Gruppe junger Frauen nicht impfen lässt, in Zukunft viele nicht geimpfte Schwangere geben wird. „Wir sehen in unserer Klinik, aber auch an anderen in Deutschland, schwere Verläufe bei Schwangeren“, sagt Scholz. Wenn eine junge Mutter mehrere Wochen auf der Intensivstation liege, sich lange erholen müsse und das Kind dadurch mehrere Monate nicht sehen könne – dann sei das eine Katastrophe.

    Die Ständige Impfkommission hat erst Mitte September Schwangeren und Stillenden endgültig die Impfung empfohlen. Warum gab es diese Empfehlung zuerst nicht?

    Eine Empfehlung muss sich immer auf eine gute Datenbasis stützen. Lange lagen nur wenige Daten zur Impfung von Schwangeren vor. Nicht geimpften Schwangeren empfiehlt die Stiko seit 17. September eine Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ab dem zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel. „Bei den Empfehlungen für Impfungen ist die grundsätzliche Haltung zunächst einmal, nicht zu schaden. Bei jedem Medikament und jeder Intervention wird potenzieller Schaden gegenüber Nutzen gestellt“, sagt Scholz.

    Prof. Christoph Scholz, Chefarzt für Frauenheilkunde an der München Klinik Harlaching.
    Prof. Christoph Scholz, Chefarzt für Frauenheilkunde an der München Klinik Harlaching. Foto: München Klinik

    Aber: „Die Daten zeigen, dass im Vergleich bei Frauen im ähnlichen Alter häufiger Schwangere auf der Intensivstation behandelt werden müssen. Das Risiko einer schweren Erkrankung ist im Vergleich größer“, sagt Scholz. Der Mediziner hat die Beobachtung gemacht, dass schwangere Frauen sich oft impfen lassen möchten, um ihr Kind durch sogenannten "Nestschutz" zu sichern. Als "Nestschutz" oder Leihimmunität wird der zeitliche Schutz von Neugeborenen gegen einige Krankheitserreger genannt.

    Macht die Corona-Impfung Männer impotent?

    Es gibt keine Hinweise darauf, dass eine Schutzimpfung impotent macht. Der Münchner Urologe Dr.Axel-Jürg Potempa berichtet aber im Rahmen der Faktenfuchs-Inforeihe des Bayerischen Rundfunksvon mehr als 50 Männern, die nach einer Corona-Infektion „eine signifikante Erektionsstörung entwickelten". André Fuchs vom Universitätsklinikum Augsburg sagt dazu: „Wenn man die beeinträchtigte Libido durch Long Covid mit einbezieht, dann macht eine Corona-Infektion eher impotent als eine Impfung."

    Schadet die Impfung mir, wenn ich Vorerkrankungen habe?

    Jeder Fall ist individuell. Nicht für jede Person, die unter einer Vorerkrankung leidet, verläuft eine Infektion mit dem Coronavirus schwer. des Herz-Kreislauf-Systems und der Lunge, Lebererkrankungen, Zuckerkrankheit oder Krebs. Bei persönlichen Fragen sollten sich Menschen mit den Bedenken um eine Impfung mit Hausarzt oder der Hausärztin besprechen. „Mittlerweile haben sich auch infektiologische Beraternetzwerke gebildet, an die sich medizinisches Personal wenden kann, um einzelne Patienten zu besprechen und Impfindikation gemeinsam zu entscheiden“, berichtet Fuchs.

    An Corona zu erkranken ist für junge Menschen nicht so schlimm. Also muss ich mich nicht impfen lassen, oder?

    Nein. Ältere Menschen sind zwar besonders gefährdet, an Covid-19 zu sterben, aber bis zu zehn Prozent aller Erkrankten in jedem Alter spüren Langzeitfolgen wie ständige Erschöpfung, Luftnot oder Konzentrationsstörungen, schätzt die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Wendtner von der München Klinik Schwabing gibt zu bedenken: "Am eigentlichen Beginn eines Lebens können die Long-Covid-Folgen für einen jungen Menschen bedeuten, dass er oder sie schulunfähig oder depressiv werden kann." Long Covid ist unabhängig vom Verlauf und vom Alter möglich. André Fuchs von der Uniklinik Augsburg ergänzt: „Es gibt Hochrisikopatienten, die wir nur durch eine Herdenimmunität in der Gesellschaft schützen können. Das sollte man auch in Betracht ziehen, wenn man überlegt, sich impfen zu lassen."

    Auch Geimpfte können Corona übertragen. Also ist eine Impfung unnötig, oder?

    „Infizierte können die Coronaviren übertragen, aber in einem sehr viel geringeren Ausmaß als eine nicht geimpfte Person“, sagt Fuchs. Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Menschen angesteckt werden, sei nicht null, aber deutlich reduziert. Geimpfte können sich zwar auch infizieren, aber eine Impfung schwächt Ausmaß und Länge der Infektiosität ab.

    Bin ich einmal infiziert, bin ich ein Leben lang immun?

    Nein. "Untersuchungen haben belegt, dass die Immunität innerhalb von Monaten abnimmt. Eine Erkrankung ist nicht ausreichend, um eine Immunität gegen Corona zu entwickeln“, sagt Wendtner. Bei älteren Personen ab über 60 Jahren könne es nach sechs Monaten zu einem signifikanten Abfall der Antikörper kommen, wie Wendtner sagt.

    Kann die Corona-Impfung Krebs verursachen?

    Bisher wurde dem Bundesgesundheitsministerium zufolge in keinen Studien ein Zusammenhang zwischen der Impfung und Krebs festgestellt. Ein Impfstoff wird zugelassen, wenn er an ausreichend vielen Personen getestet wurde. Zudem muss die Wirkung gegenüber den aufgetretenen Nebenwirkungen auch deutlich überwiegen. In den durchgeführten Studien zur Untersuchung des Impfstoffs wurde ein solcher Zusammenhang nicht festgestellt.

    Kann ein mRNA-Impfstoff das Erbgut verändern?

    Es besteht kein Risiko, dass sich ein mRNA-Impfstoff in DNA integriert. Unter anderem ist das nicht möglich, weil RNA und DNA unterschiedliche chemische Strukturen haben. Es gibt laut dem Bundesgesundheitsministerium keine Hinweise darauf, dass die von den Körperzellen aufgenommenen mRNA nach der Impfung die DNA verändert.

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