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Corona-Pandemie: Werden bald neue Corona-Tests an bayerischen Schulen eingesetzt?

Corona-Pandemie

Werden bald neue Corona-Tests an bayerischen Schulen eingesetzt?

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    Watteröllchen lutschen statt mit Stäbchen in der Nase bohren: Der Corona-Test an den Münchner Schulen, die an der Virenwächter-Studie teilnahmen, kam bei den Kindern gut an.
    Watteröllchen lutschen statt mit Stäbchen in der Nase bohren: Der Corona-Test an den Münchner Schulen, die an der Virenwächter-Studie teilnahmen, kam bei den Kindern gut an. Foto: Lea Thies

    Als Heike Stark drei Wochen vor Ostern plötzlich einen Anruf bekam, wusste sie schon nach wenigen Minuten: Das ist ein Glücksfall. Ihre Schule war als eine von 17 Grundschulen für die dritte Phase der Pilotstudie "Münchner Virenwächter" ausgewählt worden, durch die ihre Schülerinnen und Schüler kostenlos den "Gold Standard" unter den Corona-Tests bekommen sollten. Ein Ärzteteam des Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und der Haunerschen Kinderklinik am LMU Klinikum München wollten ein neues Corona-Testverfahren ausprobieren, das besonders sicher und kinderfreundlich ist. "Das ist ein Konzept, das auch an anderen Schulen funktionieren würde", sagt Schulleiterin Stark nun rund zwei Monate nach besagtem Anruf.

    Kommen PCR-Tests an bayerische Schulen flächendeckend zum Einsatz?

    Am Freitag war das Ende der Praxisphase, nun werden die Ergebnisse evaluiert. Die Test-Erfahrungen der 250 Kindern aus der Schwanthalerhöhe spielen nun auch im Gesundheitsministerium eine Rolle, wenn darüber entschieden wird, ob und wie die PCR-Tests flächendeckend an Grundschulen angeboten werden sollen.

    Eine Woche nach dem Anruf ging es also los: Zwei Mal pro Woche nahm jedes Kind, das zum Unterricht in die Schule kam, ein Watteröllchen in den Mund, schob es nach zwei Minuten mit der Zunge in ein verschließbares Plastikröhrchen und legte diese Salivette in einen Transportbehälter, in dem alle Proben gesammelt und anschließend zum PCR-Test ins Labor nach Ebensberg gebracht wurden. Nach 15 Minuten war jede Klasse wieder im Unterricht und konnte weiterlernen. Am Abend bekamen die Eltern, die ihre Kinder zuvor digital für den Test anmelden mussten, das Testergebnis vom Labor aufs Handy geschickt.

    Kinder im Präsenzunterricht müssen derzeit zweimal pro Woche einen Corona-Selbsttest machen.
    Kinder im Präsenzunterricht müssen derzeit zweimal pro Woche einen Corona-Selbsttest machen. Foto: Matthias Balk, dpa (Symbolbild)

    Während an anderen Schulen die Stimmung mancher Eltern wegen der vom Freistaat verordneten Pflicht-Nasenbohrertests ihrer Kinder hochkochte, weil sie Verletzungen beim Testen und Stigmatisierungen beim Ergebniserfahren im Klassenzimmer befürchteten, sei die Aufregung an der Guldeinschule ausgeblieben. Watteröllchen statt Wattestäbchen erschien den meisten Eltern die bessere Wahl. "90 Prozent der Kinder ließen sich so testen. Für den Rest und Notfälle, die den QR-Code oder die neunstellige Nummer aus der Online-Registrierung vergessen hatten, gab es dann aber auch die Nasenbohrertests", sagt Heike Stark, die viel positive Rückmeldung von den Eltern bekommen habe. "Viele sind froh, dass sie ihre Kinder nun mit mehr Sicherheit und einem besseren Gefühl in die Schule schicken können", erklärt die Schulleiterin.

    PCR-Test an bayerischen Schulen: "Wir stehen alle hinter dem Konzept"

    Auch das Kollegium sei froh darüber gewesen, dass durch die als genau geltenden PCR-Tests ihr Ansteckungsrisiko niedriger gewesen sei. "Wir stehen alle hinter dem Konzept und haben uns reingehängt", sagt Heike Stark. Damit die Kinder auch Spaß am Testen hatten, wurde ihnen während des Tests Wunschmusik vorgespielt, sie durften ein bisschen ruhig mitwippen oder sie lösten per Handzeichen Quizfragen. Bei den meisten Jungen und Mädchen kamen die Salivettentests gut an – besser als die Wattestäbchen.

    Sebastian Vogel.
    Sebastian Vogel. Foto: privat

    An der Guldeinschule hatte es Coronafälle gegeben, die seien aber durch Umfeldtests in den Familien bekannt geworden, sagt Heike Stark. Die Virenwächter hätten kein infiziertes Kind gefunden – während der Testphase lief die Schule allerdings, wie alle anderen bayerischen Schulen auch, nicht im Regelbetrieb. Wie viele Fälle es unter den insgesamt rund 24.000 Tests gegeben habe, werde erst nach der Evaluierung des Projekts veröffentlicht. Studienleiter Sebastian Vogel (LGL) und Ulrich von Both (LMU) verraten jetzt aber schon: "Die Grundschulen in unserer Studie erwiesen sich nicht als Pandemietreiber. In der weiteren Analyse werden wir der Frage nach der Rolle der Grundschulen in der Pandemie noch weiter nachgehen."

    Verhältnismäßig wenige Corona-Infektionen an Münchner Grundschulen

    An den 17 Schulen, die 12,4 Prozent aller staatlichen Münchner Grundschulen ausmachen, habe es nur sehr wenige Infektionen gegeben, obwohl die Inzidenz in der Gesamtbevölkerung hoch war. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Grundschulen sehr gute Hygienekonzepte umgesetzt haben, vermuten die Ärzte. "Das aktuelle Grundschul-Setup mit Hygienekonzept erscheint uns effektiv und sicher", sagt von Both.

    Ulrich von Both
    Ulrich von Both Foto: privat

    Die Münchner Virenwächter sind eines von mehreren Pilotprojekten in Bayern, in denen Ärzte Lösungen suchen, wie Schulen bei einer nächsten Welle durch Test-Konzepte möglichst sicher offen gehalten werden können. In Regensburg und Erlangen erprobt Professor Michael Kabesch in der Wicovir Studie Gurgeltests, in Würzburg untersucht ein Team um Professor Johannes Liese und Professor Oliver Kurzai in der Wü-Kita-Cov-Studie Mundspültests an Kindergartenkindern. Im Gesundheitsministerium wird gerade darüber nachgedacht, eine dieser Methoden im neuen Schuljahr flächendeckend auszurollen. "Wir haben alle gute Ideen, wir ziehen alle an einem Strang", betont von Both.

    Salivettenmethode gilt als sicher und praktikabel

    Die Salivettenmethode habe sich an den Grundschulen als praktikabel und sicher gezeigt – und sei auch als Pooltest möglich. So könnten die Kosten verringert werden. "Neben einem kindgerechten, sicheren Testkonzept ist die Logistik ein wichtiges Thema und vielleicht der Hauptfaktor bei der Organisation flächendeckender Tests", erklärt Sebastian Vogel.

    Heike Stark.
    Heike Stark. Foto: Stark

    Tests seien ein Weg, um Schulen und Kitas offen zu halten, sind sich die Wissenschaftler der Studien einig. Auch für den Herbst, falls da eine vierte Welle komme. Heike Stark richtet sich schon darauf ein und geht davon aus, dass es zur heißen Phase im Herbst wieder Wechselunterricht und strengere Hygienepläne geben werde. Sie und ihr Kollegium notieren sich alle selbsterarbeiteten Lösungen im Schulalltag, die gut funktioniert haben, damit sie diese auf keinen Fall vergessen, wenn es wieder ernst wird. Am liebsten hätten sie auch die Salivettentests auf der Liste, doch ohne Ärzte und Sponsor kann die Schulfamilie die PCR-Tests nicht machen lassen.

    Nasenbohrertests nach den Pfingstferien

    Nach den Pfingstferien stehen voraussichtlich erstmal Nasenbohrertests an. "Es wäre hilfreich, wenn es jetzt mal ein funktionierendes Konzept gäbe, auf das wir uns verlassen dürfen und nicht andauernd etwas anderes schnell umgesetzt werden muss", sagt die Schulleiterin, "ich bin etwas enttäuscht, dass alles so furchtbar spät kommt, der erste Lockdown war vor einem Jahr."

    Für die Kinder sei es wichtig, dass sie wieder in die Schule gehen, in Gruppen lernen dürfen – ganz besonders für Jungen und Mädchen aus nicht-bildungsnahen Familien. Manche Kinder seien während der Schulschließungen nur schwer zu erreichen gewesen.

    Rektorin Heike Stark hat sich bereits beim Schulamt dafür eingesetzt, dass die Salivettentests auch nach den Pfingstferien an der Guldeinschule durchgeführt werden dürfen – bisher habe sie noch nichts gehört. Sie hofft nun wieder auf einen Anruf.

    Hier geht es zum Preprint der Studie.
    Hier sehen Sie ein Video von den Salvietten-Tests.

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