„Wir machen schön, nicht krank.“ Das stand auf vielen Plakaten, welche Friseure zu den Demonstrationen gegen die Salonschließungen mitbrachten. Seit dem 16. Dezember dürfen die Dienstleister in Bayern ihren Beruf wegen des verschärften Corona-Lockdowns nicht mehr ausüben.
In Memmingen, Marktoberdorf und Sonthofen gingen am Montag hunderte Menschen auf die Straße, ebenso in Regensburg und Ebersberg. Ihr Anliegen: Sie wollten auf ihre prekäre Lage aufmerksam machen und erreichen, dass sie bald wieder öffnen dürfen.
Allgäuer Friseure demonstrieren gegen Corona-Lockdown
Manche der 130 Ostallgäuer Friseure, die sich vor dem Marktoberdorfer Landratsamt versammelt hatten, hatten Kämme oder Roll-Hocker dabei. „Wir machen eine Demo, um uns Gehör zu verschaffen: Wir wollen am 1. Februar wieder öffnen“, sagte die Ostallgäuer Innungsobermeisterin Sandra Gareiß.
Sie berichtete von Senioren, die ihre Haare nicht selbst waschen können, und „Chemo-Patienten, die nicht mehr wissen, wo sie ihre Perücken her bekommen“. Dabei sei die Ansteckungsgefahr beim illegalen Haareschneiden in der Wohnung größer als im Salon mit Meisterpflicht, wo man auf hohe Hygienestandards achte. Das sieht Matteo Leggio, Obermeister der Friseur- und Kosmetikinnung Augsburg, ähnlich. Er zeigt Verständnis für die Not der Kollegen, welche gerade trotz des Lockdowns unerlaubt weiterarbeiten.
Friseure protestieren in Memmingen gegen Schließung der Salons
Der nächste Schauplatz: Memmingen. Dort demonstrierten etwa 200 Friseure vor der Stadthalle. Die Teilnehmer waren aufgerufen, neben ihrem Berufswerkzeug auch ein Grablicht, einen Meterstab und eine Maske für die nötigen Sicherheitsabstände mitzubringen. „Wir fordern zielgerichtete, unbürokratische Hilfen“, sagte Enrico Karrer, Obermeister von der Friseurinnung Memmingen-Unterallgäu.
Er prangerte zudem die hohen Hürden bei der Antragstellung für Hilfsgelder an: „Die Überbrückungshilfen sind nicht einmal so hoch wie die Kosten unserer Steuerberater.“ Die finanziellen Sorgen treiben auch Catrin Schlammer um. Sie führt einen Friseursalon in Ottobeuren (Unterallgäu) und ist besorgt, dass sie ihren Laden schließen muss, wenn der Lockdown noch mehrere Monate anhält: Sich mit hohen Krediten zu retten, kam für sie nicht infrage: „In einen Schuldenberg setze ich mich nicht.“
Weniger Nachwuchs bei bayerischen Friseuren wegen Corona-Pandemie
Obermeisterin Barbara Ciannarelli von der Friseurinnung Günzburg/Neu-Ulm macht sich Sorgen, dass es heuer wenig Nachwuchs in die krisengebeutelte Branche ziehen wird. Zudem erwartet sie, dass die Salons langfristig viele 450-Euro-Kräfte verlieren werden. Denn die müssten gerade gehen und suchten sich nun andere Jobs. „Die kommen nie wieder zu uns in die Läden zurück.“
Auch in Sonthofen sind 200 Menschen dem Aufruf der Friseurinnungen Kempten und Oberallgäu gefolgt und haben am Oberen Markt demonstriert. Teilnehmerin Sonja Rosin fühlt sich „im Stich gelassen“. Sie bekommt momentan Kurzarbeitergeld, doch das reiche oft kaum aus, obwohl sie sparsam lebe und ihre Eltern ihr manchmal etwas Geld gäben. Den nächsten Monat kann sie noch durchstehen, sagt Rosin. „Danach wird es echt schwierig.“ (hkw, sun, aku, rjk, nr)
Lesen Sie dazu auch:
- Volle Lager, keine Kunden: Modehandel in der Region fürchtet um seine Existenz
- Haarschnitt im Lockdown: Manche Friseure nehmen hohe Strafen in Kauf
- NRW: Hundefriseure dürfen auch im Lockdown öffnen
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.