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Corona-Pandemie: Klassenfahrt abgesagt? Eltern bleiben auf Stornokosten sitzen

Corona-Pandemie

Klassenfahrt abgesagt? Eltern bleiben auf Stornokosten sitzen

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    Während der Corona-Pandemie sind die meisten Klassenfahrten an Schulen abgesagt. Eltern müssen dann häufig Stornokosten zahlen.
    Während der Corona-Pandemie sind die meisten Klassenfahrten an Schulen abgesagt. Eltern müssen dann häufig Stornokosten zahlen. Foto: Arno Burgi, dpa

    Es sollte nach Berlin gehen. Ein paar Tage voll neuen Wissens über die Geschichte der Stadt und der Bundesrepublik, ein paar Tage Spaß weit weg von den Eltern. Doch daraus wird nichts, die Klassenfahrt für die Zehntklässler einer schwäbischen Schule ist abgeblasen – wie hunderte anderer Schulreisen in Bayern auch.

    Für Lehrer und Rektoren bedeutet das wie für zehntausende Urlauber in Deutschland: sich durch einen Wust an Stornierungsbedingungen zu wühlen, um die Reise möglichst kostengünstig abzusagen. Für Schüler und Eltern heißt es im schlimmsten Fall, dass sie für eine Reise zahlen müssen, die sie gar nicht selbst gebucht haben.

    Verärgerte Mutter fordert: Staat soll Stornierungskosten für Klassenfahrten bezahlen

    Auch die schwäbische Mutter, deren Kind nach Berlin hätte fahren sollen, bekam kürzlich Post von der Schule. Je 25 Euro sollen die Eltern der Jugendlichen zahlen, um die Stornokosten aufzufangen. Das sei natürlich nicht die Welt, sagt die Mutter, die lieber anonym bleibt. Ihr geht es ums Prinzip. „Ich habe die Reise nicht gebucht, ich weiß nicht, was sie regulär kostet, ich wusste nur, dass mein Kind in der zehnten Klasse irgendwann nach Berlin fährt.“ Sie erinnert sich an die Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook Ende 2019. „Damals ist der Staat für Stornierungskosten eingesprungen. Ich als Steuerzahlerin musste abgesagte Reisen mitbezahlen. Dann sollte doch bei Klassenfahrten erst recht der Staat haften. Immerhin geht es dabei sogar um einen Bildungsauftrag.“

    Die Sache mit den Stornierungskosten ist einigermaßen kompliziert: Denn theoretisch erstattet der Freistaat Eltern die Ausfallgelder für Klassenfahrten und Schüleraustausche. Nur: Praktisch wissen das viele Eltern nicht. Denn die Bedingungen dafür sind auf der Internetseite des bayerischen Kultusministeriums ziemlich verklausuliert dargestellt.

    Während eine ganze Reihe anderer Bundesländer – Baden-Württemberg etwa – das Geld pauschal allen Schulen und damit Eltern zurückzahlt, müssen bayerische Mütter und Väter über die Schule einen Härtefallantrag stellen. Sie signalisieren damit – vereinfacht gesagt: Die Übernahme der Stornokosten würde mich finanziell hart treffen. Ihre finanzielle Situation brauchen Eltern dafür nicht offenzulegen, anders als Unternehmen, die beim bayerischen Corona-Soforthilfeprogramm glaubhaft beweisen mussten, dass ihre Existenz gefährdet ist. Bei Klassenfahrten ist juristisch nicht genauer definiert, wann ein Härtefall vorliegt. So können theoretisch alle Eltern einen Antrag stellen – auch, wenn sie keine finanziellen Probleme haben. Am Ende ist das eine Gewissensentscheidung. 1000 Schulen hätten bisher – Stand Anfang Juni – Erstattungsbeträge gemeldet, heißt es aus dem Kultusministerium. Insgesamt beliefen sie sich auf 3,6 Millionen Euro.

    Stornokosten sind nicht die einzigen Ausgaben, auf denen Familien sitzen bleiben

    Susanne Arndt, Vorsitzende der Landeselternvereinigung, ist nicht glücklich mit der Vorgehensweise des Ministeriums: „Für viele Eltern ist es eine Überwindung, sich selbst als Härtefall darzustellen. Ich würde mir wünschen, dass der Freistaat die Kosten einfach pauschal übernimmt, ohne Antrag.“ Sie seien zwar meist gar nicht so hoch. „Aber sie unterscheiden sich natürlich deutlich, je nachdem, ob eine Klassenfahrt nach Berlin oder zum Beispiel nach China führt.“ Hunderte Anfragen verwirrter Eltern hat Arndt in den vergangenen Monaten beantwortet.

    Dazu kommt, dass entfallene Klassenfahrten oft nicht die einzigen Ausgaben sind, auf denen Familien wegen der Corona-Pandemie sitzen bleiben. Kosten abseits der Reisen, etwa Tickets für entfallene Schulvorstellungen im Theater, erstattet der Freistaat nicht. Hinzu kommenoftmals die Abschlussbälle, die wegen der Corona-Pandemie nur in eingeschränktem Rahmen stattfinden können.

    Gerade Abi-Bälle sind mittlerweile spektakuläre Galas, deren Organisation zehntausende Euro aus den privaten Kassen der Schüler und Eltern eines Jahrgangs verschlingt. In Thüringen fordern Elternvertreter, dass das Land für die Stornokosten der privaten Feiern einspringt. Eine Entscheidung dazu gibt es bisher aber nicht.

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