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Corona-Lockdown: Schuhläden öffnen in Bayern: Experte rechnet mit weiteren Lockerungen

Corona-Lockdown

Schuhläden öffnen in Bayern: Experte rechnet mit weiteren Lockerungen

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    Schugeschäfte dürfen in Bayern wieder öffnen. Die Gerichtsentscheidung hat eine Signalwirkung.
    Schugeschäfte dürfen in Bayern wieder öffnen. Die Gerichtsentscheidung hat eine Signalwirkung. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Schuhgeschäfte dürfen in Bayern wieder unabhängig von der Höhe der Inzidenz öffnen. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) am Mittwoch entschieden. Schuhgeschäfte gelten nun als Geschäfte, die für die tägliche Versorgung unverzichtbar sind - auch wenn die Inzidenz über 100 liegt und damit die sogenannte Notbremse übersteigt.

    Zur Begründung verwies der zuständige Senat darauf, dass Schuhgeschäfte mit Buchhandlungen, Bau-  und  Gartenmärkten, Blumenläden oder Versicherungsbüros vergleichbar seien. Diese sind bereits seit mehreren Wochen geöffnet.

    Eine genaue Begründung des Beschlusses liegt noch nicht vor. Auf Grundlage der bisher bekannten Informationen begrüßt Gerrit Manssen, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Regensburg, die Entscheidung. Aus seiner Sicht stellt sie eine Trendwende dar und könnte Auswirkungen auf andere Branchen haben.

    Rechtsprofessor: Gerichte haben viele Regelungen bislang "durchgewunken"

    "Für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte", wie sie die Verordnung nennt, seien Schuhgeschäfte zwar nicht. "Aber nach fünf Monaten Lockdown brauchen viele doch mal neue Schuhe", sagt der Experte für Verwaltungsrecht. Bisher hätten Gerichte die Regelungen des jeweiligen Lockdowns meist "juristisch durchgewunken". In dem Beschluss sei eine Trendwende zu erkennen. Eine Maßnahme wie die Schließung von Schuhgeschäften, die für ein paar Wochen zumutbar sei, sei es nach Monaten irgendwann nicht mehr.

    Ursprünglich war die Liste der Geschäfte des täglichen Bedarfs enger gefasst und beschränkte sich beispielsweise auf Lebensmittelgeschäfte. Anfang März öffnete die Staatsregierungen Bereiche wie Gartenmärkte, Blumengeschäfte und Baumärkte - noch vor einem entsprechenden Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz.

    Das Infektionsrisiko hängt nicht von der verkauften Ware ab

    Die Vielzahl der Branchen, die von der generellen Öffnung profitieren, sind aus Manssens Sicht juristisch problematisch. "Je mehr Ausnahmen der Verordnungsgeber macht, desto stärker stellt sich die Frage nach der Gleichbehandlung mit anderen Ladengeschäften", erklärt er. Mit dem Infektionsrisiko könne man nicht begründen, warum Buchläden geöffnet und Computerläden geschlossen sind. Ein anderer Ansatz wäre, wie dringend der Bedarf nach einer bestimmten Leistung ist. Mit dieser Begründungen ließen sich beispielsweise Friseursalons öffnen. Doch andere Ausnahmen rechtfertige dieses Argument nicht. "Bücher kann man genauso im Internet bestellen wie Elektronikartikel."

    Der Rechtsprofessor vermutet, dass der Beschluss weitere Schritte nach sich ziehen wird. "Als nächstes werden wohl zu Recht die Textilgeschäfte sagen: Neue Klamotten brauchen die Leute auch irgendwann", betont er. Der Beschluss zeige, dass die Akzeptanz der Gerichte für die derzeitige Lockdown-Gesetzgebung sinke. "Die Politik muss neue Wege suchen und finden als das, was zunächst 2020 beim unerwarteten Auftreten der Pandemie juristisch in Ordnung war."

    Die Gerichtsentscheidung überrascht den Handelsverband

    Auch der Handelsverband Bayern rechnet damit, dass sich aufbauend auf dem Beschluss weitere Lockerungen vor Gericht erstreiten lassen. Hauptgeschäftsführer Wolfgang Puff kündigte gegenüber unserer Redaktion an, der Verband begleite Klagen von Bekleidungsgeschäften vor. Diese würden in den nächsten Tagen eingereicht. "Was soll an einer Hose anders sein als an Schuhen?", fragt er.

    Der Beschluss sei für den Handelsverband überraschend gewesen. Bislang habe die Justiz durchgehend anders entschieden. "Wir freuen uns natürlich", betont er. Der Einzelhandel sei kein Infektionstreiber. "Wir sind nicht die Superspreader", sagt Puff. Der Lebensmittel-Einzelhandel sei seit Beginn der Pandemie geöffnet, dennoch sei das Infektionsgeschehen unter Kunden und Mitarbeitern quasi nicht vorhanden.

    Trotz der Kontaktdatenerfassung, die in anderen Branchen notwendig gewesen sein, sei kein Infektionsgeschehen dort bekanntgeworden. Puff spricht sich für eine breite Öffnung des Einzelhandels auf, die dafür mit zusätzlichen Vorsichtsmaßnahmen begleitet wird. Sein Verband habe der Staatsregierung zusätzliche Hygienemaßnahmen angeboten - und werde dies nun gegebenenfalls wieder tun.

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