Das Leben wird wieder normaler, die langen, kalten Lockdown-Monate, in denen die Menschen im Homeoffice saßen und in ihrer Freizeit wenig anderes zu tun hatten, als spazieren zu gehen, sind vorbei. Mit der Rückkehr zur Normalität tritt nun aber ein anderes Problem in den Fokus: Was passiert eigentlich mit den vielen Hunden, Katzen, Vögeln, die sich die Menschen währen der Pandemie geholt haben, um ein bisschen weniger allein zu sein?
Tierschützer sind bereits alarmiert und befürchten nach der extremen Haustiernachfrage – 2020 gab es einen Anstieg um eine Million Tiere – nun eine wahre Abgabewelle in den Tierheimen. Dem Deutschen Tierschutzbund zufolge berichteten bereits einige der mehr als 550 Tierheime schon von Corona-Abgaben. Auch in der Region?
Im Augsburger Tierheim wurden mehr Wildtiere abgegeben
„Es gibt solche Tendenzen bei uns noch nicht – wir rechnen aber schon damit, dass es so kommt“, sagt Sabina Gassner, die Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Augsburg. Die Menschen würden aus dem Homeoffice wieder zurück in die Unternehmen gehen, Kinder kehrten in die Schulen zurück, Urlaub sei wieder möglich – der Aufwand, den eine Tierhaltung mit sich bringe, würde da nun anders erkannt als während des Lockdowns. „Da war man auf der Suche nach etwas Sinnvollem, nach Kontakt. Und mit einem Hund rührt sich eben etwas in der Bude“, sagt Gassner. Insbesondere für Familien mit Kindern, die sehr unter den vergangenen Monaten gelitten hätten, sei ein Haustier sehr interessant geworden.
Was tun: Der richtige Umgang mit Fundtieren
Registrierung Immer wieder kommt es vor, dass Katzen oder Hunde für einige Zeit nicht nach Hause kommen. Wenn man Glück hat, wird das Haustier entdeckt und kann - vor allem wenn es durch eine Tätowierung und/oder einen Mikrochip gekennzeichnet ist - zurück an den Besitzer vermittelt werden.
Zuständigkeit und Pflichten Die Kommunen sind zuständig für die Versorgung von Fundtieren, können aber sachkundige und entsprechend ausgestattete Dritte damit beauftragen, zum Beispiel Tierschutzvereine oder Tierärzte. Der Finder ist dafür verantwortlich, ein Fundtier umgehend bei der Gemeinde oder stellvertretend beim beauftragten Tierheim zu melden beziehungsweise es dort abzugeben. Eine Ausnahme besteht, wenn es sich um einen Notfall handelt oder ein Tier, dessen Besitzer nicht sofort ausfindig gemacht werden kann, nachts oder am Wochenende verletzt aufgefunden wird. Dann hat die medizinische Versorgung höchste Dringlichkeit und das Tier sollte umgehend zu einem Tierarzt oder einer Tierklinik gebracht werden, die Meldung kann nachträglich erfolgen.
Kosten Grundsätzlich ist zunächst die jeweilige Gemeinde beziehungsweise stellvertretend das beauftragte Tierheim für die Versorgung verlorener oder entlaufener Tiere zuständig und muss auch die anfallenden Kosten tragen, bis der Besitzer bekannt ist. Ist dieser ermittelt, muss er für die entstandenen Kosten aufkommen, die für eine notwendige tierärztliche Behandlung entstanden sind - auch wenn er zuvor dazu kein Einverständnis gegeben hat weil er zum Beispiel in einem Notfall nicht schnell genug ermittelt werden konnte. Der Finder muss die Kosten nicht tragen, wenn er - außer in einem Notfall - vor der tierärztlichen Behandlung die Gemeinde oder das beauftragte Tierheim informiert hat.
Auch wenn sich derzeit noch nicht abzeichne, dass die Tiere, die den Menschen im Corona-Lockdown Gesellschaft geleistet haben, nun wieder zurückgegeben werden – Abgaben gibt es dennoch, wenn auch aus anderen Gründen. Gassner zufolge wurden deutlich mehr Wildtiere ins Tierheim gebracht. „Die Leute waren mehr in der Natur unterwegs und haben etwa scheinbar hilflose Vögel entdeckt und mitgenommen.“ Hinzu kämen mehr Beschwerden über Probleme bei der Tierhaltung in der Nachbarschaft oder Meldungen über Hunde oder Katzen, die nicht tierschutzgerecht gehalten würden. „Die Menschen gehen viel spazieren und sehen, wenn etwas nicht in Ordnung ist“, sagt Gassner.
Es landeten vermehrt Tiere aus schlechter Haltung im Tierheim
Derlei hat man auch im Tierheim in Höchstädt im Landkreis Dillingen beobachtet. „Die Leute waren jetzt viel mehr draußen unterwegs. Und haben die ein oder andere Hundehaltung gesehen, die nicht gepasst hat. Zum Beispiel Hofhunde, die von den Besitzern allein gelassen wurden“, sagt Johann Rechthaler, der Vorsitzende des Tierschutzvereins im Landkreis Dillingen. Die Menschen hätten die Besitzer oft auf Probleme angesprochen – mit dem Resultat, dass die Tiere danach oft abgegeben worden seien.
Damit es nach dem Lockdown, wenn die Menschen wieder mehr unternehmen und Freunde treffen können, keine Rückgabewelle auf das Tierheim zurollt, habe man schon in der Hochphase der Pandemie versucht, gegenzusteuern. Es sei massiv unterbunden worden, dass Tiere nur wegen der Lockdown-Einsamkeit aus dem Tierheim geholt werden, sagt Rechthaler. Vor der Vermittlung mussten die Interessenten einen Fragebogen ausfüllen, es gab auch Vorkontrollen. „Wir konnten gezielt auswählen, wem wir die Tiere geben.“
Im Günzburger Tierheim gibt es derzeit 20 Katzenbabys
Im Tierheim in Günzburg hat die Pandemie vergleichsweise wenige Spuren hinterlassen. „Wir haben durch Corona kaum Veränderungen gemerkt. Die Nachfrage war eigentlich schon immer sehr groß“, sagt Bianca Theil, die stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins Günzburg. Auch eine Rückgabewelle gebe es derzeit nicht. Acht Hunde, fünf erwachsene Katzen und 20 Katzenbabys gibt es derzeit im Günzburger Tierheim. Dass es so viele Jungtiere gibt, sei zu dieser Jahreszeit normal, sagt Theil.
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