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Corona-Krise: Wie Corona das Leben im Studentenwohnheim verändert

Corona-Krise

Wie Corona das Leben im Studentenwohnheim verändert

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    Im Studentenwohnheim in Augsburg bleiben auch die Gänge leer. Wegen Corona sind die Studenten vor allem auf ihren Zimmer.
    Im Studentenwohnheim in Augsburg bleiben auch die Gänge leer. Wegen Corona sind die Studenten vor allem auf ihren Zimmer. Foto: Rene Buchka

    Dunkel liegt der Eingangsbereich des Augsburger Studentenwohnheims da. Ein junger Mann kommt von draußen herein, grüßt mit einem "Servus" und geht zu den Briefkästen. Auf dem Weg durchs Treppenhaus sind viele Etagen ebenfalls dunkel, nur durch eine Glastür fällt Licht auf den Boden. Drei Stockwerke höher kommt Tobias Mayer in die Küche und setzt Wasser für seinen Malzkaffee auf. Er lebt seit April hier, kennt aber nur seine unmittelbaren Nachbarn aus dem Stockwerk. Die, mit denen er sich Toilette, Dusche und Küche teilt. "Die Küche ist der Treffpunkt, wo man sich unterhält." Wenn man sich überhaupt treffen kann.

    Eineinhalb Wochen in Isolation, als der Nachbar positiv auf Corona getestet wurde

    Als einer seiner Nachbarn positiv auf Corona getestet wurde, musste Mayer isoliert in seinem Zimmer auf sein Testergebnis warten "Da kam wieder die Angst." Der 29-Jährige nimmt einen Schluck von seinem Malzkaffee und streicht mit den Fingern über den Tassenrand. 1,5 Wochen blieb er in seinem Zimmer, hörte Musik, spielte Gitarre, las und telefonierte. "Der Kontakt war sehr wichtig." Dass er immer noch keinen anderen aus dem Wohnheim kennt, macht ihm nichts mehr aus. "Aber am Anfang war das ein bisschen schade."

    Wie geht es Studenten in einem Wohnheim in Augsburg? Tobias Mayer in der Küche mit Malzkaffee.
    Wie geht es Studenten in einem Wohnheim in Augsburg? Tobias Mayer in der Küche mit Malzkaffee. Foto: Rene Buchka

    Schade findet Mayer auch, dass es sonst regelmäßige Veranstaltungen gab, zu denen Bewohner des ganzen Hauses zusammenkamen. Tutoren wie Johannes Schindlbeck und Hashem Durdunji hatten vor Corona regelmäßig Aktionen organisiert. Zum Beispiel die "Dinner-Night", bei der die Bewohner zusammen essen gingen – und jeden Monat eine Party im hauseigenem Partykeller. Seit der letzten Feier schein allerdings einige Zeit vergangen. Die Tische stehen wild durcheinandergewürfelt vor dem DJ-Pult, von einer Tischplatte prangt - in diesen Zeiten ironisch - die Aufschrift "Party" und die Salzstreuer auf der Theke warten schon länger darauf, dass sich jemand etwas von ihrem Inhalt als Beilage zum Tequila und der Zitrone auf den Handrücken streut.

    120 Menschen kamen dort früher zusammen, sagt Tutor Schindlbeck im Videochat. Er wohnt mittlerweile zu Hause. Wie so viele, vermutet er. "Bis auf ein paar Freunde im Wohnheim und aus dem Studium hält mich nichts in Augsburg. Weil da kann man auch nichts machen." Im Wohnheim bleiben seiner Einschätzung nach vor allem internationale Studenten ohne zweiten Wohnsitz.

    Einer, der die Stellung hält, ist Joseph Knapp. Er wohnt drei Etagen unter Mayer – und könnte genauso gut in einer anderen Stadt leben. Der einzige Austausch mit anderen Studenten finde nur auf den Stockwerken statt, sagt er. "Was am meisten auffällt ist, dass es keine Partys gibt." Auch Knapp hat den Eindruck, dass insgesamt weniger Menschen im Wohnheim sind. Er selbst studiert in Augsburg Grundschullehramt und hat Donnerstag und Freitag Präsenzunterricht. Das sind auch die einzigen zwei Tage, die er in seinem Zimmer verbringt. Denn: "Man kann ja nichts machen." Früher sei das kein Problem gewesen. Uni, noch mit Kommilitonen etwas zum Essen holen, in der Küche mit anderen zusammenhocken – "ich war nur zum Schlafen im Zimmer".

    Knapp weiß aber auch, dass andere Studenten ganz andere Probleme haben: Beispielsweise fehlt vielen ihr Nebenerwerb: Keine Gastronomie, keine Jobs als Kellner oder Barkeeper. Studenten berichten außerdem, dass es ihnen schwer fällt, sich zu Hause auf den Stoff zu konzentrieren, und vermissen die Gespräche mit ihren Kommilitonen in den Pausen.

    Studenten in Corona-Zeiten: Es ist extrem schwer, Kontakte zu knüpfen

    Auch Isabel Bühler ist vorübergehend wieder aus dem Wohnheim zurück zu ihren Eltern gezogen. "Ich hatte es satt, die ganze Zeit die selben vier Wände zu sehen." Vor allem für die Neuen ist die momentane Situation blöd, sagt sie: "Es ist jetzt extrem schwer, Kontakte zu knüpfen." Früher sei das auf den allmonatlichen Partys gut gegangen. Auch in ihrem eigenem Stockwerk merkt Bühler, dass ihre Mitbewohner "nicht so unternehmungslustig" sind wie früher. Trotz allem will sie "auf jeden Fall" wieder zurück nach Augsburg. "Wenn man einmal ausgezogen ist, ist es daheim nicht mehr so leicht."

    Der Partykeller im Studentenwohnheim bleibt leer.
    Der Partykeller im Studentenwohnheim bleibt leer. Foto: Rene Buchka

    Im Frühjahr gab es als Ersatzprogramm eine Zoom-Konferenz, erzählt Schindlbeck. "Wir überlegen, das wieder zu machen." Dabei wird es voraussichtlich auch erst einmal bleiben. Und die Salzstreuer auf er Theke werden wohl noch länger auf ihren Einsatz warten.

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