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Corona-Krise: So geht es mit dem Impfstoff von AstraZeneca weiter

Corona-Krise

So geht es mit dem Impfstoff von AstraZeneca weiter

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    Ein Fläschchen mit fünf Milliliter Corona-Impfstoff von Astrazeneca. Das Mittel ist nun wieder im Einsatz.
    Ein Fläschchen mit fünf Milliliter Corona-Impfstoff von Astrazeneca. Das Mittel ist nun wieder im Einsatz. Foto: Soeren Stache, dpa

    Dass im Freistaat – im wahrsten Sinne des Wortes – die Ärmel hochgekrempelt werden müssen, machte Klaus Holetschek ziemlich deutlich. „Wir wollen den Hebel in Bayern schnell wieder umlegen und AstraZeneca so rasch wie möglich wieder einsetzen“, sagte der bayerische Gesundheitsminister, kurz nachdem die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) am Donnerstag empfohlen hatte, das Präparat des britisch-schwedischen Herstellers weiterhin einzusetzen.

    In der Tat wurde der Hebel umgelegt. Bereits am Freitag wurde der Impfstoff, der wegen möglicher Nebenwirkungen auf Eis gelegen hatte, wieder eingesetzt – wenn auch nicht überall. Dass man keine Zeit verstreichen lassen wollte, liegt wohl auch an den hohen Fallzahlen: Der Freistaat hat am Freitag den kritischen Inzidenzwert von 100 überschritten. Aber sind die Impfzentren überhaupt vorbereitet? Vertrauen die Menschen dem Vakzin noch? Und welche Rolle werden nun die Hausärzte spielen?

    Der Abstand zwischen den Erst- und Zweitimpfungen wurde ausgedehnt

    In Bayern habe man vorgesorgt, um die ausgesetzten Termine auszugleichen, erklärt Gesundheitsminister Holetschek. Für die kommende Woche habe man zunächst 30.000 Impfdosen der Biontech-Reserven freigegeben. Außerdem wurde der Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfungen ausgedehnt: bei Biontech und Moderna auf sechs Wochen, bei AstraZeneca auf zwölf Wochen.

    In vielen Impfzentren wird AstraZeneca nun wieder verwendet. In machen Einrichtungen dauert es aber noch ein paar Tage, bis losgelegt wird.
    In vielen Impfzentren wird AstraZeneca nun wieder verwendet. In machen Einrichtungen dauert es aber noch ein paar Tage, bis losgelegt wird. Foto: Alexander Kaya

    Im Landkreis Augsburg wird der Impfstoff schon seit Freitagmittag wieder eingesetzt. „Wir haben derzeit 3000 Dosen AstraZeneca vorrätig“, sagt Annemarie Scirtuicchio, Sprecherin des Landratsamtes, am Tag des Impfstarts. In den vergangenen Tagen mussten im Landkreis 490 Erstimpfungen ausgesetzt werden. Zweitimpfungen waren nach Angaben der Behörde nicht betroffen. Die Personen, deren Impfung storniert werden musste, würden bei der Vergabe neuer Termine nun priorisiert berücksichtigt, heißt es.

    Hunderte Impfungen mit AstraZeneca wurden abgesagt

    Im Impfzentrum in Bad Wörishofen mussten 380 Termine abgesagt werden. Am Samstag würden die Impfungen mit AstraZeneca dort nun aber wieder aufgenommen, erklärt Sylvia Rustler, die Sprecherin des Landratsamtes Unterallgäu. „Voraussichtlich bekommen wir kommende Woche 500 Dosen des Impfstoffs von AstraZeneca“, fügt sie hinzu.

    Im Landkreis Neu-Ulm dauert es noch ein paar Tage, bis das Vakzin wieder eingesetzt wird. „Um den Impfbetrieb wieder hochzufahren und die Impfungen mit AstraZeneca dann wieder reibungslos in den Impfbetrieb miteinzubinden, sind die erneute Anpassung der organisatorischen Abläufe, die Wiederfreischaltung der Impftermine und eine neue Personalplanung erforderlich“, erklärt Landratsamtssprecherin Kerstin Weidner. Sie glaubt übrigens, dass es bei den Menschen – gerade in den nächsten Wochen – eine Verunsicherung geben wird. Deshalb müsse man den Bürgern durch entsprechende Informationen und bei den Aufklärungsgesprächen in den Impfzentren den Sachverhalt erläutern, sagt sie.

    Jakob Berger: "Impfen ist Vertrauenssache"

    Diese Verunsicherung, von der Weidner spricht, ist nicht von der Hand zu weisen. Das weiß auch Dr. Jakob Berger, der schwäbische Bezirksvorsitzende der bayerischen Hausärzte. Doch der erfahrene Mediziner, der eine Praxis in Herbertshofen im Landkreis Augsburg hat, ist sich sicher, dass in persönlichen Gesprächen Vertrauen auch wiederaufgebaut werden kann. „Impfen ist Vertrauenssache“, betont er. „Daher ist es so wichtig, dass wir Hausärzte jetzt endlich beim Impfen einsteigen. Wir stehen bereit und können unsere Patienten überzeugen“, erklärt er am Freitag im Gespräch mit unserer Redaktion. Ist genügend Impfstoff vorhanden, können seiner Einschätzung nach die bayerischen Hausärzte sofort beginnen.

    Hausarzt Dr. Jakob Berger sagt: "Impfen ist Vertrauenssache."
    Hausarzt Dr. Jakob Berger sagt: "Impfen ist Vertrauenssache." Foto: Marcus Merk

    Sobald es losgeht, würden die Hausärzte auf ihre Patienten zukommen und sie kontaktieren, erklärt Berger das weitere Prozedere. Keiner müsse in den Praxen anrufen, das würde zu einer Überlastung führen. „Wir kennen unsere Patienten, kommen auf sie zu und würden in einer Reihenfolge impfen, in der zunächst schwerstkranke Patienten an der Reihe wären.“ Die Priorisierung sei ja nur eine Empfehlung, die Entscheidung liege beim Arzt.

    Reicht das Impfen? Oder brauchen wir einen härteren Lockdown?

    Bleiben aber die Ängste der Patienten. Was sagt Berger zu verunsicherten Menschen? „Es spricht aus medizinischer Sicht nichts gegen AstraZeneca“, betont er. „Und zwar für junge Erwachsene ebenso wie für ältere Menschen.“ Doch mögliche Komplikationen wie Hirnvenen-Thrombosen sind doch nicht von der Hand zu weisen, oder? „Diese Komplikationen konnten zum einen nicht eindeutig nachgewiesen werden“, erklärt der Arzt, der auch dringend davon abrät, prophylaktisch Blutverdünnungsmittel einzunehmen. „Zum anderen wären diese aufgetretenen Nebenwirkungen mit Blick auf die Zahl der bisher geimpften Menschen gering.“

    Berger schätzt das Risiko, an Covid-19 zu erkranken mit einem schweren, wenn nicht gar tödlichen Verlauf, als wesentlich höher ein als die Gefahr von Impfkomplikationen. „Zumal wir mit Meilenschritten in eine dritte Welle laufen. Die Inzidenzzahlen steigen schon wieder bedrohlich an.“ Für den Hausarzt gibt es nur einen Weg: „Mit Testen allein schaffen wir es aus dieser Misere nicht heraus, das gelingt uns nur mit Impfen.“

    Doch reicht Impfen? Oder ist ein weiterer Lockdown nötig? „Steigen die Zahlen weiter so rasant, werden wir um einen neuen Lockdown nicht herumkommen“, sagt Berger, der sich bewusst ist, welche wirtschaftlichen Folgen das nach sich zieht – und der die Sorgen gerade vieler Einzelhändler auch versteht. „Doch sonst kommen wir aus dieser Pandemie nie heraus.“

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