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Corona-Krise: Können die umstrittenen Heizpilze Bayerns Wirten durch die Krise helfen?

Corona-Krise

Können die umstrittenen Heizpilze Bayerns Wirten durch die Krise helfen?

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    Machen warm, sind aber wegen ihres CO2-Ausstoßes umstritten: Heizpilze. In einigen Kommunen sind die Geräte verboten.
    Machen warm, sind aber wegen ihres CO2-Ausstoßes umstritten: Heizpilze. In einigen Kommunen sind die Geräte verboten. Foto: Daniel Karmann, dpa

    In den kommenden Wochen, wenn sich die Blätter der Bäume rot und gelb färben und dicke Wollpullover wieder aus dem Schrank gekramt werden, sinken nicht nur die Temperaturen – auch die Stimmung der Gastronomen dürfte sich merklich abkühlen. Um im Bild zu bleiben: Restaurantbetreiber werden sich im Herbst warm anziehen müssen.

    Das Problem ist: Viele Menschen halten sich wegen der Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus derzeit nicht gerne in geschlossenen Räumen auf. Zu groß ist die Sorge, dass durch die Aerosole, die andere beim Sprechen oder Atmen absondern, die winzigen Viren in die Raumluft übertragen werden. Im Sommer setzten sich viele Menschen deshalb lieber auf die Restaurant-Terrasse. Doch für Essen unter freiem Himmel wird es bald zu kalt sein. Viele Wirte befürchten, dass das Geschäft nun einbrechen könnte, und setzen ihre Hoffnungen deshalb auf einen nicht unumstrittenen Helfer: den Heizpilz.

    Heizpilze für die Gastronomie: In München und Augsburg wird über Änderungen diskutiert

    Wegen seines hohen CO2-Ausstoßes schlagen Umweltschützer schon seit Jahren die Hände über dem Kopf zusammen. In vielen Kommunen ist die Nutzung von Heizpilzen massiv eingeschränkt, mancherorts sind sie ganz verboten. In München etwa ist die Verwendung von Heizstrahlern auf Freischankflächen, die sich auf öffentlichem Grund befinden, bisher nur während der mitteleuropäischen Sommerzeit erlaubt – in der nächsten Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses nach der Sommerpause will sich der Stadtrat aber mit eventuellen Anpassungen befassen.

    In Augsburg sieht die Situation so aus: Nach der sogenannten „Gestaltungsrichtlinie Innenstadt“ von 2014 seien Heizpilze nicht erlaubt, teilt die Stadt auf Anfrage unserer Redaktion mit. In der Innenstadt ausgenommen sei der Stadtmarkt. Diese strikten Einschränkungen könnten sich aber ändern. Gesundheitsreferent Reiner Erben teilt mit, dass momentan Überlegungen und Gespräche mit den Wirten stattfänden, ob man von der bisherigen Regelung abweiche. Genau das fordern Wirte im ganzen Land. Sie wollen eine bundesweite Zulassung der Geräte erreichen, um im Herbst und Winter mehr Gäste bedienen zu können.

    Die Gastronomie verzeichnet Umsatzverluste von rund 60 Prozent

    Auch der bayerische Hotel- und Gaststättenverband hält es für sinnvoll, Heizpilze überall zu erlauben, damit mit der Bewirtung im Außenbereich Geld verdient werden kann. Denn die Situation der Gastronomie sei weiterhin schwierig, sagt Landesgeschäftsführer Thomas Geppert im Gespräch mit unserer Redaktion. Und es sei nun mal so, dass die Menschen derzeit vorsichtig seien, was den Aufenthalt in geschlossenen Räumen angeht – auch, wenn das seiner Ansicht nach unbegründet ist. „Die Gastronomie ist kein Hotspot. Im Gegenteil. Die Hygienekonzepte funktionierten“, sagt Geppert. Auch der Verein zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur spricht sich für die umstrittenen Heizpilze aus. Deren Einsatz könne der schwer angeschlagenen Branche helfen, es müsse deshalb für die kommende Wintersaison eine Ausnahmeregelung geben.

    Derlei Forderungen sind angesichts der dramatischen Situation, in der sich das Gastgewerbe befindet, nachvollziehbar. Nach der wochenlangen Zwangspause klaffen riesengroße Löcher in den Bilanzen, die Umsätze liegen weit unter den Vorjahreswerten. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband spricht von der größten Krise der Nachkriegszeit, in die die Branche gestürzt sei. In Zahlen ausgedrückt: Von Januar bis Juli beklagen die Betriebe laut einer Umfrage durchschnittliche Umsatzverluste von rund 60 Prozent. Bezogen auf das Gesamtjahr rechnen die Betriebe mit einem Umsatzrückgang von durchschnittlich mindestens 50 Prozent.

    Altmaier schlägt Kohlendioxid-Kompensation vor

    Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) springt den gebeutelten Gastwirten nun zur Seite und schlägt in der Heizpilz-Debatte eine CO2-Kompensation vor. Denn der Gastronomie könne in Corona-Zeiten geholfen werden, wenn Gäste auch in der kalten Jahreszeit draußen sitzen könnten. Die „bescheidenen Energiekosten“ könnten klimapolitisch ausgeglichen werden.

    Selbst der Bundestagsfraktionschef der Grünen hält eine Ausnahme für vertretbar: „Aus klima- und umweltpolitischen Gründen lehnen wir in Zeiten, in denen man im Restaurant oder Café im Winter ganz normal drinnen sitzen kann, den Betrieb von Heizpilzen im Außenbereich ab“, sagte Anton Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur. „In diesem Winter ist das alles anders und daher wäre ich in dieser speziellen Ausnahmesituation und mit Blick auf den Gesundheitsschutz dafür, Verbote zeitlich befristet auszusetzen.“

    Ludwig Hartman, Fraktionsvorsitzender der Grünen im bayerischen Landtag, sieht die Sache indes ein wenig anders: „Wir müssen beide Krisen meistern – Corona und die Klimakrise. Deshalb bin ich persönlich der Meinung: Wir können nicht die eine Krise bekämpfen, indem wir die andere befeuern. Das ist wie einen Brand mit Öl löschen zu wollen.“ Ein gasbetriebener Heizpilz könne in einer Saison so viel CO2 wie ein Kleinwagen ausstoßen. Um echte Fortschritte beim Klimaschutz zu erzielen, müssten die bestehenden Regelungen der einzelnen Kommunen aufrecht erhalten werden. „Dicke Pullover und Jacken, warme Decken, Pavillons – da müssen alternative und kreative Lösungen her.“

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