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Corona-Krise: Diese bayerische Stadt plant Schulunterricht in Festzelten

Corona-Krise

Diese bayerische Stadt plant Schulunterricht in Festzelten

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    Die Bierzelte bleiben dieses Jahr größtenteils leer.
    Die Bierzelte bleiben dieses Jahr größtenteils leer. Foto: Matthias Becker (Symbolbild)

    An flächendeckenden Unterricht im Klassenzimmer ist in fast ganz Bayern weiter nicht zu denken. Die Stadt Deggendorf in Niederbayern will deswegen Unterricht im Freien ermöglichen – wetterunabhängig in ungenutzten Festzelten. Der Entwurf für einen solchen Pilotversuch liegt jetzt zur Prüfung im Kultusministerium.

    Eingereicht hat ihn Oberbürgermeister Christian Moser höchstpersönlich: „Der Wunsch nach Normalbetrieb im Unterricht ist unendlich groß, genauso der Leidensdruck in Familien“, sagt der CSU-Rathauschef. Moser hat selbst drei Kinder, zwei von ihnen sind noch in der Grundschule. „Erst habe ich gedacht, die Idee ist ein bisschen zu verrückt“, erklärt er gegenüber unserer Redaktion. „Aber wir müssen in der jetzigen Situation in neuen Strukturen denken, neue Ideen ausprobieren.“ Immer nur zu warten, bis die Zahlen sinken, sei für ihn keine Lösung.

    Corona-Krise: Für jede Klasse ein Festzelt zum Lernen

    Erwiesenermaßen ist die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus in geschlossenen Räumen deutlich höher als im Freien. Moser will seine Idee zunächst als Modellversuch mit der kleinen Grundschule Rettenbach im Stadtgebiet starten. Die Stadt Deggendorf als Sachaufwandsträger will für jede Klasse jeweils ein Festzelt mit rund 300 Quadratmetern Fläche aufstellen. Die Größe eines durchschnittlichen Klassenzimmers beschreibt Moser mit etwa 70 Quadratmetern.

    Im Zelt soll für alle Schüler einer Klasse gemeinsamer Unterricht mit dem notwendigen Mindestabstand möglich sein. Zum Lüften könnte man die Seitenwände der Zelte entfernen. Die Lehrer sollen über Lautsprechersysteme kommunizieren. Sobald die Genehmigung kommt, will Moser mit dem Aufbau starten. „Innerhalb einer Woche könnten dann die ersten Schüler in den Festzelten lernen.“ Viele Zelte seien ja ohnehin ungenutzt.

    Die Wiesn ist auch 2021 endgültig abgesagt.
    Die Wiesn ist auch 2021 endgültig abgesagt. Foto: Felix Hörhager, dpa

    Seit Montag ist die Wiesn endgültig abgesagt. Erst vergangene Woche wurde das Straubinger Gäubodenfest gestrichen. Normalerweise feiern beim bekanntesten niederbayerischen Volksfest jährlich 1,4 Millionen Besucher in sieben Festzelten. So helfe man neben den Familien auch der Veranstaltungsbranche, findet Moser. „Eine Win-Win-Win-Situation.“ Die Stadtverwaltung rechnet mit Kosten von rund 10.000 Euro pro Zelt – und hofft auf Zuschüsse vom Freistaat.

    Zwar möchte die Staatsregierung ab dem kommenden Montag zumindest Grundschulen bis zu einer Inzidenz von 165 anstelle des bisherigen Grenzwerts von 100 offenhalten. Allerdings bedeutet das vielerorts weiterhin Wechselunterricht mit täglich nur der halben Klasse. Und der Landkreis Deggendorf läge nach aktuellem Stand immer noch weit über dem neuen Grenzwert. Die Sieben-Tage-Inzidenz betrug am Montag 224.

    Was sagt das Kultusministerium zur Schule im Festzelt?

    Das Kultusministerium befürwortet es grundsätzlich, wenn auch „außerschulische Orte für unterrichtliche Zwecke“ genutzt werden, wie Günther Schuster, Sprecher des Kultusministers Michael Piazolo (Freie Wähler) betont. „Das Staatsministerium hat die Schulen hierzu in der Vergangenheit schon mehrfach gebeten, alle räumlichen Möglichkeiten im Schulhaus auszuschöpfen und auch die Verfügbarkeit von Räumen im näheren Umfeld der Schule zu prüfen.“ Die Orte dürfen jedoch nicht allzu weit entfernt von den Schulen liegen und müssen – was Fluchtwege, Ausstattung oder Sanitäreinrichtungen anbelangt – für den Unterricht geeignet sein.

    Wenn sich Schüler etwa zu Prüfungen versammeln, gilt ein Mindestabstand von 1,5 Metern.
    Wenn sich Schüler etwa zu Prüfungen versammeln, gilt ein Mindestabstand von 1,5 Metern. Foto: Sebastian Kahnert, dpa

    „Für das Deggendorfer Modellprojekt wäre eine Ausnahmeregelung nötig“, sagt Schuster. Zuständig für die Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung ist demnach aber nicht das Kultusministerium, sondern die jeweilige Kreisverwaltungsbehörde, also das Landratsamt Deggendorf.

    Der Deggendorfer Oberbürgermeister Christian Moser wartet also noch auf die Erlaubnis für seine Festzeltpläne. Dass die Idee bei den Bürgern gut ankommt, weiß er aber längst. Ende letzter Woche hatte die Stadt ihre Idee öffentlich gemacht. „Schon eine Stunde später hat mir ein Festzeltbetreiber sein Zelt für 3000 Personen angeboten. Dann kam das Angebot für ein kleines Zirkuszelt. Und ein Bürger möchte das Projekt mit Geld unterstützen.“

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