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Corona-Krise: Belastungsgrenze: Wie stemmen Labore die Corona-Krise?

Corona-Krise

Belastungsgrenze: Wie stemmen Labore die Corona-Krise?

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    Knapp 300.000 Corona-Tests können in Deutschland pro Tag ausgewertet werden. Noch ist das Aufkommen zu stemmen, sagen Politiker und Mediziner. Doch wie lange noch?
    Knapp 300.000 Corona-Tests können in Deutschland pro Tag ausgewertet werden. Noch ist das Aufkommen zu stemmen, sagen Politiker und Mediziner. Doch wie lange noch? Foto: Ralf Lienert (Symbolbild)

    Es ist eine Aufgabe, die schon allein angesichts der reinen Zahlen herausfordernd scheint. Knapp 300.000 Corona-Tests an einem Tag, über 25 Millionen abgearbeitete PCR-Testungen insgesamt – und eine Entlastung, gar ein Ende, ist noch über Monate hinweg nicht in Sicht. Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeiten viele medizinische Labore am Limit. Angesichts der immer weiter steigenden Infektionszahlen, fragt man sich nun: Wie schaffen die Dienstleister es überhaupt, alle anfallenden Proben auszuwerten? Wie groß ist dabei das Infektionsrisiko für die Mitarbeiter? Und wann kommt der Punkt, an dem all das nicht mehr zu stemmen sein wird?

    Labore in der Corona-Krise: Dreischichtmodell, sieben Tage die Woche

    Eine, die solche Fragen beantworten kann, ist Andrea Schikora, regionale Geschäftsführerin bei Synlab – einem Laborkonzern mit 35 Standorten in Deutschland, darunter auch in Augsburg. "Wir kämpfen, so wie alle im Gesundheitssystem, natürlich an vorderster Front", sagt sie. "Seit Beginn der Pandemie arbeiten unsere Mitarbeiter auf Hochtouren. Corona ist kein Sprint, sondern ein Marathon." Angesichts dessen hat Schikora auch am Standort Augsburg einiges verändern und umstellen müssen. Seit Corona das alltägliche Leben bestimmt, arbeiten ihre Mitarbeiter in einem Dreischichtbetrieb, sieben Tage die Woche. "Um Personal und Geräte gleichmäßig und optimal einzusetzen", erklärt sie.

    Ein Instrument, das sich viele andere Branchen zunutze machen, fällt im Labor jedoch weg: das Homeoffice. "Das machen wir in der Verwaltung, aber unsere Labormitarbeiter können nicht von zu Hause aus arbeiten. Deshalb haben wir die Hygienemaßnahmen am Arbeitsplatz verschärft, um den Schutz vor einer Ansteckung zu erhöhen." Abstand halten gilt sowieso, die Mitarbeiter müssen einzeln in Pausen gehen, getrennte Schichten dürfen sich nicht treffen. "Falls sich doch jemand infiziert, bleiben wir auf diese Weise arbeitsfähig."

    Sorge oder Angst, dass andere Analysen, wie Urin- oder Blutproben, angesichts der großen Menge an Corona-Tests hinten anstehen müssten, bräuchten Patienten allerdings nicht haben, erklärt Schikora. "Das ist eine eigene Abteilung, die nur Corona-Tests auswertet. Der normale Laborbetrieb läuft wie gewohnt weiter."

    Wenn die Corona-Proben dann das Labor erreicht haben, sind noch einmal strengere Sicherheitsmaßnahmen notwendig, erklärt Bettina Rothmaier, die ärztliche Leiterin am Augsburger Standort. Sobald die medizinisch-technischen Assistenten mit der Probe arbeiten, führen sie alle Schritte unter einer sterilen Werkbank durch. "Das ist nötig, damit sich keine Aerosole bilden und der Erreger nicht über die Probe in die Raumluft gerät. Das Risiko, das Virus einzuatmen, muss so gering wie möglich gehalten werden", erklärt Rothmaier. Deshalb muss das Personal zu jeder Zeit Schutzmasken tragen.

    So wird ein Corona-Test ausgewertet

    Je nach Methodik werden die Tests manuell oder automatisiert durchgeführt. In verschiedenen Arbeitsschritten wird mit Analysegeräten das Erbmaterial des Erregers zunächst extrahiert und anschließend mittels sogenannter Cycler vermehrt, gefärbt und auf diese Weise nachgewiesen. Das dauert je nach Gerät ein bis vier Stunden.

    Bei der Auswertung der Ergebnisse ist es allerdings nicht so, dass eine Maschine ein negatives oder positives Ergebnis mitteilt. Am Schluss gibt das Gerät eine Werte-Kurve aus. Anhand dieser entscheidet ein Fachmann, ein Biologe oder Laborfacharzt, über den Befund und ob das Ergebnis plausibel und valide ist.

    Der Experte bewertet auch, ob eine Probe überhaupt auswertbar ist oder ob es einen erneuten Kontrolllauf geben muss. Es gibt verschiedene Störfaktoren in der Probe, die das Ergebnis verfälschen können: zum Beispiel, wenn sich der Patient kurz vor dem Rachen-Abstrich noch die Zähne geputzt hat.

    Etwa 180.000 Proben werden so deutschlandweit pro Woche analysiert. Aber wie lange ist das noch leistbar? Andrea Schikora ist momentan noch zuversichtlich. "Wir arbeiten am Limit, aber noch ist die Lage händelbar", sagt sie. Was man jedoch nicht beeinflussen könne, ist, ob Hersteller ihre Lieferketten einhalten oder ob es ausreichend Pipettenspitzen oder Reagenzien gibt. "Aber wir haben da einen Vorteil. Im Konzern können sich die einzelnen Standorte mit Material aushelfen und auch die Auslastung der Labore steuern."

    Dass es anderen Laboren bei weitem nicht so gut geht und einzelne Standorte sogar mit der Probenauswertung nicht mehr hinterherkommen, belegen Zahlen des Robert-Koch-Instituts. Es vermeldet einmal in der Woche, wie viele abzuarbeitende Proben sich mittlerweile bundesweit angestaut haben: Vergangene Woche lag die Anzahl bei rund 60.000, die Woche davor sogar bei circa 100.000. Mancherorts ist der Druck auf die Einrichtungen bereits so groß, dass es mehrfach zu falschen Testergebnissen kam. So auch in Augsburg. Dort hatte ein Labor zahlreiche Corona-Tests falsch-positiv ausgewertet – nach eigenen Angaben wegen nicht kompatibler Materialien.

    Laborverband: Es droht ein Zusammenbruch der Versorgung

    Trotz solcher Berichte und Zahlen will die bayerische Staatsregierung jedoch nach wie vor an der Teststrategie im Freistaat festhalten: Alle Menschen, die verunsichert sind, sollen sich jederzeit auf Corona testen lassen können. Staatssekretär Klaus Holetschek sagte: "Wir werden die Teststrategie anpassen, weil sich die Verhältnisse auch immer wieder ändern. Aber es ist nicht notwendig, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Letztendlich geht es um die Gesundheit der Menschen in unserem Land."

    Auch die Freien Wähler hatten vor kurzem eine Abkehr von der Teststrategie gefordert. Fachleute, wie der Passauer Laborarzt und Virologe Bernhard Wiegel, warnen: "Wir haben in Bayern seit ungefähr vier bis sechs Wochen eine dramatische Situation, weil wir schon seit längerem keine ausreichenden Kapazitäten mehr haben." Auch der Laborverband ALM kritisierte die Lage: So dürfe es nicht weitergehen – ansonsten drohe ein Zusammenbruch der Versorgung. (mit dpa)

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