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Corona-Krise: 20.000 Corona-Tests aufgestaut: Labore stoßen an ihre Grenzen

Corona-Krise

20.000 Corona-Tests aufgestaut: Labore stoßen an ihre Grenzen

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    Labore in Deutschland müssen derzeit hunderttausende Corona-Tests auswerten. Dabei müssen sie sorgfältig arbeiten, um verlässliche Ergebnisse auszugeben.
    Labore in Deutschland müssen derzeit hunderttausende Corona-Tests auswerten. Dabei müssen sie sorgfältig arbeiten, um verlässliche Ergebnisse auszugeben. Foto: Fabian Strauch, dpa (Symbolfoto)

    Die Pandemie-Lage in Deutschland spitzt sich mehr und mehr zu. Am Mittwoch meldete das Robert-Koch-Institut bundesweit knapp 15.000 Corona-Neuinfektionen, rund 2000 davon stammen nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) aus Bayern. Mit der Veröffentlichung dieser Zahlen schwingt jedoch noch eine weitere Information mit: Jeden Tag werden bundesweit in medizinischen Laboren hunderttausende Corona-Tests ausgewertet – auch im Freistaat. Doch nicht immer laufen diese Analysen reibungslos ab, wie ein aktueller Fall aus Augsburg zeigt.

    Wie zuverlässig ist eigentlich das gängige Corona-Testverfahren?

    In einer Klinik im oberbayerischen Taufkirchen haben mehrere Patienten reihenweise ein falsches positives Corona-Testergebnis erhalten. Das Augsburger Labor MVZ, ein großer Anbieter von Labordienstleistungen, hatte deren Tests untersucht und war für die fehlerhaften Ergebnisse verantwortlich. 58 von rund 60 positiven Tests hatten sich als falsch erwiesen. Die Geschäftsführerin des MVZ-Labors, Gabriele Schön, sagte dem Münchner Merkur: Der Fehler hänge mit einer Knappheit an Reagenzien zusammen. Bei einem Hersteller habe es einen Lieferengpass gegeben. Deshalb habe man auf ein anderes Nachweismittel zurückgreifen müssen, das offenbar nicht kompatibel gewesen sei, wird Schön zitiert. Zu einer Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion war Schön bis zum Abend jedoch nicht bereit.

    Doch wie zuverlässig ist eigentlich das gängige Testverfahren? Wie eine Sprecherin des LGL erklärt, wird das Coronavirus mithilfe eines sogenannten RT-PCR-Verfahrens ermittelt – die Abkürzung steht für die englische Bezeichnung für Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion. „Unserer Erfahrung nach liefert die Diagnostik höchst zuverlässige Ergebnisse.“ Die analytische Spezifität, also sozusagen die Genauigkeit, „liegt bei nahezu 100 Prozent. Der PCR-Test gilt als sehr sichere Nachweismethode einer Covid-19-Infektion. Bei einer sachgerecht durchgeführten Laboranalyse kann sich die getestete Person auf das Ergebnis verlassen.“ Doch dafür bedarf es auch geeigneter Materialien. Und daran mangele es derzeit offenbar an manchen Stellen.

    Die Corona-Pandemie bringt auch die Laboratorien an ihre Grenzen.
    Die Corona-Pandemie bringt auch die Laboratorien an ihre Grenzen. Foto: Jeff Pachoud, dpa (Sybolbild)

    Das Augsburger MVZ-Labor ist dabei momentan nicht die einzige Einrichtung, die Schwierigkeiten mit Lieferengpässen hat. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts haben bundesweit bereits dutzende Laboratorien gemeldet, dass sie Probleme hätten, bestimmte Utensilien zu bekommen, zum Beispiel „Reagenzien wie Plastikverbrauchsmaterialien und Pipettenspitzen“. Gleiches bestätigen auch Michael Müller und Evangelos Kotsopoulos vom Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM). Es fehle immer wieder an Material. „Mal sind es Abstrichtupfer, mal Reagenzien, dann wieder Verbrauchsmaterialien, jetzt gerade Pipettenspitzen, die fehlen.“ Einen Grund dafür sehen sie in den vergangenen Monaten: Man habe im Sommer bei der Testung von Reiserückkehrern mindestens hunderttausende von Tests unnötig verbraucht, die heute fehlen würden. „Wir sind Teil eines globalen Systems und merken jeden Tag, dass wir nicht alles, was wir dringend benötigen, auch immer sofort geliefert bekommen.“

    Und nicht nur das: Es scheint, dass die Auswertung der Tests nicht nur ein qualitatives, sondern auch ein quantitatives Problem birgt.

    Jetzt kommen auch noch die Influenza-Tests hinzu

    Zum Hintergrund: Das RKI erhebt jede Woche in Zusammenarbeit mit mehr als 150 Laboratorien, wie viele Tests bislang ausgewertet wurden und wie viele Tests untersucht werden können. Seit Beginn der Pandemie waren das über 20 Millionen Corona-Tests in Deutschland. Die grundsätzliche Kapazität schätzt das RKI derzeit auf über 1,7 Millionen Tests pro Woche. In Bayern sind es mittlerweile knapp fünf Millionen Tests, die dem LGL von 76 bayerischen Laboren gemeldet wurden, über 96.000 hatten ein positives Ergebnis.

    Das Problem ist nun, dass es einige Labore nicht mehr schaffen, alle anstehenden Tests abzuarbeiten. In der aktuellen Erhebung haben 52 Labore einen Rückstau gemeldet, das heißt, dass es aktuell bundesweit mehr als 20.000 auszuwertende Proben gibt.

    Aufgrund dieser Entwicklung fordern Vertreter von Laboren in ganz Deutschland, Sars-CoV-2-Testungen auf das Notwendige zu reduzieren, und vor allem nur die Menschen zu testen, die Tests vordringlich brauchen. Unter ihnen ist auch Michael Müller vom ALM. „Die Lage ist ernst. Es ist wichtig, dass wir die Auslastung der Laboratorien wieder zurückführen auf das Maß, das wir längerfristig durchhalten.“ Zu der Belastung durch die vielen Corona-Tests kämen nun im Herbst auch noch Influenza-Tests hinzu, die die Labore ebenfalls zu bewältigen hätten. (mit dpa)

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Labore werden an ihre Belastungsgrenze getrieben

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