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Corona Impfung: Das sollten Impfskeptiker wissen

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Sorge vor Corona-Impfung? Das sollten Impfskeptiker wissen

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    Immer mehr Menschen sind in Bayern gegen Corona geimpft. Doch viele zögern auch noch.
    Immer mehr Menschen sind in Bayern gegen Corona geimpft. Doch viele zögern auch noch. Foto: Swen Pförtner, dpa

    Eine Impfgegnerin ist sie nicht. Auch keine Coronagegnerin. Aber mit dem Impfen will die 32-Jährige trotzdem warten. Die Mathematikerin hat zwei kleine Kinder und informiert sich ständig über das Pandemiegeschehen. Am liebsten hätte sie selbst Medizin studiert. Ganz überzeugt ist sie einfach noch nicht von den Impfstoffen. Auch fühlt sie sich nicht gefährdet. Und dann ist ihr auch der politische Druck zu groß. Dieses Drängen zum Impfen, da reagiere sie eher mit Trotz und geht erst einmal nicht.

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    In der ganzen Diskussion um die Aufhebung der Priorisierung, Impfstoffmengen und Herdenimmunität fallen diese Gruppen oft unter den Tisch: Die Impfskeptiker, aber auch die Impfgegner. Zahlen, wie viele es gibt, sind schwer heraus zu finden. Die junge Frau, die sich zu den Impfskeptikern zählt, sagt selbst: "Wir sind wenige." Doch, was sie ärgert: Wenn sie ihre Zweifel öffentlich ausspricht, wenn sie oder auch ihr Mann sagen, dass sie sich jetzt noch nicht impfen lassen wollen, stoßen sie meist auf Ablehnung und werden sofort in eine Ecke gestellt, nämlich in die der Corona-Leugner und in die der Impfgegner.

    Dass man zwischen Impfgegnern und Impfskeptikern unterscheiden muss, betont auch Professor Markus Naumann. Ideologische Impfgegner sind seiner Ansicht nach nur sehr schwer zu überzeugen. Die Bedenken der Impfskeptiker dagegen nimmt er sehr ernst. Es sind oft Menschen, die sich sehr viele Gedanken machen, aber auch große Sorgen haben. Gerade auch mögliche Impfkomplikationen führen oft immer noch zu Ängsten. Der Direktor der Klinik für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Universitätsklinikum Augsburg setzt daher weiter auf Aufklärung.

    Sind meine Symptome schon eine Impfkomplikation?

    Zusammen mit seinem Kollegen Dr. Antonios Bayas gehört Naumann zu den ersten, die gerade vor dem Hintergrund der von vielen so gefürchteten Hirnvenenthrombosen als mögliche Impfkomplikation des Impfstoffs AstraZeneca, in dem renommierten Fachblatt The Lancet am Beispiel einer 53-jährigen Patientin das Auftreten von im Kopf gelegenen Thrombosen am Uniklinikum darlegten. Der erfahrene Neurologe weiß also um die Gefahren von Impfkomplikationen. Wobei zwischen Impfkomplikationen und Impfreaktionen zu unterscheiden ist: In der Regel gilt, wie Naumann erklärt, alles, was in den ersten drei Tagen nach der Impfung auftritt als Impfreaktion. Beispielsweise leichte Kopfschmerzen. Spüren die Geimpften allerdings ab dem vierten Tag plötzlich neue Symptome wie etwa starke Kopfschmerzen, so sollten diese abgeklärt werden, weil es tatsächlich Impfkomplikationen sein könnten.

    Naumann motiviert immer wieder zur Impfung gegen Corona. Denn einmal davon abgesehen, dass Impfkomplikationen bei allen bisher zugelassenen Impfstoffen gegen Corona wirklich extrem selten seien und nur deswegen überhaupt so rasch bekannt werden, weil Massen von Menschen geimpft werden, ist es für ihn zum anderen eine klare Risikoabwägung: Und der Nutzen der Impfung überwiege deutlich. "Das Leben ist voller Risiken und täglich wägen wir sie ab", sagt Naumann.

    Das Risiko beim Auto- oder Radfahren tödlich verletzt zu werden, sei um ein Vielfaches höher als sich bei einer Corona-Impfung Schaden zuzufügen. Den Neurologen wundert die Unehrlichkeit mancher Menschen bei der Corona-Impfung: sie erwarten ausgerechnet von dieser Impfung, die einen Schutz gegen eine möglicherweise schwere oder tödlich verlaufende Krankheit bietet, dass sie keinerlei Nebenwirkungen hat. Dabei werde weiter geraucht, zu viel Zucker und Fett gegessen, sich zu wenig bewegt – das alles birgt enorme Risiken für schwere Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt, diese Risiken nehmen viele aber bedenkenlos in Kauf.

    Was gerade viele Impfskeptiker aus Sicht von Naumann zu wenig berücksichtigen, sind die möglichen Spätfolgen einer Covid-19-Erkrankung. Dabei sehen die Ärzte auch am Uniklinikum Augsburg immer häufiger Menschen, auch jüngeren Alters, die nach einer überstandenen Infektion, mit massiven Beeinträchtigungen kämpfen. Beeinträchtigungen, von denen viele noch gar nicht erforscht seien und gerade im neurologischen Bereich liegen, wie etwa Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen.

    Vor dem Reisen lassen sich viele "just for fun" piksen

    Auch erinnert Naumann daran, dass sich vor Corona viele Menschen, bevor sie bestimmte Länder bereisten, etliche Impfungen geben ließen. Da werde in der Regel gar nicht gefragt, was das ist und welche Nebenwirkungen auftreten können. Man denke nur beispielsweise an die Gelbfieberimpfung, die wie jede Impfung nicht risikofrei ist, vor bestimmten Reisen aber "just for fun" gerne in Anspruch genommen wird.

    Die Gelbfieberimpfung, um beim Beispiel zu bleiben, ist aber auch kein Stammtischthema, erklärt Dr. Markus Frühwein. Über Reiseimpfungen und ihre möglichen Nebenwirkungen wird nur selten in den Medien umfangreich berichtet, dagegen vergeht kein Tag an dem nicht die Impfung gegen Corona ein großes Thema ist, sagt der Münchner Allgemeinmediziner und Impfexperte. Die vielen Informationen führen allerdings auch dazu, dass wir noch nie so viele Hobbyvirologen im Land hatten wie heute. Auch so mancher Impfskeptiker könnte in diese Gruppe gezählt werden. Das sind Menschen, die hoch gebildet sind und sich tief hinein arbeien in die Materie. Allerdings eben nur auf einem Randgebiet Wissen anhäufen. "Und das ist das Gefährliche", warnt Frühwein. "Diese Menschen haben sich oft sehr einseitig aufgeschlaut, ihnen fehlt aber doch der medizinische Zusammenhang."

    Gleichwohl sieht Frühwein die Zahl der dogmatischen Impfgegner sogar schwinden. Ihren Anteil schätzt er nur noch auf etwa zwei Prozent. Gerade Virologen wie Christian Drosten, die verständlich erklären, hätten hier viel zur Aufklärung beigetragen. Frühwein hat eigentlich keine Angst, die Herdenimmunität zu erreichen, dass sich also 75 bis 80 Prozent der Bevölkerung gegen Corona impfen lassen.

    Im Münchner Umland sind Epizentren der Impfgegner

    Ideologische Impfgegner sind allerdings nach seiner Erfahrung ganz schwer zu überzeugen. Einige Epizentren von ihnen seien in der Seenlandschaft im Münchner Umland zu finden. Es seien vor allem Frauen. Meist hoch gebildet und nicht unvermögend, die generell gerne Alternativen in der medizinischen Behandlung suchen.

    Was Frühwein viel mehr zu schaffen macht, sind aktuell die vielen logistischen Anfragen der Patienten: Obwohl klipp und klar auf der Homepage stehe, dass die Praxis keine Impftermine verschieben kann, werden sie überhäuft mit Anfragen. "Teilweise sind wir gar nicht mehr erreichbar", ärgert sich Frühwein. Die Menschen wollen meist in den Urlaub und daher ihre Zweitimpfung verschieben.

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