i
Foto: Matthias Becker
Foto: Matthias Becker

In den bayerischen Impfzentren (hier die Einrichtung in Kempten) wird das Mittel der britisch-schwedischen Firma AstraZeneca wieder verimpft.

Corona-Impfung
26.03.2021

Blick in die Region: Lehnen viele Menschen eine Impfung mit AstraZeneca ab?

Von Markus Bär, Daniela Hungbaur

Mögliche Nebenwirkungen und Todesfälle haben das Vakzin in Verruf gebracht. Wie es in der Region mit dem Impfen vorangeht und wie viele Termine abgesagt werden.

Über zwei Millionen Corona-Impfungen sind Stand Freitag nun insgesamt in Bayern verabreicht worden. Die meisten von ihnen fanden in den Impfzentren des Freistaats statt. Diese waren erst vor etwa einer Woche vom Impfstopp für das Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca betroffen gewesen. Es hatte mehrere teils sogar tödliche Fälle von Hirnvenenthrombosen gegeben, die nach der Impfung aufgetreten waren. Erst nachdem die Europäische Arzneimittelagentur EMA das Produkt als unbedenklich wieder freigegeben hatte, wurde weiter geimpft. Doch wollte dann überhaupt noch jemand dieses Mittel verabreicht bekommen? Hatte es doch ohnehin von Anfang an mit einem schlechteren Ruf als die Konkurrenzpräparate von Biontech und Moderna zu kämpfen.

Im Allgäu wurden Termine für die Impfung mit AstraZeneca abgesagt

„Ja, es hat zunächst tatsächlich Terminabsagen gegeben“, sagt Gregor Blumtritt, Ärztlicher Leiter der Impfzentren in Kaufbeuren und Marktoberdorf. Absagen, die mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Angst vor Hirnvenenthrombosen zurückzuführen seien. Doch in den beiden Impfzentren habe das nach der Wiederzulassung nicht dazu geführt, dass der Betrieb lahmgelegt wurde und sich der Impfstoff von AstraZeneca sozusagen stapelte. „Das System funktioniert ja etwas anders, als man sich das vielleicht vorstellt“, erläutert Blumtritt.

Wer sich online meldet, bekommt einen Terminvorschlag und erhält schon die Information, welchen Impfstoff er erhalten wird. „Das erkennt der Impfwillige aber auch daran, welcher Folgetermin ihm gleich ebenfalls genannt wird – ob nach sechs oder zwölf Wochen.“ Bei AstraZeneca wird die Zweitimpfung nach gut drei Monaten anberaumt, bei den beiden anderen Herstellern sind es sechs Wochen. „Wer das Mittel von AstraZeneca nicht will, bestätigt den vorgeschlagenen Termin dann erst gar nicht.“ Und fällt im Online-Meldesystem sozusagen heraus. Doch das merke man in den Impfzentren nicht. „Weil dann im System sofort der nächste Impfwillige nachrückt.“

Ältere haben weniger Vorbehalte gegenüber dem Impfstoff von AstraZeneca

Und so kam es, dass nach der Freigabe von AstraZeneca wieder bis zu je 300 Impfungen in Kaufbeuren und Marktoberdorf vorgenommen wurden, erklärt Blumtritt. Bei den vielen Älteren, die etwa von mobilen Impfteams daheim aufgesucht wurden, gebe es ohnehin viel weniger Vorbehalte gegen AstraZeneca als bei Jüngeren. „Die Älteren sind meist froh, dass sie geimpft werden – und fertig.“

mehr anzeigen

Ähnliches berichtet auch Alexander Schwägerl, Leiter des Kemptener Impfzentrums. „Klar, es gab zunächst skeptische Töne.“ In ganz wenigen Einzelfällen seien Menschen sozusagen verärgert und ungeimpft wieder gegangen, wenn man ihnen sagte, dass es an dem betreffenden Tag „nur“ AstraZeneca-Präparate gebe. Doch inzwischen laufe alles wieder wie vorher. Auch trotz des tödlichen Vorfalls, bei dem eine 55-jährige Krankenpflegerin aus Immenstadt nach einer AstraZeneca-Impfung gestorben war. Wer das Mittel nicht wolle, werde im Terminvergabesystem erst gar nicht eingebucht – und der nächste Interessent rücke nach, so Schwägerl.

So erklärt es auch Jens Reitlinger vom Landratsamt Augsburg. Durch das beschriebene Online-Verfahren wisse man nicht, warum Impftermine abgesagt werden. Eine große Absage-Welle sei aber nicht zu beobachten. „AstraZeneca ist bei uns kein Ladenhüter“, betont Reitlinger. Es gebe genug Menschen, die sich mit AstraZeneca impfen lassen.

Zwei bis drei Prozent sagen ihre Impftermine ab

Viele Absagen gibt es auch nicht im Landkreis Neu-Ulm, erklärt Kerstin Weidner, Sprecherin des Landratsamtes Neu-Ulm, am Freitag. Allerdings müsse man die Entwicklung abwarten. Bis jetzt haben demnach etwa zwei bis drei Prozent der Personen, die für eine Impfung mit AstraZeneca vorgesehen waren, ihren Termin gecancelt. Eine gewisse Unsicherheit sei teilweise schon vorhanden, berichtet Weidner. Auch werde im Aufklärungsgespräch gezielt und vermehrt nachgefragt – vor allem auch von Frauen, schließlich sind die schweren Nebenwirkungen bisher vor allem bei Frauen unter 55 Jahren aufgetreten. Dadurch nehmen die Aufklärungsgespräche teilweise mehr Zeit in Anspruch. „Doch die Ärztinnen und Ärzte nehmen sich die Zeit gerne, um den Impfwilligen die Unsicherheiten nehmen zu können.“

mehr anzeigen

Alexander Schwägerl vom Kemptener Impfzentrum hofft, dass sich mit dem zusätzlichen Impfen durch die Hausärzte ab kommender Woche die Akzeptanz für AstraZeneca wieder verbessern werde. „Viele Menschen kennen ja ihre Hausärzte und vertrauen ihnen.“
 

Lesen Sie dazu auch:

Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

Facebook Whatsapp Twitter Mail