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Corona-Hotspot: Corona und die Wirtshaus-Wiesn: München ist im Ausnahmezustand

Corona-Hotspot

Corona und die Wirtshaus-Wiesn: München ist im Ausnahmezustand

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    Wegen der Corona-Pandemie fällt das Oktoberfest in diesem Jahr aus – zumindest auf der Theresienwiese.
    Wegen der Corona-Pandemie fällt das Oktoberfest in diesem Jahr aus – zumindest auf der Theresienwiese. Foto: Felix Hörhager, dpa

    Die Wiesn-Zeit ist eine Zeitrechnung, an die sich viele Münchner halten – egal, ob das Oktoberfest stattfindet oder wegen Corona abgesagt ist. Auf dem Fahrrad, in der U-Bahn, an der Isar sind dieser Tage viele Dirndl- und Lederhosen-Träger unterwegs. Es ist ein symbolisches Aufbegehren gegen die Pandemie, ein Stück herbstlicher Normalität. Über die tatsächliche Situation in der bayerischen Landeshauptstadt kann all das aber nicht hinwegtäuschen. Denn Corona hat die Stadt wieder ereilt. Und zwar mit voller Wucht.

    Münchens Oberbürgermeister Reiter bemängelt Nachlassen der Vorsicht

    Schon am Freitag hatte München die kritische Grenze von 50 Neuinfektionen pro Woche und 100.000 Einwohner überschritten. Bis Montag stieg der Wert der sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz auf 56,1. Die Stadt war zum Handeln gezwungen, der Krisenstab tagte. Resultat sind zahlreiche Maßnahmen – die einschneidendste: Statt zehn dürfen sich nur noch fünf Menschen oder Angehörige zweier Haushalte sowohl im privaten als auch im öffentlichen Raum sowie in der Gastronomie treffen. Die Regelung soll von Donnerstag an gelten, sofern der Fall-Wert bis dahin weiter über 50 liegt. Davon gehe er aber aus, sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Montag. „Die vergangenen Tage haben leider gezeigt, dass die Vorsicht nachlässt.“

    Darüber hinaus wird es an bestimmten, viel besuchten Orten in der Stadt eine Maskenpflicht geben. Dazu zählen Stachus, Marienplatz, Viktualienmarkt und die Sendlinger Straße. Die Maskenpflicht gelte dort im Gehen, Stehen und Sitzen, sagte Reiter. Es sei auch eine generelle Maskenpflicht im gesamten Stadtgebiet diskutiert worden, diese werde es aber zunächst nicht geben. Außerdem dürfen der geplanten Allgemeinverfügung zufolge nur noch 25 Menschen an privaten Feiern – etwa Geburtstage, Hochzeiten, Beerdigungen oder Abschlussfeiern – in geschlossenen Räumen teilnehmen. Im Freien liegt die Grenze bei 50. Kultur- oder Sportveranstaltungen sind von dieser Regelung ausgenommen. Von weiteren Verschärfungen – wie einem Alkoholverbot oder einer Sperrzeitverkürzung – habe man abgesehen, weil man Entscheidungen des bayerischen Kabinetts am Dienstag abwarten wolle, so Reiter. Wie die Stadt auf Anfrage unserer Redaktion erklärte, ist der Anstieg in den vergangenen Tagen nicht auf wenige größere Infektions-Ereignisse zurückzuführen, sondern auf eine Vielzahl kleinerer Ausbrüche.

    Gut zu wissen: Sieben Fakten zur Münchner Wirtshaus-Wiesn

    Die Wirtshaus-Wiesn wurde vor allem vom Verein der Münchner Innenstadtwirte und den Wirten der großen Wiesnfestzelte vorangetrieben, da das reguläre Oktoberfest in diesem Jahr ausfällt. Die Wirtshaus-Wiesn findet in diesem Jahr zum ersten Mal statt.

    Die Münchner Wirtshaus-Wiesn findet von Samstag, 19. September, bis Sonntag, 4. Oktober, in München statt. In dem Zeitraum wäre ursprünglich auch die reguläre Wiesn in München gewesen.

    Das Konzept der Wirtshaus-Wiesn ist gar nicht so neu. Es bezieht sich auf das erste Oktoberfest im Jahr 1810. Damals fanden anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Ludwig von Bayern und Prinzessin Therese zahlreiche Feiern statt - darunter ein Pferderennen auf der Theresienwiese. Essen und Getränke gab es damals nicht direkt auf der Theresienwiese. Dafür ging man in die umliegenden Wirtshäuser.

    Insgesamt beteiligen sich 54 Münchner Gaststätten an der Wirtshaus-Wiesn - 36 Gaststätten der Münchner Innenstadtwirte und 18 Wirtshäuser der "großen" Wiesnwirte. Die teilnehmenden Gaststätten erkennt man am Wirtshaus-Wiesn-Logo.

    Neben originalem Wiesnbier und Wiesnschmankerln gibt es in den Gaststätten auch traditionelle bayerische Live-Musik. Die Gasträume werden dafür im Wiesn-Stil dekoriert.

    Das Tragen von Dirndl und Lederhosen ist auf der Wirtshaus-Wiesn gerne gesehen. Unter dem Hashtag #aufbretzelt2020 gibt es sogar einen Fotowettbewerb.

    Wie in anderen Gaststätten auch, gelten für die Wirtshaus-Wiesn die vorgeschriebenen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen: Abstand halten, Kontaktdaten hinterlegen und eine Mund-Nasenbedeckung tragen.

    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sei „sehr besorgt“

    Am Montagvormittag hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder schon erklärt, er sei „sehr besorgt“ über die hohen Corona-Zahlen in München. „Es kann die Gefahr bestehen, dass das Infektionsgeschehen nicht mehr nachverfolgbar ist“, warnte der CSU-Chef. „Wir können das nicht einfach so laufen lassen.“ Als Beispiel nannte er die Bilder von der Münchner Ersatz-Wiesn. Gemeint ist die sogenannte Wirtshaus-Wiesn, die man gemeinsam mit der Stadt München und den Großen Wiesnwirten entwickelt habe, berichtet Gregor Lemke vom Augustiner Klosterwirt, Vorsitzender der Münchner Innenstadtwirte. Das ganze Wochenende über kamen in mehr als 50 Wirtshäusern in der Stadt Oktoberfestliebhaber zusammen, um zu feiern. Bis zum 4. Oktober soll die Aktion dauern. Weniger eine exzessive Party als ein gemütliches Zusammensitzen solle es sein. Nichts Großes, sagt Lemke. Nur so viel, um diese Wiesnzeit zu würdigen. Schließlich sei das Oktoberfest schon sehr „in der Münchner DNA verwurzelt“.

    Kritische Stimmen zur Wirtshaus-Wiesn in München werden lauter

    Ersetzen – da sind sich Lemke und Wiesnwirte-Sprecher Peter Inselkammer einig – könne die Wirtshaus-Wiesn das Oktoberfest nicht. Weder in emotionaler noch in betriebswirtschaftlicher Weise. Die wirtschaftlichen Ausfälle des regulären Oktoberfestes seien nicht zu kompensieren, sagt Gregor Lemke. Ähnlich gehe es auch der Trachten- und Hotelbranche, die von der Ersatz-Wiesn nicht profitieren, wie Daniela Ziegler erklärt, Kreisgeschäftsführerin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes in München. Die Umsatzeinbrüche in der Hotellerie seien sehr hoch, man spreche von minus 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Daran könne auch die Wirtshaus-Wiesn nichts ändern, erklärt Ziegler.

    Sind es diese Zahlen wert, das Infektionsgeschehen mit ausufernden Partys anzuheizen? Angesichts steigender Corona-Fallzahlen werden die kritischen Stimmen zur Wirtshaus-Wiesn immer lauter. „Das ist ein Schmarrn“, sagt beispielsweise Nicolai Schmidt, der in diesem Jahr normalerweise in einem der Festzelte gearbeitet hätte. Viel diskutiert wird auch in den sozialen Netzwerken. Ein Nutzer schreibt: „Wer hat sich das ausgedacht? Und wer genehmigt das bei einem Inzidenzwert von über 50. Muss ich nicht verstehen.“ Ein anderer kommentiert: „München hat ein neues Superspreaderevent.“ Auch manche Virologen äußerten sich bereits skeptisch zum Ersatz-Oktoberfest und blickten mit Sorge auf die steigende Zahl der Infektionen. (mit dpa)

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Wirtshaus-Wiesn in Corona-Zeiten: München muss hart durchgreifen

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