Die verschärften Einreiseregeln an den Grenzen zu Tschechien und Österreich werden für bestimmte Berufspendler gelockert. Das teilten Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) am Sonntag bei einem Besuch an der Kontrollstelle in Schirnding (Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge) mit. Demnach sollen auch Pendler einreisen dürfen, die gebraucht werden, um die Funktionsfähigkeit ihrer Betriebe in systemrelevanten Branchen aufrecht zu erhalten.
Bis Dienstag sollen die Behörden in Bayern Betriebe als systemrelevant definieren und individuelle Bescheinigungen ausstellen, die an der Grenze vorgezeigt werden müssen. Herrmann sagte, zu den Ausnahmebranchen zählten etwa Elektrizitäts- und Wasserwerke oder die Lebensmittelproduktion. Voraussetzung für die Einreise sei dann aber für alle ein maximal 48 Stunden alter negativer Test sowie die Bescheinigung des Arbeitgebers. Zudem müssten sie sich digital vor der Einreise anmelden.
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hält allerdings nicht viel von den schärferen deutschen Einreiseregeln. "Die Furcht vor den Mutationen des Coronavirus ist verständlich. Aber trotzdem gilt die Wahrheit, dass sich das Virus nicht von geschlossenen Grenzen aufhalten lässt", sagte die 64-jährige christdemokratische Politikerin aus Zypern unserer Redaktion. Über kritische Bemerkungen seitens der EU-Kommission hatte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer schon tags zuvor empört.
Auch Markus Söder (CSU) wies die Kritik an den Maßnahmen zurück. Die Grenzkontrollen bedeuteten nicht das Ende des freien Europas, wie manche sagten. "Was für ein Unsinn." Er sei überzeugt, dass es Europa stärke, wenn es jetzt gelinge, eine neue Welle zu verhindern. Momentan sei unklar, wie in Tschechien das Corona-Management weitergehe, sagte er. "Ich darf ausdrücklich sagen: Wir sind befreundet. Wir helfen, wir nehmen auch tschechische Patienten gerne auf. Aber wenn es jenseits der Grenze überhaupt keine Maßnahmen mehr geben sollte, dann bedeutet das eine erhebliche Gefährdung."
Sicherheit und Schutz stünden in diesen Zeiten an oberster Stelle. Deswegen sei es richtig, Mutationsgebiete zu erklären und die stationären Grenzkontrollen einzuführen. Aus einer abklingenden zweiten Welle dürfe keine selbst verstolperte dritte werden. "Wir können nicht zulassen, dass die strengen Maßnahmen, das großartige Verhalten der Bevölkerung, im Nachhinein sich als sinnlos erweisen."
Die Kontrollen haben in der Nacht zum Sonntag bei frostigen Temperaturen von mancherorts bis zu 20 Grad unter Null begonnen. Laut Bundespolizei gab es an Bayerns Grenzen zu Tschechien und Tirol weder Staus noch längere Wartezeiten. Mehr als 500 Menschen wurden innerhalb der ersten zwölf Stunden allerdings zurückgeschickt. Sie seien nach den neuen Regeln nicht zur Einreise berechtigt gewesen, sagte der Präsident der Bundespolizeidirektion München, Karl-Heinz Blümel. Mehr als 1700 Menschen seien kontrolliert worden. Die Bundespolizei arbeitet mit der Grenzpolizei zusammen, die ebenfalls für einen Teil der Kontrollstellen zuständig ist.
An den Grenzen zu Tschechien und dem österreichischen Bundesland Tirol gelten wegen der dort verbreiteten ansteckenderen Varianten des Coronavirus seit diesem Sonntag schärfere Einreiseregeln. Laut einer Verordnung des Bundesinnenministeriums dürfen aus den betroffenen Gebieten nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gibt es für medizinisches Personal, für Lkw-Fahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte. Einreisende müssen einen negativen Corona-Test und eine Bescheinigung des Arbeitgebers vorweisen. (dpa)
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