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Chancen von Altbewerbern: Wenn die Suche endlos dauert

Chancen von Altbewerbern

Wenn die Suche endlos dauert

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    Wenn die Suche endlos dauert
    Wenn die Suche endlos dauert

    Nach ihrem Hauptschulabschluss 2003 wollte Lena einen sozialen Beruf erlernen. Aber was sie auch unternahm: Sie bekam keine Stelle. Lena entschied sich, die Berufsfachschule für Hauswirtschaft in Marktoberdorf zu besuchen. Noch mal drei Jahre Schule, daneben die Mittlere Reife. Dann würde es mit der Lehrstelle schon klappen, dachte sie. Aber es klappte nicht.

    Zurzeit macht Lena ein freiwilliges soziales Jahr. In den Statistiken der zuständigen Arbeitsagentur wird sie als Altbewerber geführt, einer von derzeit rund 37 000 in Bayern. Altbewerber sind Jugendliche, die unmittelbar nach der Schule keine Lehrstelle bekommen haben, länger als zwölf Monate auf der Suche sind und jedes Jahr - zusätzlich zu den jeweils aktuellen Schulabgängern - auf den Ausbildungsmarkt drängen.

    "Je niedriger der Schulabschluss ist und erst recht, wenn gar kein Abschluss da ist, desto eher läuft man Gefahr, zum Altbewerber zu werden", sagt Peter Litzka, Chef der Arbeitsagentur in Kempten. Ende Mai zählte die Agentur exakt 1616 Altbewerber. Rund 70 Prozent davon sind Hauptschüler oder haben keinen Schulabschluss.

    Den typischen Altbewerber gibt es nicht, betont Wolf-Dietrich Siebert, Leiter des Bereichs Aus- und Weiterbildung bei der Industrie- und Handelskammer Schwaben (IHK). Denn zu dieser Gruppe zählen nicht nur schlecht qualifizierte Jugendliche, sondern auch Studienabbrecher, die auf der Suche nach einer Lehrstelle sind. Siebert schätzt die Zahl der Altbewerber allein in

    Vor allem im Einzugsbereich der Augsburger Arbeitsagentur ist die Quote hoch. "Jeder zweite Bewerber ist hier ein Altbewerber", sagt Reinhold Demel, Chef der Agenturen in Augsburg und Donauwörth. Demel verweist auf berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, in denen Jugendliche fit für die Lehre gemacht werden, oder die Einstiegsqualifizierung, ein spezielles Praktikum, über das sich Jugendliche in einem Betrieb empfehlen können.

    Zwar schaffen es viele der Altbewerber auf den zweiten Anlauf, eine Lehrstelle zu bekommen, wie Litzka von der Kemptener Agentur sagt. "Aber es gibt auch Fälle, wo sich das ein paar Jahre hinziehen kann." Je weiter der Schulabschluss eines Bewerbers zurückliege, je sprunghafter sein Lebenslauf sich darstelle, desto geringer sei auch die Chance auf eine Lehrstelle. "Wenn jemand 23 ist und fünf Jahre lang nichts gemacht hat, dann ist es schwer, ihn noch in eine reguläre Ausbildung zu bekommen", unterstreicht IHK-Experte Siebert.

    Die Ursachen, warum jemand zum Altbewerber wird, sind so unterschiedlich wie die Lebensgeschichten der Betroffenen. In Lenas Fall war es vielleicht Pech. Anderen fehlen die geeigneten Qualifizierungen für ihren Wunschberuf.

    Anderen wiederum mangelt es an der nötigen Ausbildungsreife, das heißt, an Interesse, Motivation und Engagement, an Umgangsformen, Disziplin oder Durchhaltevermögen. Die Handwerkskammer für Schwaben schätzt, dass rund ein Viertel eines Hauptschuljahrgangs nicht ausbildungsreif ist.

    Der derzeitige wirtschaftliche Aufschwung und die Tatsache, dass weniger Kinder in Deutschland geboren werden, die Zahl der Lehrstellen-Bewerber also sinken wird, könnte die Altbewerber-Problematik in Zukunft abschwächen. "Dann wird die Wirtschaft händeringend Azubis suchen", prophezeit Demel. Die Anforderungen an die Auszubildenden bleiben aber die gleichen, betont Siebert.

    Rund 30 Bewerbungen hat Lena inzwischen geschrieben - und endlich auch Zusagen erhalten, sogar gleich vier. Im September beginnt sie eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. In ihrem freiwilligen sozialen Jahr hat sie gemerkt, dass sie dem Umgang mit kranken Menschen offensichtlich doch nicht gewachsen ist.

    Vieles würde sie heute anders machen, sagt die 20-Jährige rückblickend: Gleich die Realschule machen, schneller eine Lehrstelle finden. "Aber dann wüsste ich doch nicht, was ich eigentlich will."

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