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Candida albicans: Pilzinfektionen belasten viele Frauen

Candida albicans

Pilzinfektionen belasten viele Frauen

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    So in etwa sieht er aus: Darstellung des Hefepilzes „Candida albicans“, der vielen Frauen Beschwerden bereitet.
    So in etwa sieht er aus: Darstellung des Hefepilzes „Candida albicans“, der vielen Frauen Beschwerden bereitet. Foto: Dr. Kateryna/fotolia

    Chronische Infektionen in der Intimregion – darüber sprechen die wenigsten Frauen, obwohl das Problem weit verbreitet ist. Viele Frauen pilgern auf der Suche nach Hilfe von Arzt zu Arzt, weiß Prof. Ernst Rainer Weissenbacher. Er hat jahrzehntelang eine gynäkologische Infektionssprechstunde im Münchner Klinikum Großhadern geleitet und ist heute in eigener Praxis in München tätig. Weissenbacher ist zudem Präsident und Gründungsmitglied der Europäischen Gesellschaft für

    Welcher Erreger macht den Frauen am meisten Probleme?

    Weissenbacher: Am meisten Beschwerden macht wohl die Candidose, eine Infektion mit dem Pilz Candida albicans. Treten die Attacken mehr als viermal pro Jahr auf, spricht man von einer chronisch-rezidivierenden Infektion. Ich behaupte, es gibt keine Frau, die nicht mindestens einmal im Leben eine

    Wie kommt es zu solchen chronischen Pilzinfektionen?

    Weissenbacher: Auslöser sind vor allem Antibiotika. Eine Frau bekommt zum Beispiel wegen eines Harnwegsinfektes ein Antibiotikum verschrieben, und dann hat sie plötzlich einen Scheidenpilz. Egal, ob Antibiotika lokal, oral oder per Infusion gegeben werden, muss man bei 30 bis 50 Prozent der so behandelten Frauen mit einem anschließenden Pilzbefall rechnen.

    Die Pilze tragen viele Frauen ohne Probleme mit sich herum

    Gibt es Risikogruppen außer den mit Antibiotika behandelten Frauen?

    Weissenbacher: Ja. Eine weitere Hauptrisikogruppe sind zuckerkranke Frauen oder Frauen mit geschwächtem Immunsystem, wobei das Immunsystem beispielsweise schon durch eine Erkältung oder eine Grippe geschwächt sein kann. Früher galt darüber hinaus eine Einnahme der Pille als Risikofaktor. Die heutigen niedrig dosierten Pillen sind es aber nicht mehr.

    Hormone haben aber einen Einfluss?

    Weissenbacher: Ja, Pilzinfektionen sind auch von den Hormonen abhängig. Hormone verändern die Scheidenschleimhaut so, dass Pilze sich gut ernähren können. Deshalb sind Frauen nach der Menopause weniger pilzgefährdet. Betroffen sind vor allem geschlechtsreife Frauen zwischen 15 und 50 Jahren.

    Wie steckt man sich denn an? Pilze kommen ja überall vor...

    Weissenbacher: Eine sexuelle Übertragung ist sicherlich gegeben. Außerdem kommen Pilze häufig vor im Mundbereich, werden geschluckt und dann ausgeschieden - auch so können sie in die Unterleibsregion gelangen. Oft fragen die Frauen auch, ob sie sich im Schwimmbad anstecken können oder glauben, sich dort einen Pilz geholt zu haben. Es handelt sich aber meist um eine „endogene“ Infektion, das heißt, eine Infektion durch eigene Pilze, die die Frau vorher ohne Probleme mit sich herumgetragen hat. Aber durch scheuernde Badekleidung oder das Chlor im Wasser, das die Haut reizt, können diese Pilze in die Haut eindringen und eine Infektion auslösen. Verhindern kann das eine nichtallergene Fettcreme, die vor dem Baden aufgetragen wird. Von heißen Whirlpools würde ich aufgrund der Ansteckungsgefahr allerdings auf jeden Fall abraten, zumindest, wenn man nicht alleine darin badet.

    Wird eine Frau normalerweise von einem Gleichgewicht der Keime in der Scheidenschleimhaut vor Infektionen geschützt?

    Weissenbacher: Ja, das ist richtig. Die Mikroorganismen in der Scheide sind normalerweise in einem Gleichgewicht, man nennt das Eubiose. Ist das Gleichgewicht gestört, spricht man von Dysbiose. Antibiotika stören die Eubiose, sie vertreiben die sogenannte Döderleinflora, Milchsäurebakterien, die die Scheide besiedeln. Normalerweise erholt sich diese Bakterienflora aber wieder ganz gut.

    Auf Zucker in der Ernährung zu verzichten hilft nicht gegen einen Pilz

    Kann man diese natürliche Keimflora stabilisieren, etwa durch Zäpfchen, die Milchsäurebakterien enthalten?

    Weissenbacher: Normalerweise ja. Aber wenn eine chronische Pilzinfektion vorliegt, muss man damit rechnen, dass die Pilze dadurch „gefüttert“ werden.

    Pilze mögen ja angeblich auch Zucker. Hilft es also, auf Zucker in der Nahrung zu verzichten?

    Weissenbacher: Nein, das macht keinen Sinn. Das ist Unsinn.

    Gibt es bei anfälligen Frauen andere Möglichkeiten der Vorbeugung?

    Weissenbacher: Falls sie aus irgendeinem Grund eine Antibiotika-Behandlung benötigen, sollte man vorsorglich gleich ein Antimykotikum, also ein Anti-Pilzmittel, mit dazugeben.

    Warum ist chronischen Scheideninfektionen oft so schwer beizukommen?

    Weissenbacher: Weil es sich oft um polymikrobielle Infektionen handelt. Das heißt, es sind nicht nur Pilze da, sondern auch andere Erreger. Das muss man alles im Auge behalten.

    Was kann man tun, um die Frauen von ihrer chronischen Pilzinfektion zu befreien?

    Weissenbacher: Bei chronisch-rezidivierenden Infektionen sollten beide Partner behandelt werden, damit sie sich nicht immer wieder gegenseitig anstecken. Außerdem kann man als Dauerprophylaxe Mittel wie Fluconazol oder Itraconazol geben, deren Dosis über Wochen ausschleichend verringert wird. Denn wenn man die Mittel zu früh absetzt, kommt es oft erneut zu einer Infektion.Wir können bei dem schwierigen Patientengut Erfolgsraten von 80 bis 90 Prozent erreichen.

    Gibt es bei Scheideninfektionen außer Candica albicans weitere wichtige Erreger?

    Weissenbacher: Pilzinfektionen stehen an erster Stelle, dann folgen die bakterielle Vaginose, Chlamydien, HPV-Infektionen, also Infektionen mit dem Humanen Papillomvirus, das Gebärmutterhalskrebs auslösen kann, und Herpesinfektionen – so in etwa würde ich die Reihenfolge sehen. Wobei es bei den Pilzinfektionen nicht immer nur der Pilz Candida albicans ist, es gibt auch sogenannte Exoten, die bis zu 20 Prozent aller Pilzinfektionen verursachen.

    Gibt es Erreger, die in den vergangenen Jahren seltener, und andere, die häufiger geworden sind?

    Weissenbacher: Ja. Vor vielleicht 25 Jahren hatten wir ungefähr dreimal mehr Trichomonadeninfektionen als Pilzinfektionen. Heute sind Trichomonaden fast ausgestorben, während Pilzinfektionen stark zugenommen haben.

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