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CSU-Vorstandsklausur: Seehofer will seinen Führungsstil ändern

CSU-Vorstandsklausur

Seehofer will seinen Führungsstil ändern

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    Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat auf Kritik an seinem Führungsstil reagiert.
    Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat auf Kritik an seinem Führungsstil reagiert. Foto: Tobias Hase, dpa

    Nach der Schlappe bei der Europawahl und scharfer interner Kritik will CSU-Chef Horst Seehofer seinen Führungsstil ändern. Nach einer neunstündigen Sitzung des CSU-Vorstands kündigte der bayerische Ministerpräsident am Samstagabend an, sich künftig bei allen wichtigen Themen intensiv mit den Parteifreunden abstimmen zu wollen. "Ich habe deutlich mehr Zeit für den Dialog."

    Huber kritisiert Seehofer öffentlich

    Viele CSU-Vorstandsmitglieder empfanden Seehofers Führungsstil bislang als autoritär. Offen ausgesprochen hatte das nach der Europawahl der frühere Parteivorsitzende und langjährige Seehofer-Rivale Erwin Huber. Eine Revolte gegen Seehofer will die CSU-Spitze nicht. Bei den turnusmäßigen CSU-Vorstandswahlen im Herbst 2015 möchte Seehofer wieder als Vorsitzender antreten.

    "Wenn Sie so wollen, hat sich auch bei mir etwas verändert", sagte Seehofer nach der Sitzung zu den Journalisten. Seehofer will insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik auf das Gespräch setzen. Die Phase der wilden Attacken auf die EU-Kommission, die vor allem von CSU-Vize Peter Gauweiler kamen, soll der Vergangenheit angehören.

    CSU will Europa-Kurs grundsätzlich beibehalten

    Bei der Europawahl hatte die CSU mit 40,5 Prozent das schlechteste Ergebnis bei einer überregionalen Wahl seit 60 Jahren eingefahren. Die CSU werde bei ihrem "Ja, aber" zur EU bleiben, sagte Seehofer - doch das Bekenntnis zu Europa und Kritik will Seehofer nun "durch Dialog sauber ausbalancieren".      

    Schon vor der Sitzung war klar, dass Seehofer nicht mehr mit widerspruchsloser Gefolgschaft der CSU-Spitze rechnen kann. So gab der Parteichef die Überlegung auf, den Übergangs-Fahrplan bis zu seinem geplanten Abschied 2018 jetzt schon formell beschließen zu lassen.

    Die CSU-Spitzenkandidaturen für die Bundestagswahl 2017 und die Landtagswahl 2018 sollen nach Seehofers Vorstellung jeweils ein Jahr zuvor geklärt werden, womit er offenbar vorzeitige Personaldebatten vermeiden wollte. Der Plan stieß bei mehreren CSU-Spitzenpolitikern auf Skepsis. "Dafür sehe ich keinen Anlass", sagte etwa die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Um den Terminplan soll sich nun der CSU-Vorstand nach dem Parteitag im Herbst 2015 kümmern.

    Gauweiler steht in der Kritik

    Die zehn bayerischen Ministerpräsidenten seit 1945

    Das Amt des Ministerpräsidenten gibt es in Bayern seit 1919, der aktuelle Amtsinhaber Horst Seehofer ist der zehnte Regierungschef im Freistaat seit 1945.

    Laut bayerischer Verfassung leitet der Ministerpräsident die Staatsregierung, beruft ihre Mitglieder mit Zustimmung des Landtags und vertritt Bayern nach außen.

    Die Liste der bayerischen Ministerpräsidenten seit Ende des Zweiten Weltkriegs:

    Fritz Schäffer, Mai bis September 1945. Einsetzung als «temporary Minister-Präsident for Bavaria» durch die US-Militärregierung, aber bald wieder abgesetzt. Zum Zeitpunkt seiner Ernennung parteilos, später Mitgründer der CSU.

    Wilhelm Hoegner (SPD), September 1945 als Nachfolger Schäffers eingesetzt und bis Ende 1946 im Amt. Vater der bayerischen Verfassung. Zweite Amtszeit 1954 bis 1957 als Chef der bisher einzigen SPD-geführten Staatsregierung.

    Hans Ehard (CSU), 1946 bis 1954, zweite Amtszeit 1960 bis 1962. Bildete insgesamt viermal die Staatsregierung.

    Hanns Seidel (CSU), 1957 bis 1960, der erste und bislang einzige Ministerpräsident aus Unterfranken.

    Alfons Goppel (CSU), 1962 bis 1978. Mit 16 Jahren Amtszeit der bisherige Rekordhalter. Bildete bis 1978 eine Doppelspitze mit Franz Josef Strauß als CSU-Chef. In beider Amtszeit wurde die CSU zur beherrschenden politischen Kraft in Bayern.

    Franz Josef Strauß (CSU), 1978 bis 1988. Übernahm von Goppel auch das Ministerpräsidentenamt und stand damit bis zu seinem Tod allein an der Spitze. 1980 Unions-Kanzlerkandidat.

    Max Streibl (CSU), 1988 bis 1993, stürzte über die Amigo-Affäre.

    Edmund Stoiber (CSU), 1993 bis 2007, mit 14 Jahren die zweitlängste Amtszeit nach Goppel. Verfehlte 2002 als Unionskandidat ganz knapp das Kanzleramt. 2007 von der CSU gestürzt.

    Günther Beckstein (CSU), 2007 bis 2008. Musste nach nur einem Jahr zurücktreten, weil die CSU bei der Landtagswahl 2008 die absolute Mehrheit verloren hatte.

    Horst Seehofer (CSU), Ministerpräsident seit 2008. Wollte eigentlich nur CSU-Chef werden und nicht Ministerpräsident, von der CSU 2008 als Retter in der Not aus Berlin nach München gerufen.

    Behauptet inzwischen ebenso wie sein Vorbild Strauß, dass der bayerische Ministerpräsident das schönste Amt der Welt sei.

    Der EU-Kritiker und Parteivize Peter Gauweiler verliert an Einfluss, er musste sich offene Kritik der Pro-Europäer anhören. "Er vertritt leider Gottes nur selten CSU-Gesamtpositionen", monierte der Europa-Abgeordnete und EVP-Fraktionschef Manfred Weber.

    Als Gauweiler in der Sitzung seine Ablehnung der Euro-Rettung bekräftigte und EZB-Präsident Mario Draghi angriff, fuhr laut Teilnehmern Ex-Parteichef Edmund Stoiber wütend dazwischen: "Das ist absoluter Unsinn!" Gauweiler hatte schon vor der Sitzung angekündigt, bei seiner brüssel-kritischen Haltung bleiben zu wollen - "sofern ich nicht umgebracht werde", scherzte er. Seinen Vizeposten aufgeben soll Gauweiler aber nicht. "Die CSU steht zusammen, da wird es auch keine personellen Konsequenzen geben", sagte Seehofer schon vor Beginn.

    Sowohl vor als auch während der Vorstandssitzung forderten mehrere CSU-Spitzenpolitiker ein Ende der wechselseitigen parteiinternen Angriffe. "Wir sollten das gegenseitige Abwatschen möglichst schnell einstellen", forderte Hans Michelbach, der Vorsitzende der Mittelstands-Union.

    Spitzenpersonal stellt sich hinter Seehofer

    Während der Sitzung verlangten nach Teilnehmerangaben weitere Vorstandsmitglieder ein Ende der öffentlichen Seehofer-Kritik - darunter Amtsvorgänger Stoiber, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Landtags- Präsidentin Barbara Stamm. Die herausragende Leistung Seehofers werde durch die Europawahl nicht geschmälert, sagte demnach Herrmann.

    Trost für Seehofer und die CSU insgesamt spendete das Umfrageinstitut Infratest dimap: Derzeit seien 50 Prozent der bayerischen Bürger und 89 Prozent der Anhänger mit der Arbeit der CSU zufrieden, berichtete Infratest-Chef Reinhard Schlinkert nach Teilnehmerangaben. Mit Seehofer persönlich zufrieden seien 54 Prozent der Bayern und 86 Prozent der CSU-Wähler. dpa/AZ

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