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CSU: Seehofer lästert über eigene Leute: Söder sei „vom Ehrgeiz zerfressen“

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Seehofer lästert über eigene Leute: Söder sei „vom Ehrgeiz zerfressen“

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    Von wegen Weihnachtsfrieden. Parteichef Horst Seehofer watscht die eigenen Leute ab. Seine Attacken treffen auch Finanzminister Markus Söder: Er sei von Ehrgeiz zerfressen.
    Von wegen Weihnachtsfrieden. Parteichef Horst Seehofer watscht die eigenen Leute ab. Seine Attacken treffen auch Finanzminister Markus Söder: Er sei von Ehrgeiz zerfressen. Foto: dpa

    Als am Sonntag Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras in München zu Gast war, bemühte Bayerns Regierungschef Horst Seehofer ein Bild, das ihm schon letzte Woche beim Gastauftritt auf dem CDU-Parteitag gut gefallen hatte: „Wir wollen dieses Scheppernde, Brüllende nicht“, formulierte der CSU-Chef: „Wir sind schnurrend wie Kätzchen.“

    Seehofers Parteifreunde können von einer „Christlich Schnurrenden Union“ allerdings momentan nicht viel erkennen. Denn geht es um die eigenen Leute, fährt der Parteichef derzeit massiv die Krallen aus – und nimmt dabei offenbar auch schwere Verletzungen billigend in Kauf.

    Seehofer: „Es ist alles frei“

    Aktuelles Beispiel: die CSU-Weihnachtsfeier für die Medien am Montagabend im „Café Reitschule“ in München. Gleich in seiner Begrüßungsrede gab Seehofer den Ton des Abends vor. Offenbar angesäuert von Presseberichten über seine jüngsten Kehrtwenden behauptete er forsch, alle politischen Versprechungen, die er kurz nach seinem Amtsantritt 2008 gemacht hatte, seien inzwischen erfüllt. Kurskorrekturen habe es dagegen höchstens bei „Pipifax“ gegeben.

    Und in Anlehnung an seinen denkwürdigen „Heute-Journal“- Auftritt vom Mai („Das können Sie alles senden“), schloss Seehofer mit der Ankündigung, alles, was an diesem Abend von ihm gesagt werde, könne hernach gesendet oder geschrieben werden: „Es ist alles frei.“

    In mehreren kleinen Runden zog der Parteichef hernach vor allem über seine eigenen Leute vom Leder: CSU-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer etwa bekam dabei den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Zar Peter“. Ex-CSU-Star Karl-Theodor zu Guttenberg bezeichnete er als „Glühwürmchen“, dessen Leuchten wie das des einstigen CDU-Hoffnungsträgers Norbert Röttgen nicht von langer Dauer gewesen sei.

    Volle Breitseite bekam jedoch CSU-Finanzminister Markus Söder ab: Der Nürnberger sei „vom Ehrgeiz zerfressen“, stänkerte Seehofer. Auch leiste sich Söder intern „zu viele Schmutzeleien“. Bereits am Sonntag hatte Seehofer Griechenland-Kritiker Söder nicht zum Abendessen mit Samaras eingeladen – anders etwa als CSU-Sozialministerin Christine Haderthauer. Ein harter Schienbeintritt für Söder, den führende CSU-Politiker als „offenen Affront“ für den Finanzminister bezeichnen.

    Söder sei „vom Ehrgeiz zerfressen“

    Das ist Horst Seehofer

    Am 4. Juli 1949 kam Horst Seehofer im bayerischen Ingolstadt zur Welt. Er stammt aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war Bauarbeiter und LKW-Fahrer.

    Nachdem er die Mittlere Reife erworben hatte, schlug er eine Beamtenlaufbahn ein. 1979 macht Seehofer sein Verwaltungsdiplom an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in München. Bis 1980 arbeitet er für die Landratsämter Eichstätt und Ingolstadt.

    Ab 1969 engagiert sich Horst Seehofer bei der Jungen Union. Zwei Jahre später wird er außerdem Parteimitglied der CDU.

    Von 1980 bis 2008 war er Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Ingolstadt. Nach 28 Jahren, am 4. November 2008, legte er sein Mandat nieder.

    Sechs Jahre lang füllte er die Position des sozialpolitischen Sprechers der CSU-Landesgruppe aus. 1989 wurde er zum Staatssekretär des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung berufen.

    Von 1992 bis 1996 verdingte sich Horst Seehofer als Bundesminister für Gesundheit. Ab 1994 bis zu seiner Mandatsniederlegung 2008 war er stellvertretender Vorsitzender der CSU. Außerdem wirkte er als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und als Landesvorsitzender der Christlich Sozialen Arbeitnehmer-Union (CSA).

    2005 wurde Seehofer zum Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gewählt. Er füllte das Amt drei Jahre lang aus.

    Am 25. Oktober 2008 konnte Horst Seehofer die Wahl zum CSU-Vorsitzenden für sich entscheiden. Kurz darauf wurde er Bayerischer Ministerpräsident.

    Die Universität von Qingdao in China ernannte den Bayerischen Ministerpräsident 2010 zum Ehrenprofessor. Für den Realschüler ohne akademischen Grad hat der Titel eine besondere Bedeutung.

    Seehofer hat zweimal geheiratet. Aus der zweiten Ehe mit Karin Seehofer gingen drei Kinder hervor. Seine vierte Tochter wurde im Juni 2007 geboren. Allerdings nicht von Frau Seehofer, sondern von Anette Fröhlich, die über mehrere Jahre seine Geliebte war. Letztendlich blieb er bei seiner Ehefrau.

    Am Montag, so heißt es von Insidern im Landtag, sei Seehofer dann stinksauer gewesen, weil in der Münchner Bild-Zeitung trotzdem der Finanzminister mit einer großen Geschichte zu finden war – viel größer, als die von Regierungschef Seehofer beim neu entdeckten Schmusekurs mit dem Griechen-Premier.

    Auch in der Kabinettssitzung am Dienstag soll es mit Seehofers Schienbeintritten für Söder weiter gegangen sein, berichteten hinterher Kabinettsmitglieder. Söder wollte davon offiziell zwar nichts mitbekommen haben. Seehofers Vorwurf mit den „Schmutzeleien“ konnte er aber nicht unkommentiert lassen: „Über wen redet er da eigentlich, über sich?“, giftete Söder. Seehofer sei im Moment „offenbar munter drauf“, fügte er an.

    Söder kontert

    In der CSU-Spitze reibt man sich verwundert die Augen. Denn trotz jüngster Widrigkeiten läuft es für die Christsozialen gut – weshalb Seehofers persönliche Attacken wenig Sinn ergeben. So sei er eben, stöhnt ein Kabinettsmitglied schicksalsergeben: „Mal oben, mal unten. Das geht bei ihm immer in Wellen.“

    Und einer aus der „alten CSU“, die laut Seehofers Weihnachtsfeier-Philippika „die letzten zehn, zwölf Jahre verschlafen hat“, fragt sich, was sich der Parteichef dabei wohl gedacht habe: „Wahrscheinlich hat er gar nichts gedacht“, sagt er matt.

    Der sonst stets redselige CSU-Chef wollte am Dienstag im Landtag übrigens erst mal gar nichts mehr sagen: Statt an der Presse vorbei in die CSU-Fraktionssitzung zu gehen, setzte er sich im noch leeren Plenarsaal lieber mutterseelenallein auf seinen Ministerpräsidenten-Sessel.

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