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CSU-Parteitag: Seehofer am Ziel seiner Träume - aber noch nicht zufrieden

CSU-Parteitag

Seehofer am Ziel seiner Träume - aber noch nicht zufrieden

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    Horst Seehofer weiß, dass er jetzt zu den ganz Großen in der CSU gehört. Die Delegierten wählten ihn beim Parteitag mit 95,3 Prozent der Stimmen wieder zum Vorsitzenden. So viel Zustimmung und Dankbarkeit wurde vor ihm nur Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber zuteil.
    Horst Seehofer weiß, dass er jetzt zu den ganz Großen in der CSU gehört. Die Delegierten wählten ihn beim Parteitag mit 95,3 Prozent der Stimmen wieder zum Vorsitzenden. So viel Zustimmung und Dankbarkeit wurde vor ihm nur Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber zuteil. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    Es ist geschafft. Horst Seehofer genießt den Moment. Er setzt sich in die kleine Runde Journalisten, die nach Ende des CSU-Parteitags noch ausgeharrt haben, bis er seinen Marathon an Fernsehinterviews hinter sich gebracht hat. Er weiß, dass er jetzt zu den ganz Großen in der CSU gehört. Der Parteitag hat ihn am Vormittag mit 95,3 Prozent der Stimmen wieder zum Vorsitzenden gewählt – das ist ein Maß an Zustimmung und Dankbarkeit, die vor ihm nur Franz Josef Strauß (99 Prozent) und Edmund Stoiber (97 Prozent) zuteil wurde.

    Seehofer führte CSU zu alter Stärke

    Doch Seehofer schlachtet den Moment des Triumphes nicht weiter aus. In seiner Rede vor dem Parteitag hatte er schon ausführlich dargelegt, dass er offenkundig recht gehabt und in den vergangenen Jahren alles richtig gemacht habe. Jetzt klingt er eher erleichtert wie einer, der sich endlich befreit fühlt von einer großen Last: „Ich bin jetzt einfach zufrieden. Das war jetzt der Schlusspunkt zu 2008.“ Damals hatte Seehofer eine niedergeschlagene Partei übernommen, die drauf und dran schien, ihren Status als beherrschende Volkspartei in Bayern zu verlieren.

    Und dann bricht aus ihm heraus, was ihn an diesem Tag offenbar am meisten berührt hat: die demonstrative Anteilnahme der Partei am Schicksal des krebskranken früheren Staatssekretärs Markus Sackmann. Die 750 Delegierten hatten Sackmanns Bewerbung um einen Sitz im Vorstand mit spontanem, lang anhaltenden Applaus bedacht und ihn mit Riesenvorsprung vor all seinen Mitbewerbern erneut zum Beisitzer gewählt. „Da zeigt sich“, so sagt Seehofer über seine CSU, „das ist nicht nur ein politischer Zweckverband, das ist eine Familie, da herrscht noch Humanität.“

    Seehofer schimpft auf EU-Kommissare

    Ein Schluck Kaffee. Ein neues Thema. Ein anderer, ein angriffslustiger Seehofer. Dass er bei den Delegierten den konservativen Europa-Skeptiker Peter Gauweiler als neuen stellvertretenden Parteivorsitzenden durchgebracht hat, hat viel mit den bevorstehenden Wahlen zum Europa-Parlament und seiner Verärgerung über die EU-Kommission zu tun. Auch da bricht etwas aus ihm heraus: Wut.

    Seehofer schimpft auf „Zentralismus, Bürokratismus und selbstherrliche Kommissare, die keiner Kontrolle unterliegen.“ Er sagt: „Ich bin einfach wütend auf manchen Kommissar.“ Er kritisiert Brüsseler Regelungen, die der bayerischen Wirtschaft schaden: „Die EU-Kommission befördert nicht Wachstum, sondern beschädigt Wachstum.“ Und er beteuert, dass es ihm dabei „nicht um Eitelkeit oder Macht, sondern um die Arbeitsplätze der Menschen“ geht.

    Gauweiler ist für Seehofer offenbar der richtige Mann, um im Europa-Wahlkampf für die CSU den EU-Kritiker zu geben und einen Kontrapunkt zur rechten Konkurrenz durch die Alternative für Deutschland (AfD) zu setzen. Der schwäbische CSU-Bezirksvorsitzende und Chef der CSU-Europa-Gruppe, Markus Ferber, soll, wie Seehofer beim Parteitag ankündigte, erneut Spitzenkandidat der CSU für die Europa-Wahl sein. Und Gauweiler soll im Bundestag bleiben. Doch in welchem Verhältnis der konservative Gauweiler und der liberale Ferber agieren sollen, ist unklar. Seehofer will offenbar beide Flügel besetzt halten.

    Die zehn bayerischen Ministerpräsidenten seit 1945

    Das Amt des Ministerpräsidenten gibt es in Bayern seit 1919, der aktuelle Amtsinhaber Horst Seehofer ist der zehnte Regierungschef im Freistaat seit 1945.

    Laut bayerischer Verfassung leitet der Ministerpräsident die Staatsregierung, beruft ihre Mitglieder mit Zustimmung des Landtags und vertritt Bayern nach außen.

    Die Liste der bayerischen Ministerpräsidenten seit Ende des Zweiten Weltkriegs:

    Fritz Schäffer, Mai bis September 1945. Einsetzung als «temporary Minister-Präsident for Bavaria» durch die US-Militärregierung, aber bald wieder abgesetzt. Zum Zeitpunkt seiner Ernennung parteilos, später Mitgründer der CSU.

    Wilhelm Hoegner (SPD), September 1945 als Nachfolger Schäffers eingesetzt und bis Ende 1946 im Amt. Vater der bayerischen Verfassung. Zweite Amtszeit 1954 bis 1957 als Chef der bisher einzigen SPD-geführten Staatsregierung.

    Hans Ehard (CSU), 1946 bis 1954, zweite Amtszeit 1960 bis 1962. Bildete insgesamt viermal die Staatsregierung.

    Hanns Seidel (CSU), 1957 bis 1960, der erste und bislang einzige Ministerpräsident aus Unterfranken.

    Alfons Goppel (CSU), 1962 bis 1978. Mit 16 Jahren Amtszeit der bisherige Rekordhalter. Bildete bis 1978 eine Doppelspitze mit Franz Josef Strauß als CSU-Chef. In beider Amtszeit wurde die CSU zur beherrschenden politischen Kraft in Bayern.

    Franz Josef Strauß (CSU), 1978 bis 1988. Übernahm von Goppel auch das Ministerpräsidentenamt und stand damit bis zu seinem Tod allein an der Spitze. 1980 Unions-Kanzlerkandidat.

    Max Streibl (CSU), 1988 bis 1993, stürzte über die Amigo-Affäre.

    Edmund Stoiber (CSU), 1993 bis 2007, mit 14 Jahren die zweitlängste Amtszeit nach Goppel. Verfehlte 2002 als Unionskandidat ganz knapp das Kanzleramt. 2007 von der CSU gestürzt.

    Günther Beckstein (CSU), 2007 bis 2008. Musste nach nur einem Jahr zurücktreten, weil die CSU bei der Landtagswahl 2008 die absolute Mehrheit verloren hatte.

    Horst Seehofer (CSU), Ministerpräsident seit 2008. Wollte eigentlich nur CSU-Chef werden und nicht Ministerpräsident, von der CSU 2008 als Retter in der Not aus Berlin nach München gerufen.

    Behauptet inzwischen ebenso wie sein Vorbild Strauß, dass der bayerische Ministerpräsident das schönste Amt der Welt sei.

    Der Kaffee ist ausgetrunken. Seehofer greift zum Multivitaminsaft. Das kann mit Blick auf den Endspurt in den Koalitionsverhandlungen kommende Woche nicht schaden. Seehofer rechnet mit harten Tagen und langen Nächten.

    Betreuungsgeld wird bleiben

    In seiner Rede hatte der CSU-Chef am Vormittag noch einmal einige Pflöcke eingerammt. Er fordert von der Großen Koalition eine solide Finanzpolitik ohne neue Schulden und eine Reform des Länderfinanzausgleichs. Die Mütterrente sei „ein Gebot der Gerechtigkeit“. Die CSU werde nicht gestatten, „dass auch nur ein Euro bei den bestehenden Familienleistungen gestrichen oder abgebaut wird“. Das Betreuungsgeld werde bleiben.

    Der Mindestlohn, den die CSU immer gewollt habe, werde kommen, aber wohl mit einigen Ausnahmen, um keine Arbeitsplätze zu gefährden. Bei der Pkw-Maut habe sich die CSU mit ihrer Hartnäckigkeit durchgesetzt, „und dabei bleibt es auch“.

    In der kleinen Runde weist Seehofer dann darauf hin, worin aus seiner Sicht das Hauptproblem beim Abschluss der Koalitionsgespräche liegt: bei einer „Finanzierungslücke im zweistelligen Milliardenbereich“. Doch er fühlt sich gestärkt. Der Parteitag habe gezeigt, wo die Unterschiede liegen: Die SPD müsse erst noch ihre Mitglieder befragen, die CSU sei sich schon jetzt einig. Die Geschlossenheit sei so groß, dass der Leitantrag des Vorstands zum Kurs in der Bundespolitik nicht mal mehr diskutiert wurde.

    „Erfolg ist dort, wo Einigkeit ist“, hatte Seehofer den Delegierten zugerufen und betont: „Das ist kein Widerspruch zur Dialogpartei.“

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