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CSU-Parteitag: Horst Seehofer spielt auf Zeit

CSU-Parteitag

Horst Seehofer spielt auf Zeit

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    Horst Seehofer nach seiner Rede auf dem CSU-Parteitag.
    Horst Seehofer nach seiner Rede auf dem CSU-Parteitag. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Die Angie ist dann doch noch gekommen zum CSU-Parteitag. Nicht Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, versteht sich. Sondern Frontfrau und Rockröhre Angie von der bayerischen Partyband „Münchner G´schichten“. Alles war dabei an diesem Abend: „Hölle, Hölle, Hölle“, „I will survive“, „Er gehört zu mir“ oder auch „Verdammt, ich lieb Dich, ich lieb Dich nicht“.

    Jeder der rund 900 CSU-Delegierten konnte es sich selbst überlegen, welcher Titel am besten passt zu dem zweitägigen Polit-Spektakel in Halle C1 der Messe München. Nur in Ruhe reden konnten die Vertreter der Parteibasis an diesem Delegiertenabend nicht miteinander. Die Lautstärke der Band hatte mindestens Oktoberfest-Niveau. Der Verdacht, dass das ganz im Sinne der Parteitagsregie war, lag in der Luft. Parteichef Horst Seehofer mag in dieser Zeit der existenziellen Unsicherheit kein „Quatschi-Quatschi“, wie er das nennt. Er wünscht sich Harmonie.

    Die Partei tat ihm diesen Gefallen. Als am Samstagmittag der heikelste aller Anträge zur Abstimmung kam, demonstrierten die Delegierten jene „kollektive Vernunft“, welche die CSU als eines ihrer Markenzeichen rühmt. Einem offenen Bruch mit der CDU-Chefin erteilten sie eine klare Absage.

    Die wichtigen Fragen lässt Seehofer offen

    Der Rebell des Tages, Thomas Schmitt vom CSU-Kreisverband Main-Spessart, wollte per Parteitagsbeschluss feststellen lassen, dass die CSU „keine weitere Amtszeit von Frau Dr. Angela Merkel als Bundeskanzlerin“ unterstützt. Seine Begründung: Merkel habe in der Flüchtlingspolitik „staatsmännische Weitsicht und Verantwortung vermissen“ lassen, ihre Aussagen seien „eine Bankrotterklärung für die Autorität eines souveränen Staates“. Immer wieder, so sagte Schmitt auf Nachfrage, bekomme er von Bürgern den Satz zu hören: „Wenn ich euch wähle, dann wähle ich die Merkel mit, und das will ich nicht.“

    Den Versuchen von CSU-Oberen, ihn schon im Vorfeld zu einem Verzicht auf seinen Antrag zu bewegen, hatte Schmitt widerstanden. Beim Parteitag aber musste er erkennen, dass er zu einer Minderheit gehörte. Nur 16 Delegierte stimmten für den Anti-Merkel-Antrag, drei enthielten sich der Stimme, aber die überwältigende Mehrheit lehnte den Antrag ab.

    Dass dieses Stimmenverhältnis auch die Stimmungslage in der Partei korrekt abbildet, darf allerdings bezweifelt werden. Es war kein Votum für Merkel und ihre Politik, es war nur ein Votum gegen einen demonstrativen Bruch mit der CDU-Chefin. Und das war offenbar ganz im Sinne Seehofers.

    Bereits am Freitag hatte der Parteichef in einer langen, programmatischen Rede versucht, eine Brücke zu schlagen von der „demokratischen Rechten“ bis weit hinüber in die „bürgerliche Mitte“. Wie er den Konflikt mit der CDU auflösen und ob er Merkel unterstützen will, ließ er ebenso offen wie die Frage, wer ihm wann in welchem Amt nachfolgen soll und mit welchen Kandidaten die CSU in die Wahlen im Bund (2017) und in Bayern (2018) ziehen will. Am Samstag war ihm dann die Erleichterung darüber anzumerken, dass die Partei seinem abwartenden Kurs folgt oder ihn zumindest ohne Widerspruch duldet.

    An der Basis der CSU wächst die Verärgerung

    Die „Prinzlinge“, wie Seehofer seine potenziellen Nachfolger gerne nennt, spielten dieses Spiel auf Zeit mit. Der ehrgeizigste unter ihnen, Bayerns Finanzminister Markus Söder, gab sich als treuer Parteisoldat und warb offensiv um Vertrauen für und Geduld mit Seehofer. Innenminister Joachim Herrmann, der seit Söders Weigerung, nach Berlin zu gehen, als heißester Spitzenkandidat für die Bundestagswahl gehandelt wird, ließ sich auch durch raffinierteste Fragen nicht aus der Reserve locken. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ging Journalisten und Kameras großräumig aus dem Weg (wurde aber am Abend auf der Tanzfläche dabei beobachtet, dass sie bei „I will survive“ besonderen Spaß hatte). Nur der frühere Ministerpräsident Günther Beckstein sprach vor laufender Kamera aus, wo die Partei der Schuh drückt: „Wie es sich Seehofer insgesamt vorstellt, ist mir im Moment nicht klar. Ich hoffe, dass es ihm selber klar ist.“

    In Hintergrundgesprächen aber wurde Tacheles geredet. Orts- und Kreisvorsitzende berichteten von wachsender Verärgerung der Basis, dass es der CSU-Spitze in dieser schwierigen Zeit nicht einmal gelinge, sich über die Mannschaftsaufstellung für die beiden Wahljahre zu verständigen. Neben dem ungelösten Konflikt mit der CDU sei diese interne Uneinigkeit ein weiterer, ganz entscheidender Grund dafür, dass die Partei laut Umfrage mittlerweile sogar um ihre absolute Mehrheit in Bayern fürchten müsse. Ein Mitglied des Parteivorstands forderte sogar ein Konklave wie bei einer Papstwahl: „Alle einsperren, bis weißer Rauch aufsteigt.“

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