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CSU-Parteitag: Armin Laschet auf dem CSU-Parteitag: Der angeschlagene Boxer steht noch

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Armin Laschet auf dem CSU-Parteitag: Der angeschlagene Boxer steht noch

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    Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet steht nach seiner Rede beim Parteitag der CSU auf der Bühne neben CSU-Chef Markus Söder.
    Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet steht nach seiner Rede beim Parteitag der CSU auf der Bühne neben CSU-Chef Markus Söder. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Zum Schluss steht Armin Laschet auf der Bühne zwischen der CSU-Spitze und den Markus Söder sagt: „Das war die Rede unseres künftigen Kanzlers

    Es ist in einer Zeit vieler schwieriger Auftritte für den CDU-Vorsitzenden sicher einer der allerschwierigsten. In einer riesigen Nürnberger Messehalle warten am Samstag hunderte CSU-Delegierte, von denen die große Mehrheit der Überzeugung ist, dass ihr eigener Parteichef der bessere Kanzlerkandidat gewesen wäre. Und es wartet Markus Söder, der diese Überzeugung selbst über Wochen bei jeder Gelegenheit mehr oder weniger unverhohlen kundgetan hat. Wie wird man Laschet hier empfangen?

    Die CSU empfängt Laschet mit Jubel und Applaus

    Einen Defiliermarsch gibt es nicht, dafür dramatische Blockbuster-Musik. Ist ja auch dramatisch, die Lage der Union. Laschet bahnt sich den Weg durch die Menge. Der Applaus ist höflich. Die CSU scheint sich an die Vorgabe ihres Parteichefs vom Vortag halten zu wollen. Söder hatte darum gebeten, dem Kanzlerkandidaten einen „tollen Empfang“ zu bereiten. Ein paar Leute rufen sogar „Armin, Armin“, aber das geht den meisten Anwesenden dann noch etwas zu weit. Söder und Laschet stoßen ihre Fäuste aneinander. So klatscht man sich in Corona-Zeiten ab. So demonstriert man Teamplay.

    Armin Laschet, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitzender, spricht beim Parteitag der CSU. Es ist der erste Präsenzparteitag der CSU seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie.
    Armin Laschet, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitzender, spricht beim Parteitag der CSU. Es ist der erste Präsenzparteitag der CSU seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Nun steht er da also auf der großen Bühne in Nürnberg. Dort, wo das Publikum eigentlich einen anderen hatte sehen wollen. Dort, wo laut Söder die Trendwende gelingen soll in diesem völlig verkorksten Wahlkampf. Draußen im Eingangsbereich hat jemand pflichtschuldig gleich sechs Wahlplakate von Armin Laschet nebeneinander an die Wand gepinnt. Soll schließlich keiner von diesen Journalisten behaupten können, die CSU verstecke ihren eigenen Kanzlerkandidaten. Drinnen in Halle 7A braucht der Redner ein paar Minuten, um in Fahrt zu kommen. Er scheint dem Frieden nicht ganz zu trauen, schließlich hat es ihm die bayerische Schwesterpartei in den vergangenen Monaten oft richtig dreckig gemacht.

    So herrscht unter der Oberfläche des demonstrativ begeisterten Beifalls auch eine eigenartige Stimmung. Es ist eine Mischung aus Neugier, Lauern und Schaulust. Wie wird sich Laschet schlagen? Wird er die CSU-Leute mitreißen oder das „Schlafwagen“-Etikett bestätigen, das ihm Söder höchstselbst auf die Stirn gepappt hat? Wird er Fehler machen, etwas Falsches sagen? Hat er eigentlich eine echte Chance in dieser Höhle des bayerischen Löwen? Ausgerechnet in Söders Heimatstadt Nürnberg.

    Der Druck auf Unions-Kanzlerkandidat Laschet ist hoch

    Jedenfalls kursieren mindestens bis Freitagmittag bis in die CSU-Spitze hinein noch Gedankenspiele, ob Laschet vielleicht am Samstag in einer Art Verzweiflungsakt angesichts der jüngsten Umfragewerte doch noch zurückziehen und Söder quasi in letzter Minute die Kanzlerkandidatur andienen könnte. Und auch Söder selbst hatte den Druck hoch gehalten. Indem er am Freitag eine 75-minütige engagierte und kämpferische Rede hielt, von der er wusste, dass sie mit jener Laschets verglichen werden wird. Indem er ein Wochenende der Wahrheit ausrief, wohl wissend, dass er damit wiederum Laschet die Verantwortung zuschiebt.

    Die Anspannung könnte also größer kaum sein, als Laschet zu reden beginnt. Die Führungsspitze der CSU sitzt ihm in den ersten beiden Reihen frontal gegenüber. Doch der warme Applaus hilft dem 60-Jährigen sichtlich. Er startet mit ein paar Komplimenten, erinnert daran, dass die CDU in Nordrhein-Westfalen 50 Jahre in der Opposition war und dann gesagt hat: „Das wollen wir nicht mehr, wir machen es jetzt wie die Bayern.“ Er schlägt den großen Bogen zum Gründungsmythos der CSU mit dem ersten Vorsitzenden Josef Müller, dem „Ochsensepp“, der die Konzentrationslager der Nazis überlebt hat. Er erwähnt Adenauer. Und er sagt: „Das sind unsere Wurzeln. Männer, die in den richtigen Momenten zupackten und den richtigen Kompass hatten.“ Mehr als höflichen Beifall bekommt er dafür noch nicht. Er gibt auch eigene Fehler zu, das bringt ihm Respekt ein. Aber viele im Publikum fragen sich, wann er in die Offensive kommt, wann er attackiert, ob er es überhaupt tun wird.

    Mit seiner Rede will der CDU-Chef klarmachen, dass es am 26. September um eine Richtungsentscheidung geht. Er gliedert seine Ansprache in thematische Blöcke: Äußere Sicherheit, Wirtschaft, Innere Sicherheit, Klimaschutz, Europa. In allen Themenfeldern greift Laschet SPD, Grüne und Linke an und bemüht sich, die inhaltlichen Unterschiede zur Union klar herauszuarbeiten. Von Olaf Scholz sagt er, er habe einen ordentlichen Job als Finanzminister gemacht – aber nur, weil Angela Merkel so gut auf ihn aufgepasst habe. Er warnt vor einem Angriff auf den Wohlstand des Landes, wenn eine linke Regierung ans Ruder käme: „Können sie sich vorstellen,

    Laschet zitiert auf dem CSU-Parteitag Strauß

    Dann tut Laschet etwas, was in Bayern eigentlich immer geht: Er zitiert CSU-Übervater Franz Josef Strauß, der einmal gesagt hatte: „Irren ist menschlich. Immer irren ist sozialdemokratisch.“ Gejohle, lautes Klatschen. Und man hat das Gefühl, Laschet hätte im Wahlkampf womöglich besser funktioniert, wenn er öfter mal im Bierzelt gewesen wäre. Corona hat die Auseinandersetzung auf Interviews und Trielle verlagert – da kommt naturgemäß wenig Stimmung auf. Dass er sich zu der Behauptung versteigt, die SPD sei bei allen wichtigen Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte auf der "falschen Seite" gestanden, löst in sozialen Netzwerken binnen Minuten anhaltende Empörung aus. Hier in der Halle stört sich niemand daran.

    Die Stimmung in Nürnberg trifft Laschet an diesem Tag ganz gut. Er streichelt die Seele der CSU, erwähnt praktisch alle Parteivorsitzenden, er sagt über die europäische Finanzpolitik: „Wir brauchen mehr Theo Waigel und weniger Euro-Weichmacher.“ Waigel sitzt im Publikum. Genauso wie Edmund Stoiber. Und Laschet zieht noch eine besondere Karte, lockt damit, dass die Bürgerinnen und Bürger natürlich auch Markus Söder bekommen, wenn sie ihn wählen: „Lieber Markus, ich bin sicher: Wenn wir die Wahl gewinnen, werden wir beide gemeinsam im Koalitionsausschuss dieses Land prägen.“

    45 Minuten dauert Laschets Rede. Er kämpft. Und er schafft es, dass am Ende deutlich mehr herauskommt als pflichtschuldiger Applaus. Die Ovationen dauern länger als tags zuvor bei Söder. Der CSU-Chef reißt Laschets Hand in die Höhe. Der Kanzlerkandidat wirkt in diesem Moment wie ein angeschlagener Boxer, der kaum glauben kann, dass er doch noch gewonnen hat. Ein gutes Symbol für den Endspurt im Wahlkampf? Es wäre nicht das erste Mal in seiner politischen Karriere, dass Laschet länger steht als seine politischen Gegner.

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