CSU-Chef Horst Seehofer hat ein bitteres Fazit des Machtkampfs in seiner Partei gezogen. Er sei von Parteikollegen ordentlich demontiert worden, sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung kurz vor seinem geplanten Wechsel nach Berlin. Der scheidende bayerische Ministerpräsident sprach von etlichen Bösartigkeiten und ließ Enttäuschung über fehlende Anerkennung in der eigenen Partei durchblicken.
Sie können eine Partei retten, Sie können sie nach oben führen, aber Sie werden nicht erleben, dass letzten Endes dafür Dankbarkeit herrscht, sagte Seehofer der Zeitung. Auch seine sinkenden persönlichen Zustimmungswerte führte er auf die Querschüsse von Parteikollegen zurück.
Nach langem innerparteilichen Ringen hatte sich Seehofer bereit erklärt, das Amt des Ministerpräsidenten an seinen Rivalen Markus Söder abzugeben und als Bundesinnenminister nach Berlin zu wechseln. Parteichef will er vorerst bleiben.
Seehofer will als Innenminister nach Berlin wechseln
Dass er das Regierungsamt in Bayern ausgerechnet an Söder abgeben müsse, schmerze ihn aber überhaupt nicht, beteuerte Seehofer nun. Der Vorschlag, Söder die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl im Herbst anzutragen, sei von ihm selbst gekommen - ohne dass ihn mir jemand abgepresst hat. Mit seiner Regierungsbilanz in Bayern zeigte sich Seehofer sehr zufrieden. Alles, was ich versprochen habe, ist eingelöst worden. Ausnahmslos. Der Freistaat habe in seiner mehr als tausendjährigen Geschichte noch nie so blendend dagestanden wie jetzt, sagte er der SZ. Es gebe für ihn keinen Anlass für Trübsal. Er sei vielmehr dankbar, dass er zehn Jahre als Ministerpräsident an der Spitze des Freistaats stehen durfte.
Als Fehler betrachte er es inzwischen allerdings, dass er bereits 2013 gesagt habe, dass er 2018 als Ministerpräsident aufhöre. Da konnte ich meinen Busenfreunden schlecht etwas entgegnen, wenn sie gesagt haben: Du darfst dich nicht beschweren, wenn sich jemand mit deiner Nachfolge beschäftigt, sagte Seehofer. Zu seiner eigenen Zukunft als Bundesinnenminister in Berlin sagte Seehofer: Ich fühle mich fit und ich bin hoch motiviert. Am Freitag hatte der CSU-Chef bekräftigt, definitiv als Bundesinnenminister in eine große Koalition gehen zu wollen, wenn der SPD-Mitgliederentscheid entsprechend ausgehe. Zuvor hatte der CSU-Chef selbst Spekulationen angeheizt, er könnte wegen des Streits um den Zuschnitt des Bundesinnenministeriums womöglich doch nicht in eine neue Bundesregierung eintreten.
Nach einem Spitzengespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem kommissarischen SPD-Chef Olaf Scholz am Donnerstag im Kanzleramt erklärte Seehofer aber, seinem Wechsel nach Berlin stehe nichts mehr im Weg, weil der Ressortzuschnitt einvernehmlich geklärt sei. Entscheidend für den Wechsel Seehofers nach Berlin ist allerdings der Ausgang des Mitgliedervotums der SPD, der am Sonntagmorgen veröffentlicht wird. Sollten nach CSU und CDU auch die Sozialdemokraten einer Neuauflage der großen Koalition zustimmen, bekäme Seehofer ein um die Bereiche Heimat und Bau aufgewertetes Bundesinnenministerium.
Nach einem Bericht des Spiegel soll der CSU-Chef allerdings nicht für die Entwicklung des ländlichen Raums zuständig sein. Dieser Fachbereich würde als Ergebnis des Spitzengesprächs vom Donnerstag beim Agrarressort bleiben, hieß es. (dpa/AZ)
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