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CSU-Familienaffäre: Die lieben Verwandten: CSU kommt nicht zur Ruhe

CSU-Familienaffäre

Die lieben Verwandten: CSU kommt nicht zur Ruhe

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    Demonstranten protestierten am Abend des CSU-Parteikonvents vor einer Woche gegen Vetternwirtschaft. Klar ist inzwischen, dass die Verwandtenaffäre die CSU noch einige Zeit beschäftigen wird – zum Unmut von Parteichef Horst Seehofer.
    Demonstranten protestierten am Abend des CSU-Parteikonvents vor einer Woche gegen Vetternwirtschaft. Klar ist inzwischen, dass die Verwandtenaffäre die CSU noch einige Zeit beschäftigen wird – zum Unmut von Parteichef Horst Seehofer. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Die Verwandtenaffäre der CSU belastet jetzt auch das Verhältnis zur Schwesterpartei CDU. „Diese Debatte um die

    Staatsanwaltschaft ermittelt offiziell gegen Georg Schmid

    Die Staatsanwaltschaft kann nun offiziell gegen Schmid ermitteln. Der Landtag hat keinen Einspruch dagegen eingelegt. Ein Sprecher der für den Fall zuständigen Augsburger Staatsanwaltschaft wollte den Beginn der Ermittlungen noch nicht bestätigen. Hintergrund ist der Vorwurf, dass Schmid seine Frau möglicherweise jahrelang als Scheinselbstständige beschäftigt hat. Er hatte sie für Büroarbeiten wie eine Unternehmerin bezahlt und ihr bis zu 5500 Euro im Monat überwiesen.

    Georg Schmids Immunität bleibt vorerst unangetastet

    Die Staatsanwaltschaft hatte den Landtag informiert, dass sie ein Ermittlungsverfahren einleiten wolle. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) hätte 48 Stunden Zeit gehabt, dem Antrag zu widersprechen – hat dies aber nicht getan. „Damit ist nicht die Immunität aufgehoben“, sagte Landtagssprecherin Heidi Wolf. Über die Aufhebung der Immunität Schmids werde gegebenenfalls erst entschieden, wenn das Ermittlungsergebnis vorliege.

    Chronologie der "Verwandtenaffäre"

    15. April: Das Buch "Die Selbstbediener - Wie bayerische Politiker sich den Staat zur Beute machen" von Hans Herbert von Arnim erscheint und tritt die Diskussion um die "Familienaffäre" los. Zwei Tage später diskutiert der bayerische Landtag über Arnims Kritik.

    19. April: Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) veröffentlichte eine Liste von 17 Abgeordneten, die bis vor Kurzem rechtmäßig Verwandte ersten Grades beschäftigten.

    19. April: Ministerpräsident Horst Seehofer fordert die betroffenen Parteimitglieder auf, die Beschäftigungsverhältnisse mit ihren Familienangehörigen sofort zu beenden. CSU-Fraktionsvorsitzender Georg Schmid und Kultusminister Ludwig Spaenle kündigen daraufhin ihren Ehefrauen.

    23. April: Die Summe des Honorars von Georg Schmids Frau wird bekannt: Sie erhielt für ihre Leistungen monatlich zwischen 3.500 und 5.500 Euro brutto.

    25. April: Georg Schmid tritt aufgrund des schwindenden Rückhalts in der CSU und des medialem Drucks als Fraktionsvorsitzender zurück. Ein Neuburger Bürger zeigt Georg Schmids Ehefrau Gertrud wegen Scheinselbstständigkeit an.

    29. April: Georg Winter tritt als Haushaltsausschussvorsitzender im bayerischen Landtag zurück. Er hatte seine beiden Söhne im Alter von 13 und 14 Jahren sowie seine Frau beschäftigt. Die Staatsanwaltschaft Augsburg prüft Ermittlungen gegen Georg Schmid und seine Ehefrau wegen Scheinselbstständigkeit.

    30. April: Münchens Oberbürgermeister und SPD-Spitzenkandidat Christian Ude fordert Schmid und Winter auf, auch ihre Landtagsmandate niederzulegen. Mittlerweile sind 17 Abgeordnete der CSU, zwei der SPD, ein Grüner sowie Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger in die Familienaffäre verwickelt.

    2. Mai: Georg Schmid gibt seinen Rückzug aus der Berufspolitik bekannt. Justizministerin Beate Merk, Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und Kulturstaatssekretär Bern Sibler räumen ein, enge Verwandte beschäftigt zu haben.

    3. Mai: Landtagspräsidentin Barbara Stamm veröffentlicht eine Liste mit 79 Abgeordneten, die nach 2000 Familienangehörige beschäftigt haben oder hatten. Kultusminister Spaenle kündigt an, das volle Gehalt seiner Frau zurückzuerstatten. Ministerpräsident Seehofer fordert betroffene Abgeordnete auf, diesem Beispiel zu folgen.

    4. Mai: Fünf Kabinettsmitglieder kommen der Forderung Seehofers nach und wollen dem Staat die Gelder zurücküberweisen.

    6. Mai: Ministerpräsident Seehofer stellt seinen Drei-Punkte-Plan zur Überwindung der Familienkrise vor. Das Landtagsamt vertritt die Meinung, dass die Anstellung von Georg Winters Söhnen illegal war. Der will daraufhin das komplette Gehalt seiner Söhne an die Staatskasse zurückzahlen.

    7. Mai: Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International fordert alle betroffenen Abgeordneten auf, die Gelder zurückzuerstatten. Die Staatsanwaltschaft Ausburg will gegen den zurückgetretenen CSU-Fraktionschef Georg Schmid nach Angaben des Landtags ein Ermittlungsverfahren einleiten. Die Staatsanwaltschaft Augsburg kommentiert den Bericht vorerst jedoch nicht.

    8. Mai: Der Bayerische Oberste Rechnungshof schaltet sich in die Affäre ein. Er will rückwirkend die Vergabe von Abgeordneten-Jobs an Familienangehörige sowie die Neuregelung des Abgeordnetengesetzes prüfen.

    23. Februar 2014: Auf dem Höhepunkt der Verwandtenaffäre im Landtag beschließt die CSU einstimmig einen Verhaltenskodex. Der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel hatte zusammen mit anderen CSU-Spitzenpolitikern den Kodex für ihre politischen Mandatsträger entwickelt, um Filz- und Amigo-Vorwürfen künftig jede Grundlage zu entziehen.

    25. Februar: Der schwäbische SPD-Abgeordnete Harald Güller wird im Rahmen der Verwandtenaffäre wegen Betrugs verurteilt. Er hatte den Sohn seiner Frau aus erster Ehe im Jahr 2009 für zwei Monate beschäftigt und 7500 Euro für Gehalt und Sozialversicherungsbeiträge aus der Landtagskasse gezahlt. Die Richterin argumentierte, dass Güller, der selbst Jurist ist, vorsätzlich gehandelt habe. Güllers Anwalt kündigte Berufung an.

    11. Juni: Nach einer Verfassungsklage der SPD werden im Landtag die Summen veröffentlicht, die Kabinettsmitglieder ihren Verwandten bezahlt haben. Bei den fünf Ministern und Staatssekretären der CSU – Helmut Brunner, Ludwig Spaenle, Gerhard Eck, Franz Pschierer und Bernd Sibler – liegt die Gesamtsumme der gezahlten Vergütungen seit 1997 bei über 1,3 Millionen Euro.

    25. Juli: Die Staatsanwaltschaft Augsburg erhebt Anklage gegen Georg Schmid. Der frühere CSU-Fraktionschef soll 350.000 Euro Sozialabgaben nicht bezahlt haben. Im Einzelnen lauten die Vorwürfe auf vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 262 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 59 Fällen. Seiner Frau werden Beihilfe und Steuerhinterziehung vorgeworfen.

    In 79 Fällen hatten bayerische Abgeordnete nach dem Jahr 2000 eine Übergangsregelung genutzt und weiter enge Verwandte als Mitarbeiter beschäftigt. Auch der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) hat eine Prüfung angekündigt. Er will sowohl die geplante Verschärfung des Abgeordnetenrechts als auch den Umgang mit den sogenannten Altfällen genau prüfen.

    Landtagsamt prüft einzelne Abgeordnete

    Die Regelung, wonach bestehende Verträge mit Familienangehörigen nach dem Jahr 2000 weiterlaufen durften, sei zwar rechtlich nicht zu beanstanden, sagte ORH-Präsident Heinz Fischer-Heidlberger. „Aber es hat sich gezeigt, dass eine Reihe von Dingen im Nachweis zumindest kritisch zu hinterfragen sind.“ Der ORH wolle untersuchen, „wie die Landtagsverwaltung diese Regeln vollzogen hat“. Seine Behörde wolle nicht die einzelnen Abgeordneten überprüfen, sondern das zuständige Landtagsamt, betonte Fischer-Heidlberger.

    Markus Rinderspacher greift CSU an

    SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher griff die CSU an: Das verfilzte System der CSU habe sich mit Seehofer nicht um einen Hauch erneuert. „Seehofer steht nicht als Saubermann über den von ihm kritisierten Schmutzeleien – nein, er ist Teil von ihnen.“

    Schwabens CSU-Chef Ferber kritisiert Seehofer

    Landtagspräsidentin Stamm und die Interims-Fraktionsvorsitzende der CSU, Christa Stewens, begrüßten die ORH-Prüfung. „Es ist gut, dass eine unabhängige Instanz für größtmögliche Transparenz sorgt und mithilft, Vertrauen in die Politik insgesamt zurückzugewinnen“, erklärte Stewens. Stamm sagte, sie hoffe auf Vorschläge der Prüfer, „damit wir wirklich auch sehr transparent aufgestellt sind“.

    Der schwäbische CSU-Chef Markus Ferber forderte Seehofer auf, die CSU einem „notwendigen Reinigungsprozess“ zu unterziehen. Ferber nannte Seehofer in der Zeitung Welt zwar „führungsstark“, übte aber auch Kritik am Parteichef. „Natürlich hinterlässt Seehofer bei dem einen oder anderen den Eindruck, dass er bei einem Thema öfter seine Meinung ändert“, so Ferber. „Das lässt sich nicht leicht aus den Köpfen vertreiben. Aber auch daran werden wir arbeiten.“ (dpa)

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