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CSU: Die lange Suche nach dem Seehofer-Erben

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Die lange Suche nach dem Seehofer-Erben

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    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer gibt keine Details zu einem möglichen Nachfolger bekannt.
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer gibt keine Details zu einem möglichen Nachfolger bekannt. Foto: Bernhard Weizenegger

    Bloß kein Wort zu viel. Bloß kein falsches Wort, keine falsche Geste. Aber erstmal: bloß nicht zu spät kommen. Horst Seehofer geht auf Nummer sicher, als er am Samstag zum CSU-Bezirksparteitag in Nürnberg anreist. Nicht dass da jemand auf die Idee kommen könnte, irgendetwas hineinzuinterpretieren, in sein Verhältnis zu Markus Söder, in die Dauer-Nachfolgedebatte. "Denn jede Verspätung oder gar ein Versäumnis dieses Parteitags hätte uns viel Aufräumarbeiten in der nächsten Woche beschert, um all die Interpretationen oder Behauptungen aus dem Weg zu räumen", sagt er.

    Nürnberger CSU-Bezirkschef Söder mit 98 Prozent wiedergewählt

    Samstag ist Markus Söders großer Tag. Mit 98 Prozent wird er als Nürnberger CSU-Bezirkschef wiedergewählt. "Das ist Rückendeckung und Seelenbalsam", twittert der Finanzminister kurz danach hinaus in die Welt. Klar, dass Seehofer bei dem Bezirksparteitag nicht fehlen kann.

    Es ist zwar noch lange hin bis zur nächsten Landtagswahl im Herbst 2018. In der Politik sind das fast Lichtjahre. Und dennoch sind Seehofer und die CSU schon seit langem dabei, sich für den Tag X zu sortieren - den Tag, an dem geklärt wird, wer Seehofer beerben darf.

    Er setze auf einen "harmonischen Generationenwechsel", betont Seehofer in Nürnberg erneut - wissend, dass das auch und gerade die CSU in der Vergangenheit noch nie hinbekommen hat. Es werde keinen Hammerschlag geben, erklärt er, sondern "mehrere Personalprozesse".

    Seehofer will "harmonischen Generationenwechsel" in der CSU

    Einen dieser Prozesse hat er in dieser Woche entschieden: Am Donnerstag hat Seehofer intern bekanntgegeben, wen er auf dem Parteitag im Herbst als seine Stellvertreter vorschlagen wird. Landtagspräsidentin Barbara Stamm soll/will noch einmal, ebenso Bundesagrarminister Christian Schmidt. Dritte im Bunde wird - das war ebenfalls bekannt - die Chefin der CSU-Europaabgeordneten, Angelika Niebler.

    Die vierte Personalie aber war eine Überraschung: Manfred Weber, Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, wurde von Seehofer überredet, anzutreten. Der muss dafür den Vorsitz der Niederbayern-CSU abgeben. Sicher keine leichte Entscheidung, wenn man weiß, welch gewichtigen Rang die CSU-Bezirksfürsten parteiintern haben.

    Die zehn bayerischen Ministerpräsidenten seit 1945

    Das Amt des Ministerpräsidenten gibt es in Bayern seit 1919, der aktuelle Amtsinhaber Horst Seehofer ist der zehnte Regierungschef im Freistaat seit 1945.

    Laut bayerischer Verfassung leitet der Ministerpräsident die Staatsregierung, beruft ihre Mitglieder mit Zustimmung des Landtags und vertritt Bayern nach außen.

    Die Liste der bayerischen Ministerpräsidenten seit Ende des Zweiten Weltkriegs:

    Fritz Schäffer, Mai bis September 1945. Einsetzung als «temporary Minister-Präsident for Bavaria» durch die US-Militärregierung, aber bald wieder abgesetzt. Zum Zeitpunkt seiner Ernennung parteilos, später Mitgründer der CSU.

    Wilhelm Hoegner (SPD), September 1945 als Nachfolger Schäffers eingesetzt und bis Ende 1946 im Amt. Vater der bayerischen Verfassung. Zweite Amtszeit 1954 bis 1957 als Chef der bisher einzigen SPD-geführten Staatsregierung.

    Hans Ehard (CSU), 1946 bis 1954, zweite Amtszeit 1960 bis 1962. Bildete insgesamt viermal die Staatsregierung.

    Hanns Seidel (CSU), 1957 bis 1960, der erste und bislang einzige Ministerpräsident aus Unterfranken.

    Alfons Goppel (CSU), 1962 bis 1978. Mit 16 Jahren Amtszeit der bisherige Rekordhalter. Bildete bis 1978 eine Doppelspitze mit Franz Josef Strauß als CSU-Chef. In beider Amtszeit wurde die CSU zur beherrschenden politischen Kraft in Bayern.

    Franz Josef Strauß (CSU), 1978 bis 1988. Übernahm von Goppel auch das Ministerpräsidentenamt und stand damit bis zu seinem Tod allein an der Spitze. 1980 Unions-Kanzlerkandidat.

    Max Streibl (CSU), 1988 bis 1993, stürzte über die Amigo-Affäre.

    Edmund Stoiber (CSU), 1993 bis 2007, mit 14 Jahren die zweitlängste Amtszeit nach Goppel. Verfehlte 2002 als Unionskandidat ganz knapp das Kanzleramt. 2007 von der CSU gestürzt.

    Günther Beckstein (CSU), 2007 bis 2008. Musste nach nur einem Jahr zurücktreten, weil die CSU bei der Landtagswahl 2008 die absolute Mehrheit verloren hatte.

    Horst Seehofer (CSU), Ministerpräsident seit 2008. Wollte eigentlich nur CSU-Chef werden und nicht Ministerpräsident, von der CSU 2008 als Retter in der Not aus Berlin nach München gerufen.

    Behauptet inzwischen ebenso wie sein Vorbild Strauß, dass der bayerische Ministerpräsident das schönste Amt der Welt sei.

    Dass sich Seehofer für Weber entschieden hat, passt zu seiner alten Strategie, keinen seiner potenziellen Nachfolger zu mächtig werden zu lassen - vor allem Söder nicht. Und Weber ist, erst recht in seiner neuen Rolle, intern hoch angesehen. Auch wenn er keiner der großen Nachfolge-Favoriten ist: Ein Gegengewicht zu Söder ist Weber allemal.

    Söder punktet bei CSU-Bezirksparteitag in Nürnberg

    Seehofer macht in diesen Tagen immer wieder deutlich: Das alte, auch von ihm selbst gern zitierte Bonmot "Die Hundehütte ist für den Hund, der Stellvertreter für die Katz" gelte nicht mehr. Der Parteichef will seine Stellvertreter-Riege aufwerten, wichtige Entscheidungen mehr als früher abstimmen und vorbereiten. Kein Wunder also, dass die Personalentscheidungen argwöhnisch beäugt werden - vor allem von den Kronprinzen und -prinzessinnen. Offensichtlich vor allem von Söder.

    "Morgen Bezirksparteitag in Nürnberg. Kandidiere wieder", schrieb Söder am Freitagabend auf Twitter. Und fügte auffällig unauffällig noch hinzu: "Bin sehr gerne Bezirksvorsitzender in der Heimat."

    Dass Söder und Weber wohl keine Freunde mehr werden, zeigte die Antwort Webers, der den Söder-Tweet logischerweise sofort auf sich bezog: "Wünsch Dir für morgen alles Gute & wieder tolles Ergebnis. Nürnberg braucht starke CSU, um Sozis an Stadtspitze abzulösen", twitterte Weber - sicher wissend, dass Nürnberg seit vielen Jahren ebenso fest in SPD-Hand ist wie der Freistaat in CSU-Hand.

    Das ist Horst Seehofer

    Am 4. Juli 1949 kam Horst Seehofer im bayerischen Ingolstadt zur Welt. Er stammt aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war Bauarbeiter und LKW-Fahrer.

    Nachdem er die Mittlere Reife erworben hatte, schlug er eine Beamtenlaufbahn ein. 1979 macht Seehofer sein Verwaltungsdiplom an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in München. Bis 1980 arbeitet er für die Landratsämter Eichstätt und Ingolstadt.

    Ab 1969 engagiert sich Horst Seehofer bei der Jungen Union. Zwei Jahre später wird er außerdem Parteimitglied der CDU.

    Von 1980 bis 2008 war er Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Ingolstadt. Nach 28 Jahren, am 4. November 2008, legte er sein Mandat nieder.

    Sechs Jahre lang füllte er die Position des sozialpolitischen Sprechers der CSU-Landesgruppe aus. 1989 wurde er zum Staatssekretär des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung berufen.

    Von 1992 bis 1996 verdingte sich Horst Seehofer als Bundesminister für Gesundheit. Ab 1994 bis zu seiner Mandatsniederlegung 2008 war er stellvertretender Vorsitzender der CSU. Außerdem wirkte er als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und als Landesvorsitzender der Christlich Sozialen Arbeitnehmer-Union (CSA).

    2005 wurde Seehofer zum Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gewählt. Er füllte das Amt drei Jahre lang aus.

    Am 25. Oktober 2008 konnte Horst Seehofer die Wahl zum CSU-Vorsitzenden für sich entscheiden. Kurz darauf wurde er Bayerischer Ministerpräsident.

    Die Universität von Qingdao in China ernannte den Bayerischen Ministerpräsident 2010 zum Ehrenprofessor. Für den Realschüler ohne akademischen Grad hat der Titel eine besondere Bedeutung.

    Seehofer hat zweimal geheiratet. Aus der zweiten Ehe mit Karin Seehofer gingen drei Kinder hervor. Seine vierte Tochter wurde im Juni 2007 geboren. Allerdings nicht von Frau Seehofer, sondern von Anette Fröhlich, die über mehrere Jahre seine Geliebte war. Letztendlich blieb er bei seiner Ehefrau.

    Doch an diesem Samstag ist Söder-Tag. Das weiß Seehofer, der sein fast regelmäßiges Kräftemessen mit seinem Minister nur leise andeutet. Der Ministerpräsident lobt Söders "vorzügliche Arbeit", der Nürnberger sei eine tragende Säule des Kabinetts. Aber dann: "Die Zusammenarbeit mit ihm ist manchmal anstrengend. Aber ich bin mir sicher, dass er das gleiche von mir sagen wird. Sehr sicher sogar." AZ/dpa

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