Nach wochenlangem Machtkampf in der CSU hat Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer eine "befriedende" Lösung für die künftige personelle Aufstellung angekündigt. In der Partei wird nun allgemein erwartet, dass es auf eine Doppelspitze hinauslaufen könnte – auch wenn es dazu zunächst keine Entscheidung gab.
Wer diese Doppelspitze bilden könnte, blieb Donnerstagnacht unklar. Obwohl Seehofer am Mittag in München noch gesagt hatte, "heute Abend wird alles klar sein", ließ er seine persönliche Zukunft in einer CSU-Vorstandssitzung zunächst offen. Er vermied in seinem Eingangsstatement jegliche Aussage zu möglichen neuen Kandidaturen als Parteichef oder Ministerpräsident, wie aus Teilnehmerkreisen verlautete.
Er habe eine solche Aussage auf Anraten seiner engsten Vertrauten verschoben, so Seehofer. Er wolle nun bis Anfang Dezember Gespräche über eine „Zukunftslösung“ für die Partei führen, hieß es. Überraschend kündigte Seehofer eine Art „Berater-Kreis“ an: Begleitet werde er bei den Gesprächen vom Ehrenvorsitzenden Theo Waigel sowie Parteivize und Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Und auch der 2008 selbst von der Partei gestürzte Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber soll zu dem Berater-Kreis gehören.
CSU: Horst Seehofer und Markus Söder demonstrieren Harmonie
Bis zu einer weiteren Vorstandssitzung Anfang Dezember soll dann das künftige Personaltableau offiziell stehen. CSU-intern wird erwartet, dass Seehofer auf dem Parteitag im Dezember noch einmal als Parteivorsitzender antreten, das Ministerpräsidentenamt aber abgeben könnte. Aussichtsreichster Nachfolgekandidat in Bayern ist Seehofers Dauerrivale, Finanzminister Markus Söder (hier lesen Sie ein Porträt). Der 50-Jährige betonte, es gebe den klaren Willen, am Ende miteinander und geschlossen zu guten Ergebnissen zu kommen. „Es wird Zeit, dass die CSU wieder zur guten alten Geschlossenheit zurückfindet“, sagte er mittags im Landtag. Jeder müsse seinen Beitrag leisten. .
Hinter verschlossenen Türen nahm Söder dann den zahlreichen Seehofer-Kritikern in der Landtags-CSU laut Teilnehmern sofort den Wind aus den Segeln. Er meldete sich gleich nach dem CSU-Chef zu Wort und erklärte, er trage den von Seehofer vorgeschlagenen Weg zu einer gemeinsamen Lösung mit.
Wie ein Kompromiss letztlich genau aussehen könnte, blieb allerdings offen. In einem Treffen der Bezirkssprecher der CSU-Landtagsabgeordneten am Vormittag war die Verständigung zwischen Seehofer und Söder so interpretiert worden, dass Söder möglichst bald Ministerpräsident werden solle, Seehofer aber CSU-Chef bleibe und in dieser Funktion zurück in die Bundespolitik wechsle. Als aber entsprechende Meldungen öffentlich wurden, dementierte die CSU-Parteizentrale sofort vehement: Er warne vor „leichtfertigen Eilmeldungen“, sagte Generalsekretär Andreas Scheuer. Vereinbart worden sei bislang nur "ein klarer Zeitplan". So wäre aber rechtzeitig vor dem Parteitag die Gefahr öffentlich ausgetragener Grabenkämpfe in der CSU gebannt.
Auch CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer dementierte, dass es bereits eine Festlegung auf Söder als neuen Ministerpräsidenten gebe. Seehofer werde "in den nächsten Tagen mit allen Beteiligten, der Partei, aber auch der Fraktion Gespräche führen". Weder Namen noch Lösungsmodelle seien diskutiert worden, sagte er. Klar sei bislang nur, "dass wir uns einig sind", scherzte der schwäbische CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter: "Das ist die CSU, wie sie leibt und lebt."
Markus Söder: CSU sei keine gespaltene Partei
Nach der Sitzung des Parteivorstands am späten Abend sagte Söder, er rechne damit, dass in zirka zehn Tagen "weißer Rauch aufsteigen" werde. Die CSU, so Söder im ZDF-heute-journal, sei keine gespaltene Partei und es gebe auch keine unterschiedlichen Lager. Albert Füracker, CSU-Bezirkschef in der Oberpfalz und Söder-Vertrauter, zeigte sich dagegen enttäuscht vom Verlauf der Sitzungen. Die Erwartungshaltung in der Landtagsfraktion sei "eindeutig".
Seehofer verteidigte in einer nächtlichen Pressekonferenz die Vereinbarung im Vorstand. Das Gerücht, er hätte seine Ämter angeboten, sei davon aber abgehalten worden, wies er zurück. (mit dpa)
Horst Seehofer hat Zeit gewonnen, schreibt Uli Bachmeier hier in seinem Kommentar.
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Uli Bachmeier und Henry Stern erzählen hier die Geschichte einer Partei , die Machtwechsel seit jeher als großes Drama inszeniert hat.
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