Seine Rede dauerte keine Minute. Nach dem umstrittenen Tweet mit den Zahlen zur Bundestagswahl hat sich Hubert Aiwanger im Bayerischen Landtag für seinen Tweet entschuldigt. "Ich entschuldige mich in aller Form für den Tweet vom Sonntag", sagte er zu Beginn der Plenarsitzung am Mittag. Mehr wollte der bayerische Wirtschaftsminister im bayerischen Landtag nicht sagen, sondern die Untersuchungen des Wahlleiters abwarten.
Der SPD-Politiker Florian von Brunn warf Aiwanger im Anschluss vor, dass er für sein Amt nicht geeignet sei. Er kritisierte zudem das Hin und Her Aiwangers in der Erklärung und fordert dessen Entlassung in einem Dringlichkeitsantrag.
Aiwanger hatte am Wahltag auf Twitter noch vor 18 Uhr mögliche Werte zum Wahlausgang geteilt - und kurz darauf bereits wieder gelöscht. Kritik kommt von allen Seiten, auch der Wahlleiter hat sich eingeschaltet und prüft den Verdacht auf einen Verstoß gegen das Wahlgesetz. Aiwanger selbst verteidigte sich vehement gegen diesen Vorwurf. Zunächst hatte er noch von einem "Missgeschick" gesprochen - nun hat er seine Verteidigungs-Strategie geändert.
Auch Thomas Gehring (Grüne) kritisierte Aiwanger scharf, nahm aber die Entschuldigung an. Dem Minister fehle es an "politischem Anstand" sagte der Politiker. Die Vereinbarung, dass am Wahlsonntag sowohl keine Vorwahlumfragen veröffentlicht als auch keine Wahlwerbung gemacht werde, habe Aiwanger verletzt.
Hubert Aiwanger nach Wahl-Tweet: Zahlen stammen nicht aus "Exit Polls"
In einem Interview gegenüber dem Bayerischen Rundfunk hatte der Chef der Freien Wähler gesagt, er habe nicht gegen das Bundeswahlgesetz verstoßen. Die Zahlen, die er noch während laufender Wahl zu möglichen Ergebnissen veröffentlicht habe, seien nämlich keine "Exit Polls" gewesen behauptete er. Als "Exit Poll" bezeichnet man jene Befragungen, die Meinungsforscher direkt nach der Stimmabgabe der Wähler machen, um erste Prognosen abgeben zu können. Solange die Wahl noch läuft, dürfen die Ergebnisse solcher Umfragen nicht veröffentlicht werden, um die Wahl nicht zu beeinflussen. Das Bundeswahlgesetz sieht eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro vor.
Aiwanger betonte ausdrücklich, dass die von ihm geteilten Zahlen zur Wahl nicht aus "Exit Polls" stammen - sagte aber nicht, aus welcher Quelle er sie stattdessen bezogen hätte. Auch den Verdacht, er habe die Werte frei erfunden, wies der Wirtschaftsminister vehement zurück: "Sie wurden mir von einer Person geschickt mit der Überschrift 'Forschungsgruppe Wahlen'", sagte Aiwanger dem BR.
Kritik an Aiwangers Wahl-Tweet: SPD fordert im Landtag Entlassung des Wirtschaftsministers
Nach dem Vorfall vom Sonntagnachmittag ist in der Zwischenzeit eine Welle der Kritik über Aiwanger hereingebrochen. Besonders scharf kritisierten CSU-Chef Markus Söder und sein Generalsekretär Markus Blume den Chef der Freien Wähler. Aiwangers Verhalten sei eines stellvertretenden Ministerpräsidenten unwürdig, sagte Söder. Und Blume warf dem Koalitionspartner "Wahlmanipulation" vor. Selbst aus Aiwangers eigener Partei kam Kritik. Fabian Mehring, Geschäftsführer der Landtagsfraktion, nannte den Tweet "nicht clever".
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte von Aiwanger eine öffentliche Entschuldigung gefordert. CSU-Chef Söder hatte sich am Mittwochmorgen mit dem Freie-Wähler-Chef zum Krisengespräch getroffen, wie Söder nach Angaben von Teilnehmern im Anschluss in einer Sitzung der CSU-Fraktion mitteilte.
Erstmals seit Beginn der Pandemie tagte der bayerische Landtag wieder in Vollbesetzung. Grund hierfür sind die hohen Impfquoten unter den Abgeordneten - fast 86 Prozent der Abgeordneten sind einer Erhebung des Landtagsamtes zufolge doppelt geimpft. Ab Oktober soll zudem die Maskenpflicht am Sitzplatz im Maximilianeum gelockert werden. (zian/am/dpa)