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Scheyern: Bürgermeister verurteilt: Er fotografierte Frauen unter den Rock

Scheyern

Bürgermeister verurteilt: Er fotografierte Frauen unter den Rock

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    Schleyens Erster Bürgermeister hatte Frauen am Münchner Stachus unter den Rock fotografiert. Das Amtsgericht München verurteilte ihn zu einer Geldstrafe. Symbolbild
    Schleyens Erster Bürgermeister hatte Frauen am Münchner Stachus unter den Rock fotografiert. Das Amtsgericht München verurteilte ihn zu einer Geldstrafe. Symbolbild Foto: dpa

    München ist nicht Boston. In Boston, Massachusetts, ist kürzlich ein Gesetz erlassen worden, das sogenannte Upskirt-Fotos wegen „kriminellem Voyeurismus“ unter Strafe stellt. Aber auch in München kommt man nicht ungeahndet davon, wenn man – beispielsweise als Erster Bürgermeister der Gemeinde Scheyern – fremden Frauen unter den Rock fotografiert.

    Gericht bestätigte bereits ergangenen Strafbefehl

    So sah es das Amtsgericht München gestern, wo der Fall des suspendierten Gemeindeoberhauptes aus dem Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm verhandelt wurde. Es verurteilte den 56-Jährigen wegen Beleidigung, vorsätzlicher Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsbeamten zu einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen à 70 Euro – und bestätigt damit den Strafbefehl, der bereits ergangen war, gegen den der Angeklagte aber Einspruch erhoben hatte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Familienvater im Sommer vergangenen Jahres mitten in München – am Stachus – einer Frau unter den Rock fotografiert hatte.

    Es war am 20. Juni 2013: Einem Zeitungsverkäufer fällt von seinem Verkaufsstand an einer der Rolltreppen am Stachus ein Mann auf. „Ich kriege so was ja oft mit“, sagte er gestern vor Gericht. „Er hatte diese typische Handbewegung und Haltung, die diese Leute haben.“ Er ruft die Polizei. Vier Beamte in Zivil sind nach ein paar Minuten da. Und sie erwischen den Mann in flagranti. In der linken Hand eine Lumix, in der rechten Hand ein Jutebeutel zum Verdecken.

    Bereits 2009 hatte es Spannervorwürfe gegeben

    Die Polizisten geben sich zu erkennen, wollen die Personalien aufnehmen, greifen dann zu, als er versucht, die Kamera loszuwerden, und Widerstand leistet. So schilderten es die Beamten gestern vor Gericht. Ein Beamter wird leicht verletzt. Der Verdächtige landet auf dem Boden, wird gefesselt. Seine Kamera wird sichergestellt.

    Er ist schockiert. Und bittet, nichts der Presse mitzuteilen. Denn er sei der Bürgermeister von Scheyern. Er habe schon mal Probleme einer solchen Sache wegen gehabt. Bereits 2009 hatte es Spanner-Vorwürfe gegeben. Die Ermittlungen waren damals eingestellt worden. Im aktuellen Fall findet die Polizei 99 Bilder und 27 Filme auf einem Speicherchip – „Upskirt“-Fotos.

    Fotografierte Frau empfindet Verhalten als "Frechheit"

    Relevant für das Urteil war letztlich nur ein Bild davon, der Fall der Frau, die ihn dann auch anzeigte. Die empfand sein Verhalten als „Frechheit“. Vor allem, weil er sie immer noch angestarrt habe, als die Polizei ihn bereits festgesetzt hatte. Die Münchnerin nickte gestern stark, als Richter Thomas Müller begründete, warum er dieses Verhalten als Beleidigung wertet: „Das ist doch eine unverschämte Herabsetzung, wenn der intimste Bereich, die Genitalien, von jemand fotografiert und gespeichert werden.“ Mitten in München. Um 12.20 Uhr. „Das Verhalten, das Sie da an den Tag gelegt haben, ist sehr wohl eine Herabsetzung des Opfers. Es ist despektierlich und herabwürdigend.“

    Während Staatsanwältin Judith Henkel auch in diesem Sinne plädiert hatte, argumentierte die Anwältin des Bürgermeisters, Regina Rick, auch gestern damit, dass es sich ihrer Auffassung nach bei dem Verhalten ihres Mandanten gar nicht um eine Straftat handle. Rick begründet dies mit einem einschlägigen Urteil des Oberlandesgerichts in Nürnberg.

    Bei der Kommunalwahl nicht aufgestellt

    Während der Richter dies für „nicht nachvollziehbar“ hielt, sagte Rick gestern in ihrem Plädoyer: „Natürlich ist das unsittliches Verhalten, natürlich macht man es nicht. Aber wenn wir so was unter Strafe stellen, dann können wir demnächst auch jemand anzeigen, der jemand zu tief in den Ausschnitt schaut.“ Sie werde ihrem Mandanten raten, Rechtsmittel einzulegen.

    Dessen politische Karriere ist ungeachtet dessen vorbei. Er ist krankgeschrieben. Die Wählergruppe Gemeinde Scheyern hat ihn zur Kommunalwahl nicht wieder aufgestellt. Bei der Landesanwaltschaft läuft ein Disziplinarverfahren gegen ihn.

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